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Gedichte über die Erkenntnis - Seite 204


Hätt und wär

Parodie auf Lord Byrons “Broken-Hearted”
(frei nach August Wilhelm Schlegel, 1767 – 1845)
*

Had we never loved so kindly,
had we never loved so blindly,
never met and never parted,
we had never been so broken-hearted
*


„Hätt ich doch, du kecker Bube,
dich nicht eingelassen in die Stube.
Hätt ich nicht nachgegeben wilden Trieben,
wär ich wohl noch lange unbefleckt geblieben!“

„Klage nicht! Ich liebte dich nicht minder,
gebierst du mir auch noch so viele Kinder.
Wär ich jedoch nicht in dein Bett gekrochen,
wär mein brennend Herz mir schier zerbrochen!“

„Ach! Hätten wir uns doch recht schicklich
nur platonisch geliebt und nicht so sinnlich!
Hätten wir uns die Ehe erst fest versprochen,
wären unsre Herzen nicht sogleich gebrochen.“

„Ließe ich dich nicht so wildlings hausen,
nicht an meinem Kleid und Mieder zausen,
hielte ich dich nur fern von meinem Leibe
nähmst du mich wohl nie zu deinem Weibe.“

„Ja wärst du nicht so unzüchtig aufgetakelt,
ganz ohne Scham vor mir einher gewackelt,
könntest du nun in meiner Küche frommen.
Ich hätt dich sowieso zur Frau genommen.“

„Hätten wir es denn gar lassen sollen,
wo wir doch stets dasselbe wollen?
Hätt uns der Hafer nicht so sehr gebissen,
wären unsre beiden Herzen nicht zerrissen.“

„Wär es doch nicht – ach – nun ruchbar,
unsre Liebe nicht gleich so fruchtbar,
dann wär ich jetzt nicht in den Wochen,
wären unsre Herzen nicht zerbrochen!“

„Nur leider merkte ich alsbald im Bette,
daß du schon bei andern warst ’ne Nette!
Als Hahnrei! Bereits vor den Flitterwochen!
Dies hätt das Herze mir beinah gebrochen!“

Hätt jener dort mich nicht so arg geflegelt,
nachdem wir im Wirtshaus lang gekegelt,
hätt er nicht so nach Männlichkeit gerochen,
wär ich zu ihm nicht so schnell hin gekrochen.“

„Nur Schweinearbeit gibt's bei kargem Futter,
dazu ’ne bitterböse Hex’ als Schwiegermutter.
Schimpfend kommt sie tagtäglich angekrochen.
So beginnt mein Männerherz nicht zu pochen!“

„Ach Mann! Wärst du nicht Wirtshausläufer,
dazu ein ausgesprochner Branntweinsäufer,
tätest schaffen du, anstatt herum zu lungern,
müßten ich und die Kinder nun nicht hungern.“

„Wärst, Holde du, nicht so flüchtig,
nicht so schmink- und kleidersüchtig,
wär nicht bereits nach wenigen Wochen
der Totalbankrott schon ausgebrochen!“

„Liebten wir uns nicht blindwütig,
sondern nur beiläufig oder wankelmütig;
gleichsam oft besucht und oft gemieden,
wär uns allzeit heit’res Glück beschieden!“


Copyright © da Hihö
2012
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Weisheitsgeschichten - Die Einsiedlerin und die beiden Brüder

Frau Tina Eipas lebte schon lang

an eines Berges flachem Hang
wo eine kleine Hütte stand
Ihr Hund und sie, die Liebe zur Natur verband

In einem Dorf an des Berges Rand

war Ihre Weisheit wohlbekannt

Ein Jeder, der sich verändern wollt
besuchte sie und erbat

ihren weisen Rat

Sie nahm dafür weder Gut noch Geld

Einer zweier Brüder ist Johannes
Im besten Alter eines Mannes
So machte Johannes sich ans Werk
bestieg als erster den nahen Berg
Als er vor der Hütte Türe stand, klopfte er an
Im Dorfe zurück blieb sein Bruder, der Johann

Als er vom beschwerten Aufstieg noch hächelte
öffnete Tina die Tür und lächelte
„Komm herein, Wanderer, erzähle Deine Geschichte
Für Dich Kaffee, für mich Tee ?“
So trat er ein und bat um ihren Rat

für eine wegweisende, gute Tat

Zur Begrüßung der Hund freudig bellte

Bevor Johannes seine Fragen stellte
unterhielten sie sich, tranken und aßen sich satt

„Tina, wohin soll ich gehen ? 

In ein anderes Dorf oder eine Stadt ?“
„Wähle das Dorf, welches Du im Norden kannst sehen“

"Danke, diese Antwort mir gut gefällt!
Was soll ich mitnehmen auf die Reise ? 

Werkzeug oder Geld ?“
„Wähle Dein Werkzeug, wähle weise“

„Mein Werkzeugkasten ist gut, hat wenig Mängel“

Johannes fragt: „Gibt es Engel
denen ich meine Gedanken weihen kann, auf der Reise ?“
„Ja, sie helfen Dir. Sprich zu ihnen still und leise“

„Ich danke Dir von Herzen! Hast Du etwas dagegen, wenn ich meine Arme um Dich leg ?“
So tat er’s und machte sich fröhlich auf den Weg.

Johann zwei Wochen später, den Weg zu Tina nahm
so klopfte auch er an, als er zu Ihrer Hütte kam

Sie öffnete die Tür und lächelte im hellen Mittagslicht
„Komm herein, Wanderer und erzähl mir Deine Geschicht“
Den Rat seines Vaters fand Johann nicht gut und wollte einen neuen

um seine Zweifel zu zerstreuen

Ihre Unterhaltung wurde von Freundlichkeit getragen
Dann stellte er seine Fragen:
„Tina, wohin soll ich gehen ?

In ein anderes Dorf oder eine Stadt ?“
„Wähle die Stadt, die großen Einfluß im Westen hat
mit Menschen, die Deine Sprache verstehen“

„Tina, was soll ich mitnehmen ? 

Geld, Werkzeug oder beides ?“
„Wähle das Geld jedoch vermeid es
viel auszugeben für unwichtige Themen !“

„Tina, gibt es Engel oder höhere Wesen,
die auf meinem Weg meine Gedanken lesen ?“
„Nein, es gibt sie nicht ! Verlasse Dich auf Deinen Verstand
und das Geld in Deiner Hand !“

Johann sagte: „Danke, ich bin sicher, dass ich mit Deinem Rat nun richtig lieg“
Fröhlich und vollen Mutes begann sein Abstieg

Der Hund bellte
Wie wenn er eine Frage stellte
Er und sein Frauchen schauten Johann hinterher
„Ich vermute was Du fragen willst, jedenfalls so ungefähr
Warum gab ich auf dieselben Fragen unterschiedliche Antworten ?

Nun, sie stehen vor unterschiedlichen Pforten
an Kreuzungen ihres Lebens
Johannes wandert auf dem Pfad, des Erkenntnis suchenden Strebens
Johann auf dem irdischen Pfad, der Erfahrungen dieser Welt
Dank meines Rates, jedem sein Schicksal nun gefällt!“

© jogdragoon

Hinweis: "Tina Eipas" ist ein Wortspiel von "sapientia", was Latein ist und "Weisheit" bedeutet.
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