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Gedichte über Krankheit - Seite 115


Die Hörgeräte

Leise wollte auf die Welt ich kommen.
Da die Hebamme kein Wort vernommen,
klatschte sie auf den Po mir fein
und ließ mich so ins Leben schrei‘ n.

Der Lehrer in unserer Klasse der Frechen,
wollte, dass wir laut und deutlich sprechen.
Die Erwachsenen sollten uns nicht nur sehen,
sondern unsere Sprache auch verstehen.

In der Lehrzeit als Azubi war es Pflicht,
dass man laut und höflich spricht.
Kannte man die Kunden auch wie alte Latschen,
hieß es laut und verständlich quatschen.

Nicht gerade höflich, doch dafür laut,
hat die Armee mich aufgebaut.
Der Ausbilder schrie wie ein Stier,
dabei stand er neben mir.

Beim Studium laut im Hörsaal reden,
ohne Mikro traf es einmal jeden.
Man musste die Hübschen und Schönen
bei ihrem Flirten übertönen.

Die Arbeit wurde leichter, wie es schien,
doch Maschinen lärmten, alle schrien.
Als erste sagte meine Braut:
„Du, du schreist so laut!“

Die Ehefrau mahnte später: „Ruhe!
Die Kinder schlafen in der Truhe.“
Ein Telefon musste ich nicht buchen,
nur Fenster auf, die Richtung suchen.

Als der Betrieb ward umgebaut,
hieß es plötzlich: „Du sprichst zu laut!“
Selbst ins Bordell durft ich nicht rein,
mein Stöhnen wär schädigendes Schrei‘ n.

Ich selber hab bald dumm geschaut,
mich zu reden kaum getraut.
Da hörte ich meine Nachbarn sagen:
„Du müsstest HNO mal fragen.“

So begann mein Weg der Leiden,
den ich eigentlich wollte vermeiden.
Da der Hausarzt meine Stimme kannte,
ich gleich zum HNO-Arzt rannte.

Dort bohrte man in meinen Ohren
und hat das alte Schmalz geboren.
Dann schoben sie mich ins Separee,
und lehrten mich das ABC.

Vom leisen Affen bis zur lauten Ziege,
das Lexikon ich über Kopfhörer kriege.
Dazu Frequenzen auf schonende Weise,
doch für mich war alles zu leise.

Deshalb schrieb man auf die Schnelle
ein Protokoll an jener Stelle.
Das ergab dann mit Verlaub,
ich kann nichts hören, ich bin fast taub.

Und ich sollte mich bewegen
und mir ein Hörrohr schnell zulegen.
So eines, wie ich es gesehen hätt,
im Fernsehen bei Opa Hoppenstädt.

Ich machte deshalb nicht viel Wind
und eilte zur Akustik-Firma geschwind.
„Guten Tag, treten sie ein,
darf es etwas zu trinken sein?“

Hut und Mantel an den Nagel kommen
und dann wird kurz mal Platz genommen.
Wieder geht es ins Separee
und wieder höre ich das ABC.

Wieder gibt es ein Protokoll,
auch sein Ergebnis ist nicht toll.
Dafür formte man schon
meine Ohrmuscheln aus Silikon.

Wir sehen uns wieder in einigen Tagen,
dann werde ich Geräte zur Probe tragen.
Die Tage vergingen viel zu schnell,
schon stand ich wieder an der Stell.

„Das Rote rechts, das Blaue links,
nicht vertauschen, dann gelingt‘ s.“
Gemeint war jener Muschelpunkt,
der gleich in jedes Ohr getunkt.

Der Verstärker zu verstärken beginnt,
fremdes Geräusch mir durchs Gehirne rinnt.
Ich hör nun plötzlich solche Sachen,
die teils Spaß, teils Ärger machen.

Regler rechts und Schalter links?
Beides gleich ist neuerdings.
Keine Schwiegermutter wird mehr stören,
ich kann sie nun von weitem hören.

13.02.2019 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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Eine kleine Anregung zum Nachdenken ...

Jeden Tag ist es immer dasselbe.
Mum sieht, es geht mir schlecht, wirft mir vor,
mein Leben nicht auf die Reihe zu bekommen. 

Ich solle mir endlich Arbeit suchen,
zusehen, dass ich ausziehe.
Ach ne ... Als ob ich das nicht versuchen würde. 

Leider stehen mir meine Depressionen
und Angstzustände im Weg, die sich negativ
auf meinen Körper auswirken.

Negativ auf meinen Körper, negativ auf mein Leben,
aber das sieht sie natürlich nicht.
Keiner von beiden sieht es.

Ich sehe doch gesund aus, also muss es mir doch gut gehen ...
Tut es aber nicht, verdammt nochmal! 

Mum und Dad laufen blind durch die Welt,
betrachten alles nur oberflächlich,
hinterfragen nichts und nehmen alles einfach so hin.

Die beiden schieben einander die Schuld
für irgendwas in die Schuhe,
können sich ihre eigenen Fehler selber nicht eingestehen!

Immer sind es die anderen ...
Ich frage mich andauernd,
wieso ich keine liebevolle Familie abbekommen habe.

Wieso immer alles so scheiße gewesen ist. 
Im Gegensatz zu meinen Geschwistern
hatte ich ernsthafte Probleme in meiner
Jugend und musste mich irgendwie durchboxen. 

Wieso war keiner von ihnen für mich da? 
Ja, ich habe mich im Stich gelassen gefühlt.
Wenn schon unsere Eltern so verkorkst waren,
wieso waren meine Geschwister dann nicht für mich da?

Haben mich verteidigt oder in Schutz genommen?
Tja, diesen Kampf musste ich alleine durchstehen
und den habe ich verloren  ...

Wenn ich draußen spazieren gehe oder im Bett liege,
schießen mir tausend Fragen durch den Kopf. 
Fragen, auf die ich keine Antworten habe.

Wie z.B. Was stelle ich mit meinem morgigen Tag an?
Wie lange bleibe ich diesmal im Bett liegen?
Womit muss ich mich morgen schon wieder auseinandersetzen? 
Wie lange werde ich wohl diesmal auf meinem Bett sitzen
und Löcher in die Luft starren?

Diese Grübeleien sind furchtbar und nervig.
Rauben mir meinen Verstand und verfolgen mich
in meinen Schlaf hinein, bis hin zu meinen Träumen.

Eine Endlosschleife von Qualen,
die mich seit Jahren nicht in Ruhe lassen ...

Es gibt Menschen,
deren Verhalten mich einfach anwidert!
Ich bin auch nicht perfekt.
Ja, ich habe mal etwas geklaut, gelogen
und ich war ein zickiges unhöfliches Mädchen. 

Aber ich habe nie jemanden ernsthaft körperlich verletzt
oder umgebracht. 
Wieso tut man sowas?
Einen Menschen töten?
Was geht in solchen Menschen vor?

Auch Fragen,
die sich nicht so leicht beantworten lassen. 
So etwas macht man nicht! 
Liegt es an unseren Trieben?
Daran, dass einige Menschen ernsthaft krank und gestört sind?
 
Es gibt die absurdesten Gründe, wieso ein Mensch so handelt,
wie er gehandelt hat  ...
Diese lassen mich mit dem Kopf schütteln
und machen mir ehrlich gesagt Angst.

Ich kann nicht mal ohne Pfefferspray draußen
durch den Park spazieren gehen,
der direkt vor unserer Türe ist,
ohne jemandem zu begegnen,
der sich zwielichtig verhält ...

Wo kann man sich heutzutage sicher fühlen? 
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht ...

Ohne irgendwelche Vorurteile zu haben ...
Ob Ausländer oder Deutsche,
wir verhalten uns beide respektlos. 
Beide Parteien müssen mit Vorurteilen leben.

Wir deutsche werden als ’Neonazis’ beschimpft
und die Ausländer müssen sich auch andauernd irgendwas anhören.
Dabei sind nicht alle Menschen gleich!

Selbst wenn mal einer aus der Reihe tanzt,
müssen die anderen nicht gleich auch so schlecht sein.
Wo liegt das Problem, einfach mal in Frieden zu leben
und sich gegenseitig zu unterstützen?

Dafür sind die Menschen wohl zu verschieden.
Jeder hat seine eigene Sichtweise, auf das Leben. 
Dabei sind wir die gefährlichste Spezies auf diesem Planeten ...

Das sind auch so Themen,
über die ich die ganze Zeit nachdenke.
Dabei könnte mir das doch alles egal sein.
Was zählt, ist mein Leben und nicht das der anderen!

Leider leben wir in einer Gesellschaft,
die uns unter Druck setzt und nicht mal anständige
Vorbilder vorzuweisen hat. 
Wir leben in einer Gesellschaft,
die auch Menschen wie mir gegenüber Vorurteile hat ...

"Depressionen, das ist doch nur eine Phase.
Das muss man doch nicht ernst nehmen."
Oder "Man kann es auch übertreiben. Anderen Menschen
geht es schlechter." 

Und wieso begehen dann so viele deswegen Suizid? 
Kann mir das mal jemand beantworten?
Wieso verhält sich die Gesellschaft teilweise so unmoralisch? 
Kann nicht einfach jeder so akzeptiert werden, wie er ist? 

Dieser Druck und diese Erwartungen
treiben mich in den Wahnsinn und
ich kann denen nicht gerecht werden ...

Es gibt einfach viel zu viele Fragen, die nicht beantwortet werden können. Fragen, die Millionen zu Diskussionen anregen.
Fragen, die Menschen zum Nachdenken anregen
und zum richtigen Handeln bewegen sollen ...

Manchmal weiß ich einfach nicht, was ich zu einigen Dingen sagen soll. 
Deswegen schweige ich lieber und philosophiere vor mich hin.
Denke darüber nach, wie sehr mir die Welt Angst macht.

Bin ich überhaupt dafür gemacht? Für das Leben?
Bin ich bereit, mich der Herausforderung zu stellen?
Einfach zu leben? 
Auch darauf, habe ich keine Antwort  ...


© Lily .N. Hope
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