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Gedichte über Katastrophen - Seite 43


Technikpanne

Neulich ist mir was passiert,
da hab ich mich selbst geniert.
Um pünktlich einzuschiffen im Hafen,
habe ich im Hamburger Hotel geschlafen.
Als ich spät kam im Dunkeln an,
stand vor der Tür ein uniformierter Mann.

Er riss für mich die Türe auf,
die Koffer schafften andere rauf.
Ich selbst kam garnicht bis zum Zimmer.
Mir fehlte etwas, wie immer.
Deshalb lief ich in die Innenstadt,
wo es wunderschöne Boutiquen hat.

Unterwegs ich eine Grillwurst aß
und auch das Alsterwasser nicht vergaß.
Das heißt, es wurden 2 oder drei,
was ist in Hamburg schon dabei.
Zwei Frauen konnte ich entfliehen,
sie wollten mich in eine Haustür ziehen.

Im Hotel gab’s Smalltalk wegen der Karten,
die auch als Zimmerschlüssel warten.
Mir sagte der Zimmerverwalter, genannt Portier:
!“Sie haben Zimmer 126 b.“
Das Alsterwasser hat dumpf geschwappt,
als ich die Treppe hoch getappt.

124, 125, konnte ich sehen,
gleich musste da mein Zimmer stehen.
Ich brauchte meine Haare nicht zu raufen,
ich war nun weit genug gelaufen.
Die Karte trug ich in der Hand,
und suchte vom Schlüsselkartenschlitz den Rand.

Ich war hier doch ganz allein,
deshalb trat ich auch wortlos ein.
Die Bierwerbung von einem Lokal
beleuchtete das Zimmer mit einem Strahl.
Ich zog mich aus und ging auf die Toilette,
leicht gewaschen wollt ich ins Bette.

Da dachte ich, ich bin im Märchen,
im Bett lag schon ein nacktes Pärchen.
Waren sie etwa in dieser Nacht
beide Bi für mich gedacht?
Ich räusperte, ich hustete,
die Frau schniefte, der Mann pustete.

Anstatt mich aus dem Staub zu machen
und nur über die Situation zu lachen,
schaltete das Licht ich ein
und fing an ganz laut zu schrein.
Der Mann sprang auf, wollte mich erstechen,
er glaubte an ein nächtliches Verbrechen.

Die Frau daneben war dick und kleiner,
fragte nur: „Was denn, noch einer?“
So langsam wachten beide gänzlich auf
und wir klärten die Probleme zu hauf.
Ich hatte die Zimmernummer nicht gescheckt,
die Karte eine Tür zuvor gesteckt.

Aus dem 4-Bettzimmer hatte man 2 Zimmer gemacht
und gönnte so manchen Eltern eine schöne Nacht.
Dass die Karten für beide Türen passten,
wir erst nach und nach erfassten.
Als der Portier kam mit der Polizei,
waren wir noch immer nackt, wir drei.

Wir öffneten erst meine Tür,
da wollte die Dame gleich zu mir.
Ich hab sie aber nicht eingelassen,
es sollte der Schlüssel nicht überall passen.

05.06.2018 © W.R.Guthmann
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Näive

Erzähl mir bitte mehr!
Die Erde ist wieder eine Scheibe..

Menschen sieht man vielerorts die Wege entlangschleifen.
Hinwegtäuschen soll überzüchtetes Bunt und Vielfalt, der eingekaufte aber doch recht freiwildernde Wille, Weltmächte am Herd, in den klimatisierten Fitnesscenter wird tüchtig therapiert. Das Wertewandelkarussell nimmt endlich Fahrt auf. Schluss mit dem hin- und hergezerrten Ich! Jetzt heißt es: Demokratie der Gefühle! Und auch ich stecke mir den Bindebast ins Haar und spraye etwas biologisches Rosenblütenwasser darauf, bin bereit für den Kampf der Veredelung.

Wartest du etwa auch noch auf den richtigen Zeitpunkt, ich darf dich vertrösten. Es ist nur eine Frage der Zeit! Denn die grossartige Botschaft lautet - noch glimmt in jedem von uns ein, zwei, drei Funken untergehendes Empfinden unseres wahren Selbst! Die moderne Devise: "Zuallererst retten wir die Welt, dann uns - leichtgemacht". "Was uns krank macht, macht uns gesund!" Also schütte ich einfach mal wieder grosszügiger Milch und Honig, Zimt und Zucker in den Frühstückskaffee. Ich beobachte mich, wie ich mir ganz heimlich verschmitzt ins gebügelte Karo, ins Stofftaschentuch aus alten Zeiten flüstere: "Wir meinen es nur gut mit dir! So schlecht ist die Welt auch wieder nicht! Man muss nur wollen!"

So gönne ich mir endlich auch wieder mehr Lebensfreude! Zum Beispiel flüchte mich jetzt gezielt und bewusst euphorisch in die Supermärkte der Kultur- und Bildungshöllen, auf der Suche nach echten Schnäppchen und Preisfehlern, die Naturschutzgebiete für Menschen, oder besser noch, die wahren Wunsch(t)räume eines jeden Volkes. Trotz einiger entsetzten Gesichtern, die alltagsentzaubert zu sein scheinen, zutätowiert im Lächeln, Verlierer für die Ewigkeit, so denke ich - dennoch und gerade deswegen mache ich mich hoffnungsfrömmelnd ans Werk. Ich schaffe das - wir schaffen das! Wir sind das Volk!

Zur guten Letzt ist es auch jedem seine ganz eigene, persönliche Klimakatastrophe - oder etwa nicht? Es geht uns jedenfalls alle an - Verschwörungstheorie und Weltpolitik? Und die täglichen Nachrichten? Ich mache mir eigentlich nix draus. Wir haben ein Recht auf Glückseligkeit! Auch der Mond trägt manchmal schwarz, bei zunehmeden Sorgenfalten! Schlummert nicht in jedem von uns ein übeschüttetes Übergangskindheitstrauma?

Erzähl mir bitte mehr!
Die Erde ist wieder eine Scheibe..
Deutschlands Waffenindustrie belegt weltweit aktuell Platz 3!
Und überhaupt - wer wird dieses Jahr Fussballweltmeister?


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Die Stalingrader Schlacht

Es waren grausam kalte Wintertage
als folgenschwer die große Schlacht begann.
Ganz tödlich ernst für Russland war die Lage.
Der Gegner drang gefährlich schnell voran.

Im Höllenfeuer berstender Granaten
brach hier der Feind auf Stalingrad herein
mit einem Meer an Waffen und Soldaten,
hier wollte er wie jeh der Sieger sein.

Kanonendonner auf gesamter Breite,
die opferreiche Schlacht begann.
Ein Sieg stand auf des Schwertes scharfer Seite,
doch vor der Wolga stand die Abwehr eisern, wie ein Mann.

In Schnee und Eis auf freiem Feld begraben,
lag Freund und Feind im Kampfe hingestreckt
und manchen Leichnam fledderten die Raben.
Der Rest war bald vom Schnee verdeckt.

In kalten Splittergräben und Ruinen
ein Schreckensbild, erfüllt von Graus,
da lagen Menschen arg zerfetzt durch Minen.
Hier hauchten sie ihr Leben aus.

Im Morgenrot, als hoffnungsvolles Zeichen
erschien die Aura einer Frau‘ngestalt.
Sie schaute auf das Schlachtfeld voller Leichen.
Sie weinte nur, ihr wurde kalt.

Die Trümmerfelder ließen sie erstarren.
Der hart erkämpfte Sieg von Stalingrad
bewog in stiller Andacht zu verweilen,
denn die Madonna liebte ihre Stadt.

Sie sang für den errung‘nen schweren Sieg
ganz leise einen traurigen Choral
für die Gefallenen in diesem Krieg,
für so viel Leid als Gruß zum letzten Mal.

Die größte Winterschlacht war nun entschieden.
Aus den Ruinen wuchs die große Wolgastadt.
Und sie gedeiht mit Liebe und in Frieden,
im Geiste der Madonna von Stalingrad.
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