Gedichte über das Naturreich (Seite 14)

Klatschmohnlust

In einer Hängeknospe ruht
noch unbeschaut die rote Blüte,
der junge Mohn, der später Hüte
auf seinem Kapselköpfchen trägt,
in dem schon wieder, grundgelegt,
ein neues Werden sich versteckt.
Dazwischen aber prasst die Glut
des Lebens ohne seinesgleichen.
Umflort von elfenzarten, weichen
Gewändern, die im Maienwind
voll Liebreiz, nobler Anmut sind,
so zeigt sich Floras schönes Kind.
Die Liebesfarbe zeugt vom Mut
der Blume, Unbill auch zu meistern.
Wen könnt der Klatschmohn nicht begeistern
im Künden längster Lichterzeit?
Der Sommer kommt, es ist so weit,
verkündet uns das Scharlachkleid.
Wir hören das – und finden’s gut.

Sternenzier

Sterne, die des Himmels Zier,
ein Glanz so hell und klar.
Millionen strahlen über mir -
fern und trotzdem nah.

Sterne, über der ganzen Welt,
ein Glanz der nie erlischt.
Ein friedlich funkelndes Sternenzelt
die Dunkelheit der Nacht durchbricht.

Möchte einem Stern von Vielen
gerne meinen Namen leih'n.
Könnt so ein Stück vom Himmel fühlen
und mein Gefühl von Freiheit sein!

©Viola

Der Glockenblumenfrühling

Ich ging hinaus ,verließ die tristen Räume
damit ich des Frühlingsankunft nicht versäume,
um mich herum schweben sanfte Frühlings Lüfte
verteilen zaghaft ihre Düfte,

auch der letzte Schnee entschwindet sacht,
wenn die Sonne weiter heiter lacht,
im Erdenschoß beginnt es sich zu regen,
die Sonne ist für alle der wahre Segen,

am Wegesrand stehen einige blaue Glöckchen,
sie tragen ein zartes, hellgrünes Röckchen,
sie schauen schüchtern aus der kalten Erde,
in Erwartung ,das es Frühling werde,

die Blümlein holten das Himmelsblau zur Erde hernieder,
die Menschen erleben das Blütenglück nun wieder,
und tanzen sie einmal ihren Glockenblumenreigen
dann zwitschert es plötzlich in den Zweigen,

und sind die Tage noch so kühl und rau,
es grüßt dich das Glockenblumenblau,
pflücke dir ruhig ein Sträußchen für dein Heim,
es brauchen gar nicht viele Glöckchen sein.

Du kannst den Wald verzaubern

Die Stämme der Fichten verschatten wie Zeilen
das Licht auf dem Kräuterflor neben dem Wald.
Ein Platz, wohl geeignet zum längren Verweilen,
ein Ort, wo das Kind in dir Traumbilder malt.

Ein Einhorn schwebt lautlos, es setzt keine Hufe,
das Gute zu tun, trägt es spürbar im Sinn.
der Häher warnt lauthals durch knarrende Rufe,
ein Wolf strebt im Trabe zur Großmutter hin.

Schneeweißchen füllt Schürzen mit saftigen Pilzen,
ein Zwerg voller Arglist verfolgt diese Maid.
Des Rumpelstilz weißgraue Haare verfilzen
mit hängenden Flechten. Im glänzenden Kleid

verwandelt Jorinde sich seufzend zum Finken,
Joringel erstarrt - von der Hexe gebannt.
Du gehst - siehst Rapunzel zum Abschied noch winken -
und lächelst, den Blick schon zum Tagwerk gewandt.

Berauscht

Inselchen
du verströmst dich
ohne Ende
deine Schönheit
betört meine Sinne

Manchmal möchte ich
ganz Ohr sein
und andachtsvoll
dem hellen Jubelruf
der Heidelerchen lauschen

Manchmal möchte ich
ganz Auge sein
wenn sich auf deinen Hügeln
die zarten Schleier
der Sommerblüten bauschen

Manchmal möchte ich
ganz Nase sein
und mich an dem Gemisch
von Heu- Holunder- Klee-
und Rosenduft berauschen

Und manchmal möchte ich
ganz leer sein
und doch erfüllt von dir-
einfach nur s e i n

© Ingrid Spiller 1997 (Hiddensee)

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Der Glockenblumenfrühling

Du kannst den Wald verzaubern

Berauscht