Titel | ||||
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235 | Fast vergessene Wörter | |||
Vorschautext: Gar garstig ist es heut im Tann, der Schulze fordert Wächter an. Briganten? Wüten sie in Hainen? Im Tannicht hört man Dirnen greinen. Ersteht ein Truchsess weiland auf, führt zur Bastei sein flotter Lauf, um allda bar von falschem Heucheln Regent nebst Hausgesind zu meucheln? Mitnichten, Tagelöhner sinds, die eingedenk des siechen Kinds, ... |
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234 | Bergbuchen | |||
Vorschautext: Das Bein eines Greifes, der Fuß eines Riesen? Die Stämme der knorrigen Bergbuchen ließen mich rätseln, ob wirkliches Bild oder Mär das faunische Baumwerk am Steilhange wär. Geknechtet von stürmischen Wintern, gewunden, hat jeder der Bäume sein Antlitz gefunden. Kein Ebenmaß, keine gerade Statur erlaubt dieses Formen der rauen Natur. In Felsen verwurzelt, verankert in Steinen, gefestigt zum schützenden Wald sich zu einen, ... |
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233 | schwanenliebe | |||
Vorschautext: daseinspaar in treu ergeben lebenslang niemals bang schwanenart schwanenliebe rührt die seelen lässt gedanken sinnend ranken treiben fliegen ... |
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232 | Kaskade | |||
Vorschautext: Das Bächlein fließt durchs Wiesenweit in Stille und Beschaulichkeit. Nur selten lädt ein Wackerstein zu leisem Plätscherplaudern ein. Mäandern folgt die kühle Fracht, das Spiegelbild der Sonne lacht fast ungetrübt zurück zum Rain, trägt Gold ins blaue Nass hinein. Da stemmt sich ein Fels mit gebrochener Kante dem Wasser entgegen, das nunmehr gebannte ... |
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231 | Giftzahn oder Dolch? | |||
Vorschautext: Als Caesar einst am blauen Nil Kleopatra verehrte, fiel der Pharaonin er schon bald zur Last. Sie fing in einem Wald Uräusschlangen. Julius war Synonym für Überdruss. Gar listig dacht‘ die Königin, ein Biss und Julius ist hin. Das ahnungslose Schuppenvieh tat’s anders. Welche Ironie, in Rom zurück stirbt Caesar doch, denn Brutus macht ihm dort ein Loch. |
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230 | Es wär gelogen | |||
Vorschautext: Mein Nachbar starb, ich sitz und grüble, wie leicht hätt mir das letzte Üble passieren können: Das Begräbnis ist meins, dem Nachbarn ein Erlebnis. Doch wär es absolut gelogen, ich hätt die Sache vorgezogen. |
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229 | Glücksbringer für die Tante | |||
Vorschautext: Der Fliegenpilz, ein Glückssymbol, wohl Schwein und Kleeblatt überlegen als Überbringer für das Wohl im Jahreslauf und dessentwegen Genuss und wahrer Neujahrssegen. Statt Schweinebraten schenkte ich ein rohes Stück des Tupfenpilzes der Tante. Doch recht wunderlich, nach Hüpfart eines Rumpelstilzes benahm sie sich. Ein Stück des Filzes ... |
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228 | Liebeserklärung eines Zoologen | |||
Vorschautext: So schön wie du ist keine Kröte, dem Maulwurf steigt die Schamesröte ins schwarze Angesicht, so matt erscheint sein Fell, wie schwarz und satt dagegen deine Brauen. Laura, des Warzenschweines lichte Aura wirkt stumpf gemessen an dem Licht, das hell aus deinem Antlitz spricht. Das schönste Wesen, das ich kenne, ist nicht der Regenwurm, die Henne, schon gar nicht Egel oder Gnu, das schönste Wesen, das bist du. |
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227 | Was mich an der Nutria stört | |||
Vorschautext: Der Nutria ist auch nicht lieber als unser allbekannter Biber. Man könnte sagen, beide Arten entsprechen menschlichem Erwarten. Nur ist ein Nutria nicht „er“, wie biberlich zu glauben wär. Pronominal ist richtig „sie“, Das stört mich sehr an diesem Vieh. |
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226 | Bergwald im Raureif | |||
Vorschautext: Tannennadeln tragen Mützen, weiße Pelze zieren Buchen. Rauer Reif vermag zu schützen, denn die Eschen, Erlen suchen ihn zur Frostzeit stets als Kleid. Leuchtend helle Weißgewänder schmücken so das Holz der Hänge, mischen Weich in scharfe Ränder, Einheit formt sich aus Gedränge. Silberglanz und Herrlichkeit ... |
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225 | Adventliche Welt | |||
Vorschautext: Aleppos Häuser bersten, brennen, in Mexiko herrscht Bandenkrieg. Sowetos viele Kinder kennen nur Armut. Nirgendwo ein Sieg der Menschlichkeit vor Niedertracht. Die Faust regiert zur stillen Nacht. Die Welt ist kalt. Doch sehe ich den Bettler lächeln, er hält ein Geldstück in der Hand. Besorgte, junge Frauen fächeln dem Kranken Luft zu. Mit Verstand ... |
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224 | Schwyzerdütsch | |||
Vorschautext: Helvetische Verschlüsselung vereitelt die Entzifferung durch Burgenländer, Bayern, Wiener und ohne Zweifel durch Berliner. Gespräche und dergleichen führ ich in Bern, in Rohrschach und in Zürich daher am liebsten in Ivrit, Mongolisch, Lettisch und Sanskrit. Das Bantu-Idiom ist schwer, doch Schwyzerdütsch schon ungefähr ... |
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223 | Goldschmuck | |||
Vorschautext: Rotgold, kunstvoll fein gehämmert, zittert windbewegt. Es dämmert, spätes Licht wird herbstlich mild. Mild erscheint das Spiegelbild gelben Laubs im Wasserblau. Nicht genug der Farbenschau, Tänze bieten sich den Augen, kühle Wirbellüfte saugen Kreiselfrüchte vom Geäst, das sie gerne ziehen lässt. Birkenschmuck löst Blatt für Blatt sich vom Zweig, deckt farbensatt ... |
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222 | Tannenhäher beim Futterhaus | |||
Vorschautext: Muss kalt sein heut, der scheue Tannenhäher schielt nach dem Futterhaus und wagt sich näher heran ans Küchenfenster, sieht mich dort. Der Hunger siegt und treibt die Urangst fort, lässt Sommerfurcht vor Menschenvolk vergessen, er fängt – so eingestimmt – gleich an zu fressen. PS: Ich freue mich, ein Lichtblick schlicht, zwei Meisen sehen diesen nicht. |
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221 | Das fremde Y | |||
Vorschautext: Einst kam das Ypsilon aus Ländern ringsum – man wollte es nicht ändern. Noch heute liest es fremd sich und migrantisch scheint sein Hintergrund. Zur künftig bessren Harmonie geb ich ihm Vorrang vor dem I. Ych byn myr sycher, dyeses Handeln wyrd Argwohn hyn zur Achtung wandeln. Wen stört der leychte Unterschyed ym Aussehn, wychtyg yst, man syeht den Ynnenwert des Lautes, vyel ... |
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220 | wiesenkätzchen | |||
Vorschautext: maiwiesentiger sonnenbanklieger munteres kätzchen prüf deine tätzchen mausohren hören pfoten die stören lass deine augen günselblau saugen lass dich verlocken schnuppern an glocken knabbern an stielen einfach so spielen ... |
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219 | An der frischen Luft | |||
Vorschautext: Der alte Ziegenbock verbringt, ganz zweifellos geruchsbedingt, den Sommer hausfern auf den Weiden. Konflikte kann er so vermeiden. Ein Zustand eitler Wonne. Im kleinen Dorfe herrscht Geraun, der Bocksbesitzer werkt am Zaun schon über dreizehn Stunden, denn seine Eh’frau hat befunden, er bräuchte viel mehr Sonne. ... |
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218 | Zwei Sichten | |||
Vorschautext: Die Schneenebelpferde, sie kennen kein Traben, Galopp oder Ruhe bestimmen das Wesen der Schwaden. Es rauchen die Naben - - die Streitwägen Odins. Verschüchterte Knaben von Erdlingen suchen im Brodem zu lesen, warum das erboste und zürnende Oben es schwer macht, den Julmond Dezember zu loben. Der Mythos der Alten, das nördliche Erbe, strebt hin auf die Umkehr des Lichtgottes Sonne, erst dann weicht das Dunkel, das Grauen, das Herbe, so steht es in Buchenstabs rindiger Kerbe, ... |
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217 | Dezemberalm | |||
Vorschautext: In Dezemberruhe schweigen Wald und Flur, es schläft das Haus. Kahle Lärchenwipfel zeigen hoch hinaus ins Wolkenkraus. Stangentor und Weidezaun halten Winterrast, vertraun auf des Christmonds Friedlichkeit in der Abgeschiedenheit. Wissend spart das Rotwild Schritte, gleicht den Krähen in der Ruh. ... |
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216 | Krippen öffnen Kinderaugen | |||
Vorschautext: Krippen öffnen Kinderaugen, zaubern Irisglanz hervor. Walzenzungenmelodien dringen an das Lauscheohr. Hirten, die ein Lämmchen tragen, dann ein König mit Kamel, dort der Engel mit Posaune, da der Müller mit dem Mehl. In der Grotte Ochs und Esel, Jesuskind im Windelpack. ... |
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