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Gedichte über Angst - Seite 141


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Relikte der Vergangenheit

Gestern Abend kam Besuch,
es klingelte drei Mal.
Ich legte beiseite mein Buch,
merkte mir die Seitenzahl.
Der Bürgermeister kam,
er sprach von seiner Wahl.
Vor 3 Monaten er das Amt annahm
nun gäbe es eine neue Qual.

Im letzten Krieg, als der bald vorbei,
der Führer noch fest im Bunker saß,
war vor unserem Ort großes Kriegsgeschrei
als die Front kam, die keinen vergaß.
Weil der Feind mit Panzern näher rückte,
die Autobahn war leer und intakt,
man die Brücken mit Granatwerfern bestückte,
die selbst neuste Panzer geknackt.

Welle um Welle rollten die Ketten,
und wurden zu Schrott geschossen,
um noch etwas Deutschland zu retten,
durch jugendliche Volksgenossen.
Der russische General wiegte sein Haupt,
er vernahm die Verluste,
Stalin hat ihm den Humanismus geraubt,
sodass er siegen musste.

Drei Flugzeuge forderte der General,
bestückt mit Bomben zentnerschwer,
die zogen mit todbringendem Stahl
über die Verteidigungsstellungen her.
„Bomben ab!“ die Befehle platzten,
die Piloten klinkten sie aus.
Während sie die Kurve kratzten,
traf es unten Mann und Maus.

Im Schutz der Katjuscha-Raketen
ist ein T 34 seitwärts gewichen.
Salven nur die Baumkronen mähten,
er ist durch Dörfer geschlichen.
Er fuhr neben der Straße, im Nu,
die Karabiner konnten ihm nichts tun,
drückte er die Schützengräben zu,
der Kampf musste ruh‘ n.

Die Autobahn war offen und frei,
der russische Sieg sicher schien.
Der weitere Weg war Spielerei
zum Sturm auf die Festung Berlin.
Die Toten machten keine Sorgen,
in Gruben, gemeinsam oder alleine.
Der Umbetter aber hat sie geborgen,
von Hunderten Soldaten die Gebeine.

Und jetzt nach so vielen Jahren
manchem braven Häuslebauer
sich immer noch Funde offenbaren
mit einem furchtbaren Seelenschauer.
Der Bürgermeister ist immer dabei
und keiner kann ihm beruhigt sagen,
legt man wieder so ein Relikt frei:
„Das war die letzte aus jenen Tagen!“

30.11.2017 © W.R.Guthmann
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