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Gedichte über Ironie - Seite 27


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Die Weinpröbchen

Die Weinpröbchen

Zum Weingut fährt der Männerbus,
Um Vatertag jetzt zu befeuern:
Man ist zwar alt, doch gut in Schuss
Und muss hierher kein Auto steuern.

Die Gläser werden gleich geleert,
Die Fässer sind noch reichlich voll,
So dass man zur Weinprobe fährt,
Ist gut gelaunt, findet sich toll.

Denn dort gibt es die besten Tropfen,
Wo Lagerwein wird produziert.
Man lebt nicht nur von Gerste, Hopfen,
Wo Wein auch zu 'nem Räuschchen führt.

Die Herren kommen damit weiter
Und singen oft beim Kellertrank.
Das Schankmädchen wird selber heiter,
Beliefert reichlich den Ausschank.

Danach muss man ja schon aufpassen,
Dass man jetzt nicht zwei Mädchen sieht.
Der Buslenker kennt seine Straßen,
Wenn Weinseligkeit nun mit ihm zieht.

Schwankend laufen dann die Herren
Und warten auf den weiteren Tropfen,
Wollen zweites Weingut beehren –
Vergessen sind Malz, Gerste, Hopfen.

Und wieder kommt nun reichlich Wein,
Dazwischen ein klein wenig Brot:
Man will im Paradiese sein,
Voll im Genuss – und ohne Not!

Sind dann noch Damen angereist,
Läuft auf der Mann zu großer Form,
Weil er sich selbst am Besten preist
Wein steigert Selbstwillen enorm...

Im Bus dreht sich dann alles nur:
Sitzt man am Dach, sitzt man am Boden?
Jetzt schlägt sie durch, die Weinnatur,
Selbst dort, wo Zwirn und feiner Loden.

Hat man denn heute nicht erfahren,
Wie diese Schankfrau so behende,
So kurz berockt und frisch an Jahren
Warf ihre Reize auf die Lende?

Wie werden manche Augen feucht,
Wenn jetzt der Wein sinnlich nachwirkt,
Die Jugendzeit ins Herze fleucht –
Doch Busschaukeln auch Nöte birgt:

Fünfmal muss nun der Bus anhalten,
Notdurft hat alle fest im Griff –
Jene, die sich für Helden halten
Auf dem schaukelnden Männerschiff.


.©Hans Hartmut Karg
2019

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