Gedichte Über Bilanz - Seite 138

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Der 9.November 1989

Wie einige wissen, ich war ein Kind der ehemaligen DDR.
Meine Heimat und mein Land in dem ich aufgewachsen bin
mochte ich damals als junger Mensch sehr.
Keiner hätte gedacht, das irgendwann die Mauer fällt.
Wir glaubten, das die innerdeutsche Grenze ewig hält.
Wir waren ein geteiltes Land, fanden das Gute in der DDR interessant.
Wir waren noch klein, die meisten (nicht alle) lebten unbeschwert, wir
spielten zusammen, in der Schule hat man uns den Sozialismus gelehrt.
Am 9.November 1989 habe ich meinen 18.Geburtstag gefeiert,
alles hat sich mit diesem einen Tag verändert.
Mit der Öffnung der Grenze begann für mich und für die Menschen
in der DDR "eine neue" ungewohnte Zeit.
Heute vermisse ich den Respekt der Menschen untereinander,
den Zusammenhalt und die berufliche und wirtschaftliche Sicherheit.
Trotzdem haben wir doch gemeinsam auch viel erreicht.
Wir haben schwere Zeiten gemeistert, aber es war und es ist
"damals wie heute" nicht immer alles so leicht.

- Fiktion -

Jahrzehnte gingen ins Land,
sein Leben, von innen und außen
streng reglementiert,
verlief in engen Bahnen,
sein Weg war vorgezeichnet.
Mimik und Gestik wirkten
wie eingefroren,
innerlich erstarrt, gefühlskalt
und rigide im Denken,
steckte er in der Routine fest,
trat auf der Stelle,
geriet in eine emotionale
und geistige Sackgasse.
In seiner Erinnerung
schrumpfte sein Leben,
bis jede lichtvolle Freude
entwichen war und nur
dunkle Leere zurückblieb.
Als der Tod ihn ins Visier nahm,
allmählich näher rückte,
erste Schatten auf seine Seele warf,
fragte er sich ernsthaft
mit gebrochener Stimme
und gequältem Blick:

„Soll das alles gewesen sein?“

Ob er wohl jetzt eigene Wege geht?

Wann war nur der Augenblick
an dem ich vergaß
am Leben teilzunehmen,
es in mich hineinzusaugen?

Wann war der Moment
an dem das Leben
nur an mir vorbeiflog
ohne, dass es mich interessierte?

Wann wurde ich so gleichgültig
Allem gegenüber,
so dass sich das Leben
immer weiter, von mir, entfernte?

Wann wurde ich so müde,
allem Neuen überdrüssig,
so dass ich so langsam

aus der Zeit herausgefallen bin?

© Michael Jörchel

Der Tod nimmt

Der Tod nimmt jedem alle Macht,
Niemand von uns kann wirklich bleiben.
Er zieht uns in die dunkle Nacht,
Die wirklich niemand kann beschreiben.

Schlimm ist es für den Reichen schon,
Der überhaupt nicht sterben will:
Erreichen will mit bettelndem Ton
Er, dass weiter geht sein Erdenspiel.

Doch jeder wird der schönen Welt
Am Ende Abschied sagen müssen.
Da hilft ihm auch nicht alles Geld,
Wenn er die Sense muss dann küssen.

Vergänglichkeit und auch Vergessen
Sind aller Leben Maß und Ende:
Wo großer Reichtum ausgemessen,
Gibt es für niemanden die Wende.

Mancher wird Bilanz dann ziehen:
Was war gut, war ich nicht schlecht?
Wird er sich darum wirklich mühen:
Wo war ich fair, wo ungerecht?

©Hans Hartmut Karg
2025

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