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Gedichte zur Dunkelheit - Seite 4


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Ich habe verdammt nochmal Angst!

Habe Angst davor nach draußen zu gehen,
mich unterhalten zu müssen,
mit fremden Menschen,
deren Erwartungen zu erfüllen.

Während ihre Blicke auf mir ruhen,
mein Körper unbändig zittert,
mein Herzschlag sich beschleunigt,
meine Augen nach einem Fluchtweg suchen.

Habe Angst vor meiner Familie,
davor, mich rechtfertigen zu müssen,
auf Unverständnis zu stoßen,
wie immer im Stich gelassen zu werden.

Ich rolle mich zusammen,
mache mich innerlich ganz klein,
versuche mich zu wappnen,
für das Kommende.

Bin wie ein Embryo,
sehne mich nach Liebe und Geborgenheit,
fühle mich ganz hilflos,
während ich mir selbst überlassen bin.

Habe Angst vor meinen dunklen Gedanken,
ihnen zuhören zu müssen,
sie nicht ausblenden zu können,
wahnsinnig zu werden.

Ich streife durch die Natur,
nehme um mich herum alles wahr,
sauge gierig Luft in meine Lungen,
drohe sonst zu ersticken.

Habe Angst vor einer Therapie,
davor, dass alles umsonst ist,
dass alles nur noch schlimmer wird,
dass mein letzter Funken Hoffnung erlischt.

Sie ist meine letzte Chance,
will nicht versagen,
habe keine Kraft zum Ausprobieren,
wir beide müssen an einem Strang ziehen.

Angst davor, mich der Dunkelheit zu ergeben,
mich fallen zu lassen,
mich einfach so aus dem Staub zu machen,
den langwierigen Kampf zu verlieren.

Wer war ich? Und wer bin ich jetzt?
Mein Leben in einer Endlosschleife,
langweilig mitanzusehen,
kann mich selber nicht mehr ertragen.

Vor all diesen Dingen habe ich Angst,
aber die größte Angst habe ich vor dem Leben,
für mich ist es eine Qual,
will es mir nicht schönreden.


© Lily .N. Hope


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Mephisto

Mephisto

Nicht als Pudel,
kamst Du in mein Leben.
Wollte auch nach Weisheit streben.

Faust´s Mephisto* war mir begegnet,
ein Pudel** nicht gesegnet.
Verkleidet in fremder Gestalt,
die Bosheit und Gewalt.

Die Intelligenz hatte es mir angetan.
Mit rosa Brille, wie im Tran,
hab die Pudelmütze nicht gesehen,
die mich hätte warnen müssen,
vor dem weiteren Geschehen.

Die Pudelmütze im Gepäck,
gut versteckt, hatte die Gabe,
alle Dinge zu erfahren,
die den Menschen fehlt,
um sich unbeseelt,
in die Lücken einzubringen,
die richtigen Lieder,
zum richtigen Zeitpunkt,
singen.

Vom scheinbar, göttlichen Gesang,
war ich total befangen.

Endlich,
jetzt kann ich mit jemand reden
der versteht mein ganzes Leben.
Weiß was ich gern esse,
verwöhnt mich,
Ihn nicht mehr verlasse,
meinen Ehemann,
...stattdessen hasse.

Groß gewachsen, grüne Augen, Anzug, mit schwarzen Schuhen.
So einen Mann wollte ich,
ganz geschäftstüchtig
und väterlich.

Schutz hat er mir dargeboten,
vor allem vor dem,
was „normal“ verboten.
Meine Neugierde geweckt,
was noch alles in ihm steckt.

Ja, er hat mich gewarnt,
vor sich und seinem Leben.
Er nie ein Zuhause hatte,
drei Frauen vor mir,
konnten es Ihm, nicht geben.

Das wollte ich gern mit Ihm Leben.
Wollte unbedingt beweisen,
dass jeder Mensch Fehler hat,
so wie ich die mache, Tag für Tag.
Oft dafür gesteinigt wurde,
wenn was schief ging,
war ich schlecht,
ging es gut,
lediglich der Knecht.

Ich meinte,
wir sind aus gleichem Holz,
so froh Ihn endlich,
...endlich gefunden zu haben.

Mein Leben mit Ihm teilen,
alte Wunden gemeinsam heilen.
Die Welt,
nach unserem Sinn gestalten.
Egal was andere davon halten.

Allein war ich im Geist,
so lange vor ihm,
dachte ich,
verliebte mich unsterblich
dadurch nur in Dich.

Als Frau mich,
selbst wieder zu spüren.
Dazu konnte er mich verführen.
Komplimente nicht mit Worten,
an verschiedenen Orten.

Er hat mir gezeigt,
ist mir geneigt,
alles zu erreichen,
gemeinsam, stellen die Weichen.

Egal was passiert,
wir gehören zu den Reichen,
die das Leben nun beschenkt.
Keinen von uns beiden,
jemals wieder einschränkt.

Wir sind so gleich,
in Vielem, dachte ich.
Seine Mütze im Gepäck,
nahm ich wahr,
zu blind zu erkennen die Gefahr,
Die indes Gleichnis** Bildes steckt.

Warum sind die anderen Frauen,
immer von Ihm abgehauen?
Konnten sie Ihm nicht trauen?
Warum liebt er Lieder und Texte
die so gewaltvoll und gemein?

Naiv,
nahm ich entgegen,
seine Hand.
Sprang ab mit seiner Hilfe,
aus dem Alltags Trott.
Verzeihen kann ich Ihm heut,
auch dem lieben Gott.
Es war meine Entscheidung,
dahin ließ ich mich entführen.
Gesehen nicht die Verkleidung,
die mich normalerweise irritiert.

Zu spät hab ich erkannt,
mein altes Leben selbst zerstört,
ich bin einfach nur gerannt.
Nach dem Strohhalm greifen,
der mir geboten wurde.
Mein Alter Ego abstreifen,
vor die Füße legen,
wie mein ganzes Leben.

Endlich fühlte ich mich frei,
zu kurz war die Träumerei.
Die schwarze Mütze
nahm er schnell heraus.
Es war ein Graus.

Die Wahrheit so schnell erkennen,
konnte nicht mehr wegrennen.
Der Packt war geschlossen.
Mit Blut besiegelt und vergossen.

Danach die Tränen.
Es half nicht´s.
Brachte Ihn, nur, zum Gähnen.

* Faust I, Johann Wolfgang von Goethe
**Faust I: „Das also war des Pudels Kern!“
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Nichts sehen, aber verstehen

Seht ihr dort den Jungen stehen,
er ist gehandicapt, er kann nichts sehen.
Angeblich als der Liebe Kind,
er sich auf der Erde befind‘.
Doch seine Eltern haschten wohl
und tranken sehr viel Alkohol.

Die große Menge dieser Chemie
veränderte des Ungeborenen Biologie.
Bereits bei der Geburt stellte man fest,
das Augenlicht ist nur ein Rest.
Er wuchs auf bei den Verwandten,
die ihn ihren „Liebling „ nannten.

Er spürte Wärme und Menschlichkeit,
auch unsere Hilfsbereitschaft zu jeder Zeit.
Was andere mit oder ohne Brille sah’n.
konnte er nur fühlen, hören und erahn‘.
Er ging stets die gleichen Strecken,
mit seinem Freund dem weißen Stecken.

Damit fand er Hindernisse und Straßenkanten,
weshalb wir ihn auch „Gullylatscher“ nannten.
Das war aber nicht böse gemeint,
im Gegenteil, es hat uns vereint.
Er zeigte uns wie im Dunkeln man
sich trotzdem orientieren kann.

Bei der Begrüßung seine Finger hasten
und sein Gegenüber leicht abtasten.
Da braucht man nicht zu erschrecken,
Nase und Lippen den Rest entdecken.
Beim Begrüßungskuss hat er entdeckt,
wonach jeder Einzelne schmeckt.

Und er lehrte uns zu hören,
wenn auch laute Geräusche stören.
Vieles haben wir nicht einmal gesehen,
doch er ließ den Kopf uns danach drehen.
Ob die Sonne wärmt, der Wind uns kühlt,
er vorher schon das Wetter fühlt.

Er arbeitete lange Zeit als Telefonist
mit Technik, die sehr selten ist.
Ein Glühlampenschrank war umgebaut,
bei Anruf nur ein Stiftchen schaut.
Modernste Elektronik jetzt auftaucht,
doch niemand mehr Telefonisten braucht.

Sehe ich nun wie er tastend stakt,
hake ich ihn unter ganz ungefragt.
So kann er auf Erholung machen
und wir quatschen über neuste Sachen.
Als Dritten in unserem langjährigen Bund
wünscht er sich nur noch einen Hund.

07.02.2019 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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