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| 47 | Die Ruine | |||
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Vorschautext: Wie sich die Mauern aneinander klammern, wie heimlich jeder Schatten in aller Mondnacht fällt, wie jede Zeit entflieht,sich aus der Wirrnis dieser Wände schält, der Sturm um hohle Türme jammert und wieder weiter zieht, der Himmel, wie zerriss'nes Tuch, sich drüber spannt. Aus allen Wunden rieselt, trist wie Fluch, der Sand. Die Treppen führen nirgendwärts ins Land. ... |
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| 46 | Am See | |||
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Vorschautext: Aus der Tiefe zieht der Morgen graue Schleier übers Land, wie gewebt von Geisterhand. Und noch neblig und verborgen lauscht im Hintergrund der Hain in den neuen Tag hinein. Blind, noch birgt der See sein Sehnen nach dem blauen Himmelslicht. Durch die Morgenstille bricht schrilles Rufen. Und den Schwänen öffnet wohl gesonnt, noch bleich, ... |
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| 45 | Eichenblatt | |||
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Vorschautext: Laubgebunden seit dem Mai. Sieh, es flattert. Ist es frei? Lösgelöst oder vertrieben? Wollt es fort? Wär’s gern geblieben? Hegt es Wehmut? Duldet Schmerz? Ist es froh, nun weg zu fliegen? ... |
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| 44 | Solang ich bin | |||
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Vorschautext: Da draußen atmet er, mein bunter Garten, verstreut die Farbendüfte an den Wind. Nur meine Astern werden auf mich warten, wenn ich verblüh und sie schon wieder sind. Ich streute hoffnungsvoll den vollen Samen, da war mein Leben noch ein weites Feld. Bald steht für mich nur mein geschrieb’ner Namen und ich geh wortlos in die andre Welt. Noch bin ich unterwegs. Weiß nicht wie lange. Die Sorgen sind schon viele Tage tief ... |
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| 43 | Mal so gesehen | |||
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Vorschautext: Im Mond hat sich ein Stern verfangen, `ne Wolke sitzt am Schornstein fest. Im Kirchturm Glocken müd verklangen, da baut Pegasus jetzt ein Nest. Ein Leuchten springt aus allen Fenstern, ein Strahl bricht grad sich das Genick. Das Martinshorn, beliebt bei Gangstern, blöckt in die Stille einen Knick. Oktober schluckt schwer die Realien, entblößt zu sein, das tut ihm weh. ... |
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| 42 | Nur mehr | |||
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Vorschautext: Im nächsten Leben, Gott, lass mich nur Möwe sein, oder nur Gischt, nur Treibgut, nur Sonne im Gesicht. Oder ein Sandkorn, bitte, sei es noch so klein, oder auch mehr, auch Meer… nur Meer… das möchte ich sein! ... |
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| 41 | Abendstern | |||
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Vorschautext: Abends holst du meine schönsten Träume, wenn du, Abendstern, durchs Fenster schwebst. Du berührst so still die Seelenräume, wenn du mich zu deinem Leuchten hebst. Und ich schwebe fort, vorbei an Sternen, durch ein Nebel und durch Raum und Zeit. Gibst mir Zuflucht, hoch in deinen Fernen und mein Glück reicht sieben Himmel weit. © Lisa Nicolis |
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| 40 | Agoraphobistisches | |||
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Vorschautext: Als heut die Straße sich in meinem Blick verfing und freudig, nach so langer Zeit, auch meinen Herzschlag tönte, ließ ich mich heldenhaft und sachte von ihr den Häusern lang begleiten und suhlte mich in ihrer sonn'gen Endlichkeit, bis sie mich ... |
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| 39 | Die Kette | |||
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Vorschautext: Durch meine Vorfahren hab ich das Leben erreicht. Ströme der Menschlichkeit, die mich durchfließen, tragen das Gen der Vergangenheit und der Kreis wird sich so vielleicht niemals schließen. Mein Sein -ein Echo aus ferner Zeit, mit einem Hauch von Vergänglichkeit. Ihre Geschichten kreisen leis mir im Geist. In meiner Zelle ruht die Essenz, die millionen Jahre schon reist, durch Herz und Blut, durch Geschichten von Eis und von Glut. Geschichten von Leben, von Kampf und vom Wandel der Zeit, von Schmerz, von Liebe und Leid, von Gefahren und von Beständigkeit. So weben sich Fäden aus aller Zeit um mich und in mir auch, in Frieden und Streit, noch im Heut. Bin ein Teil eines ew' gen Geflechts und Verwebens. Millionen von Ahnen bestimmen auch jetzt noch ein Teil meines Lebens. Lisa Nicolis |
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| 38 | Schweigen ist Gold | |||
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Vorschautext: Ich zerkaue wieder alle Worte, schmecken bitter und ich schluck sie schwer, ich verbanne sie in Seelenorte und ich schweige meine Lippen leer. So erträumst du meine Sternennähe, Schein sein, leuchten ohne eigner Glut dass ich lautlos um dein Ego drehe, wie die Nacht das um die Tage tut. Redest nur dein Silber mir, das kühle, bist nur deinem Selbstwert all zu hold. ... |
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| 37 | Brücken | |||
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Vorschautext: Brücken, die fast Wurzeln schlagen, dich an andre Ufer tragen, sich ganz stolz auch widerspiegeln, unsterblich mit sieben Siegeln. Brücken die sich stolz erheben, weiterführ'n ins nächste Leben, wo dann alles besser wäre, folge nur dem Schildermeere. Brücke, grandioser Bogen, führt dich, sicher, ungelogen, ... |
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| 36 | Das Wunder | |||
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Vorschautext: Morgens immer die Wolken in mir. Das Wettertief schaufelt mich leer , der Lebensmut, den ich zurecht frisier und die Wortlosigkeit tun's mir schwer. Und heute war's irgendwie mir so leicht, alle Sinne sind wieder vereint. Wie hab ich das Wunder denn nur erreicht? Ach, guck mal! Die Sonne scheint! Lisa Nicolis |
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| 35 | Blättertanz | |||
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Vorschautext: Da seh ich wehmutsvoll den bunten Blättern nach, wie sie der Wind sich holt und alle Bäume kühl entkleidet. Wie sich das Sterben, das Verderben im frohen Reigen wiegt; wie all das rost’ge Rascheln hier auch keinen Todestanz vollzieht. Es lebt das Lied ... |
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| 34 | Großstadt | |||
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Vorschautext: Die Nacht streut schon wohlige Stille und suhlt sich im Licht der Laternen. Der Mond schwebt mit Halbmondpupille und zwinkert sich durch alle Fernen. Die Straßen nur laufen sich müde am endlosen Grau ihrer Bahnen in ewiger Steinplattitüde mit nachtlebenwill'gen Kumpanen. © Lisa Nicolis |
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| 33 | Blick aus dem Fenster | |||
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Vorschautext: Herbst liegt auf den Straßen, rostet vor sich hin, Farben still verblassen, 's regnet ohne Sinn. Schirme täuschen Ruhe, drunter klopf, klopf, klopf, füßeln ein paar Schuhe zügig ohne Kopf. Rätsle so am Fenster, wen ein Schirm wohl birgt. ... |
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| 32 | Alltag | |||
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Vorschautext: Morgenstund tut schläfrig kund: hab heute Amalgam im Mund. Tagesration, salopp kreiert, wird schon vom guten Tag serviert, mit Hoffnungsperlen pflichtgrün schön drapiert, im Stundentakt und mundgerecht verpackt. -Das Süßsaure ganz fein zurecht gehackt. Der Wind, der grad vorüber streift, der pfeift ... |
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| 31 | Es regnet Herbst | |||
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Vorschautext: Aus meinem Fenster blick ich in die Kronen der Bäume, die in meinem Garten wohnen. 'ne Esche neben Ahornbäumen, im Herbst ein Anblick, gelb und braun, zum Träumen. Dem Wunder kann ich nie so ganz entgehen, ich könnt es tausendmal und öfter sehen und immer werd vor Ehrfurcht ich erschauern, von Bildern die nur herbsteslange dauern. Wohl Zauberhände streuen warme Farben über des Scheidens sonnverhüllten Narben. ... |
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| 30 | Herbstgeschwätz | |||
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Vorschautext: Der Ahorn stand in voller Pracht, gestern noch bunt im Sonnenstrahl, doch tobte'n Wind in dieser Nacht. Jetzt steht er knorrig da und fahl. Nun scheints, er stützt das Himmelszelt mit tausend Fingern und spontan. Ist fraglich, ob es mir gefällt. Was fängt man mit viel Himmel an? Und noch was wird jetzt wohl geschehn, es gibt nicht mehr die friedlich Ruh. ... |
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| 29 | Mein Herbst | |||
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Vorschautext: Dem Rest von Frühling, der im Herzen weilte, vergilben alle Blätter, trocknen Zweige. Es neigt das Blühen, das der Sommer streute, dem Welken zu, das ich mir gern verschweige. Ich hör in schlummerfreien, kalten Nächten in meinem Innern wehmutsvolles Klagen, als wollte sich von unbeugsamen Mächten mein Ich verzweifelt Gnadenfrist erjagen. Ich werd dem Herbstwind trockne Blüten streuen und meiner dürren Zweige gelben Blätter. ... |
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| 28 | Blick durchs Fenster | |||
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Vorschautext: Der Osten klammert strahlend an der Mauer des Nachbarhauses. Fenster pusten feurige Garben. Flugzeuge werfen sich in die Tiefe des Himmels und zeichnen das Fernweh ins Blau. Hier das Morgenlicht, weit weg, hinter dem Horizont, bricht die Nacht in die Häuser. ... |
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