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Gedichte über das Leben - Seite 751


Underdog … under dogs

Ein Poet, bei seinen Werken
ständig von denselben Leuten
immer wieder, fast schon peinlich
mit dem gleichen Lob bedacht
hat er ohne es zu merken
darauf kann es nur hindeuten
leider mehr als nur wahrscheinlich
keinen Schritt nach vorn gemacht

Lyrik, die so ausgeleiert
dürfte längst nicht mehr so heißen
nur weil eine Fangemeinschaft
unbeirrbar darauf schwört
Sprache, die so kraftlos eiert
können nur noch Köpfe preisen
wo sie’s grad so lang hineinschafft
wie sie nicht die Ruhe stört

Fans, die eisern zu ihm stehen
bis er ersten Rost ansetzt
solche Art Erfolg macht schläfrig
ist ja auch zu angenehm
Etwas Neues anzugehen
was er eigentlich sonst schätzt
hier versäumt er es fast sträflich
weil es so verdammt bequem

Gläser klirren, Korken knallen
wird sein neues Werk begossen
ohne Leidenschaft geschrieben
hat es weder Kraft noch Schwung
Kann nur wahren Fans gefallen
haben`s gleich ins Herz geschlossen
was sie aber gar nicht lieben
jede Art Veränderung

Und wie steht’s um die Eliten?
Und was sie zum Besten geben?
Und die Kreise, die sie loben?
Auch ihr Lob dreht sich im Kreis
Haben auch nicht mehr zu bieten
wozu noch nach Höh`rem streben
wenn er irgendwann dort oben
ist und auch nicht weiter weiß?

Sind auch keine Fans, die loben
`s ist die Konkurrenz, dort oben
Tut dies fast schon überschwänglich
doch genauso unverfänglich
klingt ihr “Klasse! Toll wie immer.“
Oder, was beinah noch schlimmer
freundlich bissig “Weiter so!“
Denn das heißt ja irgendwo
dass es wohl zu mehr nicht reicht
Unter uns: Es stimmt vielleicht
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Der Mauerfall

Ohne Aufenthalt,
stürmst du,
das uferlose Berlin vor Augen,
über die zugeschütteten Sandburgen
deiner ausgehärteten Eindrücke,
die an den Duft des Straßenkampfs erinnern,
als wir uns an die Freiheit wandten.
Mit fliehenden Stirnfalten
wandernder Lebenslinie
richtest du deine Blicke nach links und rechts,
zweier Zwillingssterne gleich,
die unzertrennlich, dem freien Fall
aus ihrer gewohnter Umlaufbahn trotzen.

Ich sehe dich heute wie damals,
prächtig, wie du bei heftigem Seitenwind
über unbelasteten Boden schwebst.
Beinahe wie ein Kind ohne Ziel,
das nichts weiß von Leben und Tod,
noch das vermittelnde Gefühl kennt,
das sich dann einstellt,
wenn ein entwischter Traum
wie der einer Seifenblase,
die Hals über Kopf
einzig dem ungeübten Todeskuss
unablässig entgegenstrebt.

In wagemutiger Vorausahnung
aber unwirklich im Erkennen,
diesen fürchterlichen Moment,
der sie in jeder Sekunde
kaputtzuschlagen droht,
indem sie unwillkürlich
auf das Hindernis prallen muss,
auf den bleigrauen Plattenbau-Untergrund,
der sich in den Weg stellt,
wo Luftblase in Seifenwasser gerahmt
anschließend hilflos zerplatzt -
die Explosion
einer im Herbst geworfenen Samenbombe.

Du schuldest mir noch die Antwort
auf die verspätete Mauerflucht,
das Entfliehen und Zerbrechen deiner Existenz,
die gegen Strom und Wille,
hinter ausgesuchter Höflichkeit,
hinter Hochhäuseroptik und Wut,
bis ins Gebüsch, bis an Hals, bis an Lippe,
die den streng geheimen Kuss bewachte,
den hilflosen Versuch unternahm,
sich von allen Fesseln zu befreien.

Damals sah ich auf deine Augen
und glaubte dir kein Wort.
Unter Mistelzweig-Zärtlichkeiten,
den funkelnden Siegelring am Zauberfinger,
an der Hand gehalten
unser „Um-die-Ecke-Denken“.
Unsanft gestoppt - bis zur Unerträglichkeit
ausfragend und ausraubend,
hielten uns Männer in Uniform
in Schach, die Mauer bis zur Kante,
Last Exit - Stacheldrahtzaun.

Während wir heute von Zeitmaschine
und Jubelschiff sprechen,
wandelten sich Kugeln zu Ketten,
Mauer zu Sand,
zu Neuem, mit Fahlschimmerndem,
zu Freundschaftsbänderverwobenem,
stehen wir am alten Ort,
dieselbe Freiheit berührend,
halbschlafend die Erinnerungen,
unsere Tränen im Flussbett.

Wir haben gelernt uns freizufliegen,
anstelle Pfeile regnet es jetzt aufblühende Sterne,
wimmelt es von Goldfischen im Glas - himmelblau,
Glibber und Glitzer, verständliche Dankesgaben.
Die Einheit, die Partei, die Genossen –
wir Brüder und Schwestern,
Kreditkarten, Terminals, Kunden und Cash,
Wir sehen nun alles nüchtern!
Die Drogenpreise sinken,
die neue, alte Hauptstadt
verbuddelt und verbaut
Den lange Schwanz des zornigen Löwen
hat man endlich erfolgreich gestutzt!



© Marcel Strömer
(Magdeburg, den 21.03.2016)

Alle Rechte vorbehalten, besonders das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung, sowie Übersetzung. Kein Teil des Textes darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert oder verarbeitet werden!
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Prothesen

Meist stimmt man großen Jubel an,
bekommt ein Kind den ersten Zahn.
Das Kind doch hat im Aug die Träne,
ihn schmerzt das Aufgebot der Zähne.
So nach und nach, das ist gewiss,
bekommt man dann ein Milchgebiss
verschwindet später Stück um Stück,
nur eine Lücke bleibt zurück.
Dann kommen Neue und das weiß ich,
es sind im Normfall 32.
Die nächsten Jahre hat man Ruh,
beißt unbedenklich, herzhaft zu.
Man spornt zu höchster Leistung an,
den Schneide – und den Backenzahn.
Doch plötzlich, meistens in der Nacht,
wird man um den Schlaf gebracht.
Es meldet sich der Augenzahn,
mahnt eine Restaurierung an.
Es ist ein Loch, das schnell gefüllt,
nun ist der Schmerz erst mal gestillt.
Wir haben, das wird sehr bald klar,
doch sehr gesündigt manches Jahr.
Nun schlägt, das ist durchaus kein Glück,
das Zahn Imperium zurück.
Und hier und da entstehen Lücken,
der Doc verbindet sie mit Brücken.
Er rät Dir zu den goldnen Kronen,
zu Implantat, es soll sich lohnen.
Doch schließlich hilft fast gar nichts mehr,
es muss eine Prothese her.
Man tut ein wenig sich genieren,
Ersatzteile den Mund regieren.
Und sie bestimmen wie er geht,
der Tageslauf, von früh bis spät.
Grub früher man ins Gänsebein,
mit Sinnenlust die Zähne rein,
kann man mit Zittern und mit Zagen
heut nur noch zierlich daran nagen.
Weil grober Biss ab jetzt verweigert,
die Esskultur sich deutlich steigert.
Erklärlich wird, zu welchem Zweck,
man einst erfand das Essbesteck.
Ein Lusterlebnis ist es nicht,
wenn Dir mal die Prothese bricht.
Das Unglück wiegt gleich doppelt schwer,
passiert auf Reisen das Malheur.
Da stehst Du nun, mit den zwei Teilen,
kannst nicht zu Deinem Zahnarzt eilen,
der Dir, ich wage jede Wette,
an einem Tag geholfen hätte.
Auf den Basaren bietet man,
Gebisse haufenweise an.
Doch würdest Du Dich zu sehr schämen,
davon eins in den Mund zu nehmen.
Also schlürfst Du tagelang,
nur Suppe, das macht Dich schön schlank.
Du stippst, so wie Großmütterlein,
die Semmel in den Kaffee ein.
Trinkst ganz genüsslich einen Wein
Und schiebst dir einen Pudding rein.
Schaust gierig hin zum Nachbartisch,
dort isst man Braten, Huhn und Fisch.
Doch eines weißt Du ganz gewiss,
hast Du erst wieder festen Biss,
wirst Du die Zähne mit Behagen,
vorsichtig in ein Schnitzel schlagen.
Und die Moral von dem Gedicht?
Misshandle die Prothese nicht,
verwöhne sie, beiß zärtlich zu
dann hast Du viele Jahre Ruh.
Ansonsten könnte sie sich rächen,
unangekündigt einfach brechen.
Und hundsgemein sucht sie sich aus,
wenn grade Du beim Festtagsschmaus.
Viel besser noch in Afrika,
wo weit und breit kein Zahnarzt da.
Drum knacke, wenn es nicht sein muss,
auf keinen Fall die Haselnuss
mit der empfindlichen Mimose,
sonst geht es sicher in die Hose.
Behandle ihn wie Deinen Schatz,
den akkuraten Zahnersatz.
Dann kannst Du Dich bei ihm bedanken:
Wahre Freundschaft darf nicht wanken.
hap
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