Titel | ||||
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175 | Blind date | |||
Vorschautext: Noch nie zuvor haben wir uns getroffen, doch die allererste Begegnung lässt hoffen. Ende Dezember um Mitternacht fand sich unerwartet ein Jahr ein. Es heißt Zweiundzwanzig. Zutraulich gab es mir - Berliner verschmausend - sogar seinen Vornamen preis, nämlich Zweitausend. Sollten wir feststellen, dass wir uns vertragen, werden wir vielleicht du zueinander sagen. |
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174 | Frisch gelocht | |||
Vorschautext: Die absichtlich zugefügten Narben erstrahlen in allen erdenklichen Farben. Ganz beachtlichen Außmaßes ist auch der durch sie verursachte Haut-Flächenverbrauch. Vor dem Färben ist die Haut zu lochen. Zu diesem Zweck wird sie mit Nadeln gestochen. Von dieser Kunst lässt sich mancher bestechen. Doch das könnte sich später mal rächen, denn von diesen Kunstwerken die alten werfen früher oder später Falten. Sie sind dann kaum zu restaurieren und auch nicht zu ent-tätowieren. ... |
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173 | Der sonderbare Adventskalender | |||
Vorschautext: 1. Dezember Wie ich die Wartezeit verkürze? Indem ich zum Kalender stürze, Sobald ich aufgestanden bin. Will ich gleich wissen: Was steckt heut' drin? Na und was war hinter dem ersten Türchen? Hinter der Tür hat es lecker gerochen. Ich habe sie sofort aufgebrochen. Schmeckt Seife so gut, wie sie riecht? Ich will’s wissen und nehme einen großen Bissen. ... |
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172 | Bei Spaziergängen von der (linken) Seite zu deklamieren | |||
Vorschautext: Mit Nazis im Gleichschritt zu spazieren ist kein seriöses Demonstrieren. Keine berechtigte Meinung begründet, dass man sich mit jedwedem verbündet. Schau genau, um wen sich's handelt, der an deiner Seite wandelt. Euer Recht ist, dass ihr die Meinung verkündet. Doch prüft, mit wem ihr euch verbündet! Ihr tut rechte Meinung kund, ... |
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171 | Gut überlegt | |||
Vorschautext: Nikolaus, ich stelle dir Papas Schuh vor unsre Tür. Mein Schuh war mir viel zu klein. In Papas passt viel mehr hinein. Ach, bei der Gelegenheit stell’ ich den zweiten auch bereit. Das tue ich, weil ich mir denke, du hast dann mehr Platz für Geschenke. |
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170 | Zum neuen Jahr | |||
Vorschautext: Wie immer schon das Sprichwort lehrte, ist vorbei, was lange währte. Ein Jahr, das mehr nicht taugt und kann als Zweiundzwanzig tut gut daran, dass heimlich sich's von dannen schleicht, eh' Ihr's aus dem Kalender streicht. Pendel und Kaffeesatz prophezeihen's: Jetzt kommt die Phase des Gedeihens. Das Jahr, das Ihr nun vor Euch habt, ist (im Verhältnis) hochbegabt. Gegönnt sei Euch, Euch an dem neuen ... |
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169 | Weniger ist mehr Marzipan | |||
Vorschautext: Mit Zucker geht man gern zu weit - besonders in der Weihnachtszeit. Kaum mehr als für den hohlen Zahn ist so ein Stückchen Marzipan. Weg soll es sein, bevor man giert, darum hab' ich es rationiert, so wie man das für Freunde tut: Meint man es mit ihnen gut, bewahrt man sie vor Überfluss, auch wenn man selbst ihn essen muss. |
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168 | Finanzdecke | |||
Vorschautext: Der Etat ist licht gewoben, sein kleiner Heizwert rasch zerstoben. Ein Negligé dient nicht dem Zwecke, dass es uns wohlig warm bedecke, sondern das Wind durch Löcher sause, wie bei der Kirchenmaus zu Hause. |
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167 | Guter Rat | |||
Vorschautext: Lass weise Nachsicht und Milde walten mit Menschen, die ihre Versprechen nicht halten! Die Motivation übersteht es nicht, verwandelt man Eigenantrieb in Pflicht. |
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166 | Analoge Navigation | |||
Vorschautext: Ein Auto-Navigations-System ist vorlaut und mir nicht genehm, weil es den schönsten Umweg vermasselt, indem es unaufhörlich quasselt. Stattdessen führe ich bei mir eine Landkarte aus echtem Papier. Sie ist von haptischer Natur und dinglich, und sie verhält sich unaufdringlich. Gelassen bleibt sie und schweigt still. Sie lässt mich fahr`n, wolang ich will ... |
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165 | Elch-Sichtung | |||
Vorschautext: Die eigensinnigen Elche von Schweden beehren mit ihrer Präsenz nicht jeden. Von der Sichtung hast du lang schon geträumt, doch noch nie hat ein Elch deinen Weg gesäumt. Er bleibt stets hinter Bäumen versteckt, damit ihn kein Tourist entdeckt. In Wahrheit kommt's nur darauf an, dass der Elch DICH sehen kann. Lass dich trösten und überzeugen: Der Elch war da, dich zu beäugen. |
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164 | Glückwunsch zur Hochzeit | |||
Vorschautext: Was lange währt, war immer gut. Wer lange prüft, weiß, was er tut. Sogar aus der Nähe kennt Ihr Euch genauer. Der Zustand der Ehe ist fortan von Dauer. Beziehung gereift und gediehen ist kostbar wie noch nie. ... |
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163 | Optische Täuschung | |||
Vorschautext: Zwar seh' ich wie ein Leichtgewicht aus, doch so leicht bin ich nicht. Mein Gewicht gibt deutlich mehr als meine schlanke Optik her, und die Waage zeigt gern an so viele Kilo wie sie kann. |
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162 | Chaos-Theorie überarbeitet | |||
Vorschautext: Fluginsekten war'n nicht mehr mein Ding, seit ich hörte vom Chaos-Schmetterling, der Tornados zum Toben bringt, indem er seine Flügel schwingt. Dann aber hab' ich nachgedacht und mich gefragt, wie er das macht. Kurz später kam ich zu dem Schluss, dass das gar nicht stimmen muss. Eigentlich kann das gar nicht sein. Ein Schmetterling ist viel zu klein. ... |
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161 | Die Dosis entscheidet | |||
Vorschautext: Iss Weihnachtsplätzchen, bis du rund bist! Von der Dosis hängt ab, was gesund ist. Bei Plätzchen verhält sich allemal Gesundheit zu Menge proportional. Das hat einst Paracelsus entdeckt. Auch ihm haben Weihnachtsplätzchen geschmeckt. |
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160 | Blick aus dem Zugfenster | |||
Vorschautext: Dieses Jahr wird langsam alt. Draußen ist es grau und kalt. Still sitze ich im Zugabteil am Fenster und schaue raus. Derweil flieht draußen die frierende Landschaft nach Süden. Kein Wunder! Der Winter kann ermüden. |
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159 | Nachsicht | |||
Vorschautext: Stehst mit offenen Armen, schaust mit offenen Augen auf die Geschehnisse der Welt. Lässt geduldig geschehen, was immer sich Deinem Blick bietet. Die Verantwortung für unser Handeln ist in unsere Hände gelegt. Wir sind bevollmächtigt, Gutes zu tun. Oder Schlechtes. Sowohl als auch. Des Guten wie auch des Schlechten Maß ist relativ. Die Bemessengsgrundlage des einen ist oft das andere. ... |
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158 | Zum Fortlaufen | |||
Vorschautext: Das Alter, betrachtet man‘s numeral, steigt zwar jedes Jahr einmal, wir altern, sind wir mit uns ehrlich, jedoch fortlaufend und nicht jährlich. Und dagegen hilft eindeutig nur eine gute Verjüngungskur. |
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157 | Unerwartete Wende | |||
Vorschautext: Allein der Wille zum Sieg im Disput macht Argumente nicht zwangsläufig gut. Hingegen verleiht spontane Poetik Einer jeden Diskussion Ästhetik. |
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156 | Überlegungen nach dem Spaziergang | |||
Vorschautext: Haben wir's einfach nur verschlafen, oder war da kein Wasser im Hafen? Wir jedenfalls haben keins wahrgenommen. Vielleicht war es wirklich davongeschwommen, oder der Westwind hat's fortgetrieben. Vielleicht wäre es bei Ostwind geblieben. Oder lag es im Becken und hat geschmachtet, dass jemand es bewundernd betrachtet? Wir haben ihm keine Beachtung geschenkt. Was jetzt wohl das arme Wasser denkt? Verblüffend ist immer wieder wie blind wir für die gewohnte Umgebung sind. ... |
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