Sortieren nach:

Gedichte über Gewalt - Seite 76


Lykantrophie

Der Spur von Tod, von Raub und Mord,
Ich folgte ihr zum Waldesrand,
kein Lebenszeichen fand ich dort,
der Sog hinein war fulminant

Die Neugier zwang mich in den Tann,
der Mond goss fahl sein Licht hinzu,
dann, eine Lichtung irgendwann,
und trügerische Ruh'

Ich schauderte, als das Geäst,
sich plötzlich auseinanderbog,
ein Untier, Hand ans Schwert gepresst,
im Fleischrausch mir entgegenzog

Ich rannte wohl nicht schnell genug,
verlor den Halt an Baumes Stumpf,
dies Vieh war echt, nicht Lug und Trug
mit Klauen, die der Jagd ein Trumpf

Sein Pelz begrub mich ganz und gar
als dunkle Wolke unter sich,
zu jung ich doch zum Sterben war,
mein Bangen greller Panik wich

Im Unterholz ich eisern rang,
die Stämme drehten sich um mich
und Blut und Stamm mich schwindeln zwang,
die Röte meiner Wangen blich

Mein Saft zerrüttete die Sicht,
der Armstumpf spritzte dazu bei,
ein Knacken, als wenn Knochen bricht,
erwirkte grausig Schrei um Schrei

Als mein Skelett zerschlagen schien,
besah das Vieh sein Meisterstück,
ein Knurren warf es mir noch hin,
dann döste es im Beuteglück

Aus Mörderlungen drang sein Hauch,
die Lefzen wogten fett im Blut,
es hob und senkte sich sein Bauch,
da keimte in mir Wut

Noch war ein Teil ich dieser Welt,
auch wenn mein Saft mich treulos floh,
das Vieh hat mir den Tag vergällt,
ich starb so oder so

Die Hand, die sich noch lenken ließ
verschaffte ein paar Meter mir,
obgleich ich Blut statt Atem bließ,
erreichte ich das Tier

So fest ich konnte stach ich zu,
vor Schmerz verzerrt, die Augen aus,
wie blind dann weiter, und im nu,
verklang das Brüllen, aus die Maus

Fontänen schossen aus dem Kopf,
ein roter Regen niederging,
ich stand im Blut vom Fuß zum Schopf,
mein Fleisch die Tropfen fing

Allmählich schob das Morgenrot
sich ungeduldig in das Bild,
erst mit der Sonne war ich tot,
zu gehen auch gewillt

Ein Jägersmann fand später dann
vor Ort das blutgetränkte Paar,
so pries er Gott und hob mich an,
der Tag war hell und klar

(C) Lars Abel
... hier klicken um den ganzen Text anzuzeigen


Anzeige


Ganz schön brutal: Internet-Mobbing

Den Tanz auf die Rasierklinge schicken. Üble Nachrede, Verleumdung, mit vollem Namen, beleidigendem Zusatz. Den Hass ins Internet festsetzen oder festnageln. Langgehegte und spitzzüngige Hoffnungswünsche auf Erstarrungs- und Erfrierungstode vorbereiten. Danach Haltung und Würde im eiskalten Blut ersäufen, gänzlich auslöschen. Rechtsbeugend, die Unschuld oder Gewissenhaftigkeit der Opfer öffentlich anfeinden und diskreditieren. Denen zum Fraß vorwerfen, die es lieben, in kollektiver Schwarmintelligenz Unrecht auszuformulieren und selbstgerecht dabei zu agieren. Die verblendeten Helden unserer Zeit, die Würger, Verletzer, die selbsternannten Richter und Vollstrecker. Die genussvollen Menschenquäler, die empfindungsarm Lächerlichkeit und Hohn intellektuell huldigen. Die immer allzu gerne eine Schlinge aus der selbstgestrickten Pseudomoral ihren ausgewählten Opfern leidenschaftlich anzulegen versuchen. Lüsternes Hyänengerangel dankt anhaltend-wahnhaftem Trotz. Der Pilgerweg der aufgestauten Wut, nachhaltig aber hinterhältig. In bittersüßer Selbstverliebtheit folgender Triumpf der Opfer-Sammler. Schmierige Schadenfreude, geschuldet der gegenseitigen Schulterklopfmentalität. Irre Pseudomoral, kranke Selbstjustiz und durchtriebene Rechtsansprüche besudeln jede Art von Wahrheitsbegrifflichkeit und Wahrheitsverständnis der wirklich Liebenden. Die Rasierklinge wird mit der Zeit stumpf oder sie rostet. Doch bis dahin fordert die Unterdrückungskultur unzählig unsägliches Leid, unsichtbar angehäuft.



© Marcel Strömer
(Magdeburg, den 07.02.2016)

Alle Rechte vorbehalten, besonders das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung, sowie Übersetzung. Kein Teil des Textes darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert oder verarbeitet werden!


Anzeige