Gedichte über Macht - Seite 12

Pfarr-Herr in der weißen Kutte,
'hörte' meinen Hilfe-Schrei!
Wollte meine Seele retten,
hat jedoch mir Gott entweiht. 

Sprach mich schuldig, arme Seele,
die er schleunigst retten muss.
Seele, die man vorher quäle,
kann man retten, welch‘ Genuss!

Meine Seele – nicht zu retten!
Geb‘ sie Allem einfach hin.
Mein Gott legt mich nicht in Ketten,
lässt mich sein, das was ich bin.
 
Schwermut trägt mich und auch Frohsinn -
suche Sinn, mal leicht, mal schwer,
weil Licht der Welt seit Anbeginn
war für mich wie tiefes Meer. 

Bin noch lange nicht ertrunken,
schwimme oft mit Gottes Kraft.
Doch göttlich‘ Kutte ist erstunken -
Sünder aus uns allen macht.

 

in Glashäusern
sitzen sie
die Politiker

und die Welt
schaut ihnen zu

nur nachts
wenn das Licht
im Dunkel zerfällt

wird bewegt, was nicht
die Öffentlichkeit
erhellt

keiner, keiner
von ihnen
wird zum Kritiker  

sie schauen
sich gegenseitig zu

und warten bis ein Stein
ins Glashaus
des anderen fällt… 

und keiner will’s gewesen sein.

 

Oh Wladimir, ach Wladimir,
der halben Welt, der graut vor dir.
Du gibst so gern den Lebemann,
doch bleibst zum Schluss, du ein Tyrann!

Fast siebzig Jahre bist du nun,
bist kampferprobt, bist ein Tribun,
der auch mal über Leichen geht,
wenn jemand dir im Wege steht!

Die Krim, die hast du einkassiert,
dein Volk das wirkt meist recht frustriert.
Gerechtigkeit, heißt Putins Recht,
das findet mancher Mensch doch schlecht!

Opposition ein leeres Wort,
man findet sie kaum noch vor Ort.
Nawalny, der bleibt eingesperrt,
in Russland läuft gar viel verkehrt.

Den Lukaschenko hältst du aus,
kein Diktator, war dir je Graus.
Deckst Assad und manch fiesen Schrat,
gibst mächtig dich und machst auf hart.

Im Kreml pfeift man stets dein Lied,
hier zählst du als Garant und Schmied,
der Einheit Russlands, grau und kalt,
hier kennt man nur die Staatsgewalt!

Oh Wladimir, ach Wladimir,
auch du wirst Opfer deiner Gier.
Auch deine Tage sind gezählt,
wenn man den Weg der Freiheit wählt!

© Hansjürgen Katzer, November 2021