Titel | ||||
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196 | das küken und sein tod | |||
Vorschautext: gerade geschlüpft. ein winziges leben. es friert. es hüpft. die mutter wird wärme geben und meine federn in ihre weben. will mich an sie schmiegen, unterm flügel liegen, bei ihr will ich sein. da packen es hände. es piepst nur. kein schrei. ein hahn. das ende. ... |
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195 | das verlöschen meines vaters | |||
Vorschautext: die stimme ist noch da. und dann: ganz leise. und dann: nichts mehr als nur ein blick. ich wache leise. leise. leise. nur für mich selbst. zurück. zurück. mutter. vater. es wird schlimmer. ... |
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194 | winternacht | |||
Vorschautext: hinaus ging ich in steingemeisselte nacht. droben, auf den wipfeln der bäume, wippte ein stern der gelbe mond war zu schwer. der himmel ächzte schon unter der last und warf einen schrei in den wind, der mit schweren flügeln aus dem geäst aufstob. ... |
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193 | die spur der fremde | |||
Vorschautext: es stehen häuser an den hängen, die uns brauchen und deren mauern in den abend tauchen wie herber wein, wenn sich die blätter färben, wo blumen blicke missen, blüh'n und sterben. zerwehte wälder rufen uns und sterne auf schwarzem samt im urgrund aller ferne. die fremde setzt uns eine spur. wir seh'n uns zaudernd an und horchen nur. hat eben nicht ein kind geweint? ... |
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192 | das licht der liebe | |||
Vorschautext: es sind nicht die worte, die taugen, wenn einer den anderen liebt, ein lächelnder blick in die augen ist liebe, die alles vergibt. und selbst, wenn der andre nicht bliebe und ginge er von dir fort, so bleibt ihm doch stets deine liebe. sie leuchtet ihm ja auch dort. wie tausend entzündete kerzen in himmelslaternen schweben, ... |
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191 | ein kinderbild | |||
Vorschautext: ich seh ein bild aus kindertagen, doch ich erkenn mich darauf kaum, als wär ein spiegel trüb beschlagen in einem längst vergangnen traum. von meiner mutter sacht geborgen, in deren arm ich traulich lag, schlief ich behütet in das morgen. doch ach, die mutter liegt im grab. die alte heimat ist verloren, die gute mutter lange tot. ... |
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190 | verlorene wege | |||
Vorschautext: den schatten sah er schwinden im letzten abendschein. er hatte sie verloren, als wär sie nie geboren. dann ging er, sie zu finden, fand selber nie mehr heim. Copyright © Marmotier 2013 |
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189 | erste liebe | |||
Vorschautext: ich liebe dich. frag nicht, was soll ich sagen, wenn alles schweigt und sich genügt? kann nur die blumen zu dir tragen, die unter deiner hand erblüht. ich liebe dich. ach wär uns doch ein leben, das wie ein ring sich immer weiter zieht, um uns einander hinzugeben. ... |
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188 | hertrug es der wind | |||
Vorschautext: in ihren blicken war schon das fremde. sie fanden die eigenen träume nicht mehr. das ungeheure, das sie bedrängte, verschlang sie, war ohne wiederkehr. sie hätten nur einmal zu atmen brauchen, ganz sacht und gelind. sie hätten's gespürt mit geschlossenen augen. hertrug es der wind vom ufer, an dem die liebenden stehn des nachts unterm mond. ... |
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187 | tiefer winter | |||
Vorschautext: vögel ertrinken im schnee. schatten, gestalt, zu schatten verweht. lieder stieben davon, fremd dem, der singt. farben nicht mehr. ... |
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186 | liebe | |||
Vorschautext: blüte des lichts bogen zum glück sehne gespannt bebender hand pfeile ins nichts stürzen zurück wunden aus leid mahlstrom der zeit Copyright © Marmotier 2013 |
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185 | das zögern der nacht | |||
Vorschautext: auch wenn das dunkel kommt, denke ich, werde ich überstehen. ich werde aufstehn, mich wehren, wie weiß ich noch nicht. vielleicht, dass das dunkel erschrickt. vorher freilich wird meine hand deine suchen, dass du mich inniger spürst im träumen. nach deinem atem werde ich lauschen, ... |
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184 | Lenz und das kind: historie | |||
Vorschautext: historische anmerkungen zu meinem gedicht "Lenz und das kind" was wirklich geschah: das kind war tot. Lenz selber zerbrach in quälender not. er konnte in solcher gottferne nicht sein. am ende holt' man nach Riga ihn heim: verirrt, verwirrt, verzweifelt im sinn, wie Büchner es schrieb: so lebte er hin. in Moskau, wo letzte zuflucht ihn band, fand man ihn tot. das grab unbekannt. ... |
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183 | laubgesichter | |||
Vorschautext: was schlägt mein herz so bange im dunklen märchenwald? wir gingen hier, nicht lange, zu zweit in eins gemalt, im gleichen leichten schritt. das leben tanzte mit. wie vorher zwinkern lichter durch blätter in der höh und zaubern laubgesichter, in denen ich dich seh. ... |
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182 | sein lieb | |||
Vorschautext: es war etwas im frühen tau, als ob er mit ihm weine. die luft war mild, der sommer lau. er weinte um die eine, die er in jener nacht geküsst fern unterm heil'gen baume. es brach sein herz. sagt, wo sie ist. sie schläft im ew'gen traume. Copyright © Marmotier 2022 |
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181 | hochzeitstage | |||
Vorschautext: ich laufe, ich laufe zu meiner frau. ich laufe, ich laufe. ich seh sie nicht mehr. ich laufe, ich laufe. welt grau in grau. ich glaube, ich laufe dem tod hinterher. |
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180 | mama kauft einen puppenwagen | |||
Vorschautext: mama ging fort ins spielzeugland, die kleine Sina an der hand. nach puppenwagen stand der sinn, mit rüschchen dran und püppchen drin. das liebe kind lief hin und her, entschloss sich dann und rief: hier! der! fernab von allem puppenkram sah es sich rasenmäher an, aus plastik zwar, doch ratschelaut. mama war davon nicht erbaut. ... |
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179 | totenruhe | |||
Vorschautext: ringsum stille. blätter fallen, taumeln sacht, verwehen bang. selbst die leisen schritte hallen hohl noch nach und schwinden lang. aus der gräber schalem boden welken blüten vor sich hin, schmücken blass die fahlen toten, wenn sie nachts vorüberziehn. Copyright © Marmotier 2013 |
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178 | even birds die | |||
Vorschautext: to Adrian my best friend ever who died from leukemia at the age of 32 the other day, passing by, I saw a bird in a tree, hidden and shy. and in the light blinding my eyes there was a hue of red, a flickering sad hue of red, ... |
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177 | ach weh und immer weh | |||
Vorschautext: sogenannte alterselegie von Walther von der Vogelweide frei übertragen aus dem mittelhochdeutschen ein vorläufig letzter versuch ach weh, wohin verschwunden sind alle meine jahr? hab ich geträumt mein leben, oder war es wahr? wovon ich glaubt', es wäre, war das alles nicht? so hab ich denn geschlafen, und ich weiss es nicht. nun, da ich erwachte, ist mir gar unbekannt, was mir zuvor vertraut war wie meine eigne hand. die menschen und das land, wo ich von kinde auf erzogen, die sind mir fremd geworden, als wären sie erlogen. ... |
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