Titel | ||||
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236 | zu dir | |||
Vorschautext: fern war ich lang und bang, wie nächtens einsam hingestellt in einer riesengrossen welt. doch träume fliegen manchmal weite wege, als wär'n sie eingeweiht in vogelflug, der heimat zu, sich selbst genug. so träum ich oft. ach gott, als ob ich fliegen könnte… ... |
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235 | vergib mir | |||
Vorschautext: noch heute steigen die tränen, so fern und doch so nah. da ist ein herzenssehnen, als ob es gestern war. den letzten kuss auf die wange, ach, wie vergäss' ich ihn je. verweht, vergangen schon lange, doch immerwährendes weh. du warst meine grosse liebe und bist es, unendlich weit. ... |
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234 | Sina, unser liebes kind | |||
Vorschautext: Sina kann jetzt purzelbaum auf dem weichen kissen, kann noch aufrecht gehen kaum, will doch alles wissen. wenn mama die füsschen hält, kann man besser sehen, auf dem kopf steht nun die welt wie verdrehte feen. papa lacht verkehrt herum, mama gleich daneben. ... |
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233 | berührung | |||
Vorschautext: bergen wollt' ich dich. gewiss, ich wollte dich bergen. aufschlug schon mein herz. aber der wind, der wind und das meer, das so tief ist, sie bargen uns beide. ... |
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232 | odile | |||
Vorschautext: ein hauch. ein atem im wind. blind greift die hand in die schatten der nacht, der duft der sterne kaum zu verwinden. ahnst du uns noch, odile, bevor wir erblinden? ... |
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231 | Sacre Coeur | |||
Vorschautext: unten Heine. und oben die kleine verlöschende kerze, schon zaghaft entzündet. heimat den stufen. ein wenig. weit über der stadt. ... |
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230 | die liebe ist bei dir | |||
Vorschautext: es ist schon so viel schlimmes geschehen, zu übersteh'n war nicht leicht. du wolltest hinauf in sternenhöhen und hast sie doch nie erreicht. stets trieb dich die sehnsucht fortzugehen und zwang dich tief in die knie. du liesst selbst die grosse liebe verwehen und träumtest sie irgendwie. die sterne mag wohl ein gott bestehen. ach, du bestündest sie nie. ... |
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229 | der klapperstorch | |||
Vorschautext: der klapperstorch, der klapperstorch, der klappert vor sich hin. er weiss kein einz’ges vogellied und hat nur eins im sinn: er wickelt kleine kinder ein, und wenn ihn niemand sieht, dann bringt er sie ins haus herein, und gibst du ihm ein zuckerlein, sind sie genau so süss. Copyright © Marmotier 2013 |
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228 | ohne dich | |||
Vorschautext: ohne dich ist leben fremde, wie jetzt, da meine müden hände nur selbst sich finden in der nacht, wo früher einmal meine hand noch deine fand, ganz sanft und sacht. wenn dann der morgen graut, ist nichts vertraut. wie soll ich überstehen, wohin nur gehen, ohne dich und ganz allein? ... |
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227 | sehnsucht | |||
Vorschautext: dort, wo die lieder schlafen, wenn sie gesungen sind, ist eines, das im träumen zu mir herüberklingt. als wir uns dereinst trafen, vor langer, langer zeit, belauscht nur von den bäumen, da sangen wir's zu zweit. Copyright © Marmotier 2013 |
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226 | die lieder des winds | |||
Vorschautext: was wartet auf uns am grund des meeres in fernem land, an dessen strand wir mit den wellen spielen? sind nicht die lichter der fischerboote ein zeichen? es höhlen sich muscheln als lauschten sie dem immerwährenden raunen. wer raunt sich zu? und was bedeutet es? ... |
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225 | apokalypse | |||
Vorschautext: wie sind wir verloren entgleitende welt zum spott nur geboren zur fratze entstellt das wort uns versiegelt der schrei schon verdorrt zerrissen die flügel so schleift es uns fort von keinem gezügelt heraus aus der zeit ... |
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224 | quantenträume | |||
Vorschautext: gar lustig ist er anzuschaun, der quantenraum. ach, lang, bevor man ihn entdeckte, er schon bei mir interesse weckte. ein quant, das springt so hin und her, mal ist es teil, dann welle mehr, mal quantelt's hier, mal quantelt's da. wer weiss, was sonst noch so geschah. denn einmal lockt's als elektron zu sich ein kleines lichtphoton, ... |
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223 | der tod des Sokrates | |||
Vorschautext: das urteil selbst war ungerecht. ganz offenbar war der orakelspruch, der Chairephon zuteil, doch nicht genug, die lang verdiente ehrung zu erweisen, im prythaneion ihn zu speisen. nur - was ist das: gerechtigkeit? er fragte sich, wie früher er die andern fragte und tagelang stumm stand und sann. liegt sie denn nicht verborgen ... |
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222 | trauer um meinen hund | |||
Vorschautext: Flora, du bliebst so lange, und dann kam doch der tod. begrub dich dort am hange in aller herzensnot. nicht weit, dass du uns sähest, wenn wir vorübergehn. wir gehn gar nicht vorüber, wir bleiben bei dir stehn. oft sitz ich auf den stufen, um dir ganz nah zu sein, ... |
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221 | das ende Babylons | |||
Vorschautext: als er die flammeninschrift sah beim trinkgelage, erstarrte er. schon schwand die feuerhand. und da war keiner, der die worte deuten konnte. Belsazar graute es vor seiner eig'nen lästerung. jetzt höhnte niemand mehr. er flehte seine götzen an. wie immer schwiegen sie. ... |
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220 | das treiben des Diogenes | |||
Vorschautext: er war der schandfleck von Athen. man konnte es von weitem sehn. er kleidet' sich in den tribon, den kannte man aus Sparta schon, ein woll'ner mantel, doppelt eingeschlagen, den konnt' man einfach immer tragen. dort diente er der abhärtung. er liebte ihn ja grad darum. und war er noch so schäbig gar, er passte zu ihm offenbar, weil er genauso hässlich war. er schlief in einer alten tonne, ... |
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219 | das sterben der mutter | |||
Vorschautext: ich sah sie des abends, mein letztes gebet, vom leben zerschlagen, vom tode geschmäht. sie kannte mich nicht von gesicht zu gesicht und blickte nur starr ins verlöschende licht. es loderten schmerzen um ihren mund, doch klagte sie nicht. sie war schon verstummt. ich küsste in tränen noch einmal sie sacht. dann schloss sie die augen und fiel in die nacht. Copyright © Marmotier 2013 |
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218 | mein freund zenon | |||
Vorschautext: er wollte mich besuchen kommen und stand bereits vor meiner tür. er wirkte etwas mitgenommen. ich wusste nicht den grund dafür. ein kurzer weg war's noch herein. er schritt ihn halb und trat nicht ein. nun hatte er nur noch die hälfte, die ging er wieder halb, fast war er da. ... |
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217 | Lenz und das kind | |||
Vorschautext: nach der erzählung von Georg Büchner und dem bericht von pfarrer Oberlin aus Waldersbach das mädchen war tot. es lag wie ein püppchen auf einem tische gedeckt mit stroh. die gläsernen augen im stillen gesichtchen sah'n starr hinüber ins nirgendwo. und dann kam Lenz. er stürzte herein, warf, aschebestreut, sich über das kind, in wildester aufruhr. es konnte nicht sein, dass gott dieses herz zur verwesung bestimmt. ... |
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