Gedichte über den Abschied - Seite 267

Schon mit der Ankunft

Schon mit der Ankunft
Wird die Abschiedsträne sichtbar,
Weil jedem Anbeginn ein Ende innewohnt.
Da hilft uns weder Sehnsucht noch Vernunft,
Zu allen Zeiten dies ja stets so war:
Die Zeit hat uns niemals entlohnt.

Deshalb nutze die wenigen Stunden,
Mit denen köstlich die Begegnung lebt,
Denn Seltenes kommt unbedingt nicht wieder.
Lasst gemeinsam kostbare Speisen Euch munden
Und bleibt die ganze Zeit redebestrebt:
Groß seien Eure schönsten Lieder!

Leben heißt: Immer das annehmen,
Was uns der jetzige Augenblick erbringt,
Wenn als Kostbarkeit wir ihn begreifen,
Uns hin zu Begegnungen bequemen,
Nichts aus der Fassung uns da bringt,
Wo Welten wir mit Seelen streifen.

©Hans Hartmut Karg
2025

*

Es ist ihr Abschied

Es ist ihr Abschied von der Welt:
Kaum hört sie noch, dass wir gekommen,
Doch spürt sie, dass nichts mehr sie hält,
Denn jetzt wird ihr die Welt genommen,
Ein Leben, an dem sie so hängt
Und das ihr nun nicht mehr gelängt.

Das laute Stöhnen zeigt mir an,
Wie schwer sich Körper-Seele trennen
Bei ihr, die kaum noch atmen kann
In diesen Stunden der Lebenswende,
In denen ihr nichts von allem bleibt,
Was die Ewigkeit sich einverleibt.

Und als ich dringend gehen muss,
Stöhnt sie noch einmal ganz laut auf,
Weil sie nun ohne Kraft den Schluss
Wahrnimmt in ihrem Lebenslauf.
Als später unten Türen geschlossen,
Haben wir bittere Tränen vergossen.

©Hans Hartmut Karg
2025

*

-Fiktion –
-1-
Furcht vor körperlicher Hinfälligkeit
sitzt ihr im Nacken, lässt sie nicht ruhen,
treibt sie dazu, stets vorwärtszueilen,
um sich zu beweisen wie fit sie ist.

„Selbstermahnung“
-2-
„Wer „stehenbleibt“, wird bald darauf sitzen,
bald hinlegen wird sich, wer sitzenbleibt,
wird schwächer, kann nicht schnell genug fliehen
vor den altersbedingten Gebrechen“.
-3-
Sie will ihrer Zeit ein Schnippchen schlagen,
hat ihr den täglichen Kampf angesagt,
erschöpft sich restlos in ihrem Ehrgeiz,
schränkt so ihre „Freizeit“ immer mehr ein.
-4-
Vergeblich läuft sie vorm Alter davon,
kann sich ihre Jugend nicht bewahren
letztlich ist die Zeit stets schneller als sie,
überholt sie wie mit Adlerschwingen.

Dein Lächeln wirkt unspontan
Deinem Blick sehe ich es an
Wir ändern nichts mehr daran
Unser Wir-Gefühl ist vertan

Nein, das ist einfach nicht fair!
Nicht, dass da gar nichts wär...
Gerade genug, um mich zu wollen
Deine Liebe wurde mir gestohlen!

Oh, du beschwerst dich so gern
Doch du wirkst auch so müde
So nachlässig, bist mir so fern
Sag, siehst du mich als Bürde?

Dein Lächeln erstickt in Tränen
Soviele weinte ich schon zuvor
Doch sie wolltest du nie sehen
Bis ich den Glauben an uns verlor

Ja, es gab wundervolle Momente
Erinnerungen an deine Liebe
Sie bleiben als deine Geschenke
Nichts, was ich noch von dir kriege

Hättest du dich doch gekümmert
Als noch Hoffnung für uns bestand
Jetzt ... ist alles zertrümmert
Lass sie los ... mein Herz und Hand

© meteor 2025