Titel | ||||
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253 | Wer wagt, gewinnt | |||
Vorschautext: ---- Gar mancher Mensch lebt einfach so, nicht traurig, nicht erzürnt, nicht froh. Er sagt zu allen Dingen: Ja, zum Staat, zum Schicksal, zur Mama. Kein unerfüllter Wunsch, kein Traum, sogar sein Herz bewegt sich kaum. Und hat er Wünsche, fehlt der Willen, sich diese Wünsche zu erfüllen. Er denkt sich, wenn und falls er denkt, weil nichts ihn ja zum Denken drängt: Das, was geschehen soll, geschieht, weil keiner vor dem Schicksal flieht. ... |
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252 | Vergesslichkeit | |||
Vorschautext: …Wer älter wird, merkt, dass er´s wird, auch an dem Umstand, dass er irrt, dass er verlegt, vertauscht, vergisst, mit einem Wort, ein Trottel ist, obwohl, so schwört er laut und heiß, er ganz genau weiß, dass er´s weiß. Die Wahrheit wird zum bloßen Schein: Er weiß es, doch ihm fällt´s nicht ein. Er kann sein Großhirn noch so pressen, wonach er sucht, das ist vergessen. Gerade wusste er es noch, jetzt gähnt da ein Gedächtnisloch. ... |
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251 | Lob der Sonne | |||
Vorschautext: …. Da gibt es eine Zauberkraft, die unaufhörlich Wunder schafft. Das herrlichste besteht darin, dass ich, auch ich am Leben bin. …. Geheimnisvoll, verwunderlich, in allem Leben leb auch ich, und alles Leben ist vereint nur darin, weil die Sonne scheint. … Was grünt und blüht in der Natur, was sich bewegt in Wald und Flur, in Eis und Wüste, Luft und Meer, gäb´s nicht, wenn keine Sonne wär. ... |
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250 | Engel brauchen keine Flügel | |||
Vorschautext: Engel brauchen keine Flügel, treten ein, du merkst es kaum. Unerklärlich wird es wärmer, so, als strahlt der ganze Raum. ….Engel wissen, wo man wartet, wo ein Mensch es nicht mehr schafft. Ehe du sie noch gebeten, weht ein Hauch geheimer Kraft. ….Nein, nicht Flügel brauchen Engel, Menschen sind´s aus Fleisch und Blut, die nichts wollen, als zu helfen. Dies allein tut himmlisch gut. ... |
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249 | Gefährliche Begegnung | |||
Vorschautext: ….Das Schicksal bringt der Menschen Wege oft miteinander ins Gehege. Nachdem sie sich nie vorher sahn, kreuzt sich auf einmal ihre Bahn, wobei der eine mit Gewalt beinahe auf den andern prallt. ….Der eine etwa steht im Haus und hat nur einen Wunsch: Hinaus! Er denkt im Schein des trüben Lichts nichts Böses, noch genauer: Nichts. Dem anderen, der draußen steht, es grade umgekehrt ergeht, ... |
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248 | Sich fallen lassen | |||
Vorschautext: ---- Gern würde ich mich fallen lassen in diesen Abgrund um mich her, nicht mehr verzweifelt um mich fassen, wo doch nur Nichts ist, hohl und leer. ---- Ich möchte fallen, fallen, fallen vorbei an allem, was mich hält, entfliehn den Sicherheiten, allen, in jene andre, schöne Welt. ---- Ich möchte fallen ohne Ende ausTrug und Wahn, aus Bluff und Schein, bis dorthin, wo ich endlich fände das Meer der Liebe, wahres Sein. ... |
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247 | Ein Luftballon | |||
Vorschautext: ….Ich wäre gern ein Luftballon, beschwingtes Glückskind der Saison, zart grün, getönt mit rosa Tupfen und einem Band daran zum Zupfen. ….Erst läge ich zerfurcht und weich im irdisch-unteren Bereich; ein Nichts, ein Schwächling, eine Niete, und zwar auf jeglichem Gebiete. Doch würde mich ein Mensch befrein und atmete mir Wärme ein, dann würde ich mich in Sekunden zur prallen Augenweide runden. ... |
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246 | Umwege | |||
Vorschautext: ….Wer älter wird, der kann entdecken, das Leben geht um viele Ecken und selten bloß, niemals beinah die Via direttissima, schnurstracks, geradewegs, sofort, direkt bis zum Bestimmungsort, Es kommt entsprechend Wilhelm Busch ganz unerwartet husch, husch, husch oft völlig anders, als er denkt, was ihn befremdet, beinah kränkt, weil er als Mensch, der aufgeklärt, die Hoffnung und Gewissheit nährt, ... |
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245 | Der Wecker | |||
Vorschautext: ---- Wie wunderbar ist doch ein Bett. O wenn doch jeder eines hätt! Zwei Meter lang, ein Meter breit, der Gipfel an Bequemlichkeit, die Festung der Intimität, wohin kein Hauch von außen weht. Da ist Genuss und Freude nur, Erholung und Entspannung pur am Tage, noch mehr in der Nacht, ob Neumond herrscht, ob Luna lacht, ob´s stürmt, ob´s regnet oder schneit, bei Sonnenschein und Dunkelheit. ... |
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244 | Vino verde, eine Köstlichkeit Portugals | |||
Vorschautext: ---- Ein Mensch muss hin und wieder trinken, um nicht zur Mumie einzusinken, besteht er doch seit frühster Zeit hauptsächlich selbst aus Flüssigkeit, die ständig, scheinbar unbegründet, verdampft und aus dem Leib verschwindet, so dass er mit und ohne Willen gezwungen ist, sie nachzufüllen. Er spürt ein Kratzen in der Kehle und folgt dem inneren Befehle, das, was ihm unbemerkt entglitten, entsprechend wieder nachzuschütten. ... |
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243 | Müde | |||
Vorschautext: ---- Das Leben macht mich oft so müde, nein, nicht der Abend, nicht die Nacht. Es fehlen Hoffnung, Ruhe, Friede, das Leben kreischt und knallt und kracht. ---- Gern schliefe ich ich ganz ruhig ein, von Engeln in den Schlaf getragen, fest überzeugt, mein Herz ist rein. Doch Fragen jagen neue Fragen. ---- All diese Fragen drehen sich nur um sich selbst im schrägen Kreise, schnell, langsam, unabänderlich, weit springend, zentimeterweise. ... |
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242 | Umwege | |||
Vorschautext: ---- Auch du wirst eines Tags entdecken, das Leben geht um viele Ecken und selten bloß, niemals beinah die Via direttissima, schnurstracks, geradewegs, sofort, direkt bis zum Bestimmungsort, Es kommt entsprechend Wilhelm Busch ganz unerwartet husch, husch, husch oft völlig anders, als er denkt, was ihn befremdet, beinah kränkt, weil er als Mensch, der aufgeklärt, die Hoffnung und Gewissheit nährt, ... |
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241 | Die Zeit | |||
Vorschautext: ---- Der Mensch erfährt ja von Natur Zeiträume anders als die Uhr, die, wenn sie leise tickt und tackt, die Zeit in gleiche Stücke hackt und objektiv-mechanisch misst, egal, ob´s schön, ob´s traurig ist. Der Mensch misst individuell: Ist´s schön, verrinnt die Zeit zu schnell. Verliert das Leben Lust und Sinn, dann zieht sie sich unendlich hin. ---- Auch wird der Mensch im Lauf von Jahren wahrscheinlich folgendes erfahren: ... |
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240 | Mein Goldzahn | |||
Vorschautext: Ein Glückspilz bin ich sondergleichen, bin einer der besonders Reichen, und keiner raubt mir meinen Schatz, er ruht an einem sich´ren Platz. Mein Schatz besteht aus purem Gold, dem jeder höchste Achtung zollt, weil´s haltbar ist und herrlich glänzt und selbst ein Königshaupt bekränzt. Nicht ist´s im Erdreich eingegraben, wo andre ihre Schätze haben, ... |
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239 | Was denkt die Katze? | |||
Vorschautext: ... Ich weiß zwar nicht, ob Katzen denken, doch denke ich, es könnte sein. Auf jeden Fall die Nachbarkatze, die treff ich oft und stets allein. ... Wenn ich an ihr vorüberschleiche - wir schleichen beide irgendwie. Sie schleicht auf elegante Weise, ich schlumpig wie ein Schlampervieh. ... Wir sehn uns forschend in die Augen, neugierig, aber keiner spricht, und jeder fragt sich voller Neugier: Denkt nun der andre oder nicht? ... |
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238 | Vierzeiler, Ein Jammer, dass ich sterben muss | |||
Vorschautext: … Ein Jammer, dass ich sterben muss und alles damit kommt zum Schluss. Am schlimmsten ist es, dass ich dann mein Totsein nicht genießen kann. … Stets kürzer meine kurzen Schritte, stets kürzer meine Lebenszeit. Kein neuer Anfang, keine Mitte, nur Tod und Ende weit und breit. … Nun kann es nicht mehr lange dauern, die Erdentage sind gezählt. Da helfen weder Mut noch Mauern. Drum lasse los, was dich noch quält. ... |
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237 | Am schönsten ist es zu vergessen | |||
Vorschautext: … Einst war ich jung, so herrlich jung, voll Hoffnung und Begeisterung. Jetzt herrschen Stille, Flaute, Ende, ich werd zur traurigen Legende. Refrain: Schön sind das Saufen und das Fressen, am schönsten ist es zu vergessen. … Einst fuhr ich durch die weite Welt mit viel Vergnügen, wenig Geld. Jetzt schaff ich kaum noch hundert Meter, nein, nicht sofort, erst etwas später. Refrain … Einst konnte ich mich frei bewegen, ... |
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236 | De mortuis nil nisi bene | |||
Vorschautext: ... Man weiss, dass keiner ewig lebt, auch wenn er sehr am Leben klebt, und selbst der grösste Missetäter muss sterben, früher oder später. Wenn man ihn dann zur Ruhe bettet, wird, was nicht stimmte, gern geglättet. So lernten wir´s schon in der Penne: De mortuis nil nisi bene. ... Spät, aber doch entschläft ein Mann, ein Meckerfritze und Tyrann. Sein letzter Gang wird gross gefeiert. Die Witwe, tief und schwarz verschleiert, ... |
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235 | Zwang zu denken | |||
Vorschautext: …. Das Denken ist wie täglich Brot. Wenn ich´s nicht hätte, wär ich tot. Ich denk oval, ich denk quadratisch, teils kreuz und quer, teils systematisch. …. Ich denke morgens schon im Bett, was ich gern wär, was ich gern hätt, warum ich überhaupt erwache und ständig mir Gedanken mache. …. Auch mittags, wenn die Sonne brennt, denk ich voll Gier und vehement, von einem tiefen Drang gezwungen zu denkerischen Lockerungen. ... |
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234 | Nur ein Zwischenziel | |||
Vorschautext: … Auch wenn ein Weg zuweilen plötzlich endet und dir damit ein Halt zusammenfiel, ist´s nur ein Zeichen, dass sich alles wendet, und letzten Endes nur ein Zwischenziel. … Du haderst störrisch mit des Schicksals Mächten, fühlst dich als Marionette nur in einem Spiel, verloren jeder Schwung in langen Nächten, doch dieser Stopp ist nur ein Zwischenziel. … Es scheint dir so, als ging es nie mehr weiter, du bist verbraucht, verbrannt und immobil. Hoffnung und Angst als ständige Begleiter - dann lockt vielleicht das höchste Lebensziel. ... |
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