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Gedichte über Krankheit - Seite 89


Krise

Hilflos -
Das letzte Licht erlischt
Am Abgrund, am Tiefpunkt
Verzweifelt von Angst geplagt
Ich versinke in der Spur
Dort wird gehofft und gebangt
Mit letzter Willenskraft jongliert
Es führt kein Weg zu mir
Die Luft wird dünn
Die Nebelbänke schieben sich auf
Das Unglück formt sich
Die Nächte sind jetzt ewig
Jedes Licht zuviel
Jede Finsternis auch
Der Schmerz erlebt eine Renaissance
Die Qual feiert mit Macht
Was einst schön empfunden
Verwandelt sich ins Gespenstische
Ich suche verzweifelt einen Namen
Erzwinge, was längst nicht mehr geht
Gutgemeinte Ratschläge verpuffen
Schlagen sich wie Rattenfallen auf
Die Glieder in Blei gelegt
Das Lächeln tiefgefroren
Die Tränen zu Staub
Der Hilfeschrei implodiert
In alle Himmelsrichtungen
Steigen wirre Gedankenspiralen
Ich sehe Seifenblasen
Grotesk das nichts mehr funktioniert
Die Zeiger der Uhr erstarren
Mein Herz führt zur Urwunde
Die Vorhölle spielt Premiere
Mein Blick auf die Welt surreal
Ich begegne wundersamen Gestalten
Diejenigen, die eh und je strotzen vor Kraft
Plötzlich bestaune und beneide ich sie
Mit welcher Selbstverständlichkeit
Sie Belangloses frohgelaunt
Zum Besten geben
Auf sie wartet kein Tod, kein Zittern
Keine Bedrängnis, keine Not
Sie stehen mit der Sonne auf
Abends liegen sie unter Biertischen
Sie bedienen sich dem Massengeschmack
Spiegeln sich darin wieder
Die Namen ihrer Familie
Auf Schulter und Arm
Hingebungsvoll in die Haut geäzt
Sie sind davon überzeugt, dass alles so ist
Wie sie es mit eigenen Augen sehen
Schwarzweiss, manchmal in Farbe
Das Leben, das Hier und das Jetzt
Das ist ihre Geschichte

Ich suche meine



© Marcel Strömer
[Magdeburg, den 10.06.2020]
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Pfingst-Corona-Gebet

Willst du, dort oben, uns alle bestrafen,
zu viele Tote und Kranke in Spitälern schlafen.
Der Mund maskiert, man könnte toben,
dabei würden wir dich gerne loben.
Grenzen geschlossen, Schaufenster verhangen,
ohne Rollenpapier war uns alles vergangen.

Traf man jemand, haben beide geguckt,
Abstand gehalten, soweit man spuckt.
Hotels und Ferienhäuser geschlossen, weltweit,
für den Urlaub keine Plätze, nur nutzlose Zeit.
O Herr, dort oben, du Glaubensgenie
Warum verdienen wir hier unten diese Pandemie?

Gibt es nicht genug Verkehrstote und gebrochene Knochen
mit Bettenbelegung für zahlreiche Wochen?
Betreuung und Bildung in Hörsaal und Klassen
Sind doch wichtig für die Zukunft der Massen.
Theater, Kultur, selbst Kirchen wichtig seien,
was uns bleibt, sind Kinos im Freien.

Handel und Wandel stets Arbeit gaben,
nur Einmannbetriebe jetzt Vorteile haben.
Soll göttlicher Wein vergammeln im Fass?
Alleine nur trinken macht auch keinen Spaß.
Fußball, das Zuschauer freies 90 Minutenspiel
fehlt nun Groß und Klein als Emotionsventil.

Sollen wir hungern, als Ersatz für die Kriege,
oder weil vieles fruchtlos geschieht auf der Liege?
Pfingsten das Fest heiler Glaubensverbreitung
wird zu Tagen geiler Normüberschreitung.
Das Klima ändert von Jahr zu Jahr,
es wird trockener und wärmer, als es je war.

Brände vernichten, was jeder braucht zum Leben.
willst du dort oben, das wirklich erleben?
Die Glocke rief einst und alle Christen kamen,
jetzt ist die Kirche leer und keiner sagt:
Amen.

31.05.2020©Wolf-Rüdiger Guthmann
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