Gedichte über Ehrlichkeit - Seite 95

Sage mal, hast du nicht Lust,
fragte Gertrud ihren August,
mit mir heute tanzen zu gehen,
das wäre sehr, sehr schön.

Doch, weil er ein Tanzmuffel war,
fand er die Idee nicht wunderbar,
er wollte seine Ruhe haben,
wagte aber nicht, es ihr zu sagen,

sagte, Schatz, das wird nicht möglich sein,
ich habe wieder Schmerzen im Bein,
und der Arzt hat mir doch den Rat gegeben,
das Bein bei Schmerzen hoch zu legen.

Ich habe aber nichts dagegen,
wenn du willst zum Tanz gehen.
Rufe doch deine Freundin an,
ob die dich nicht begleiten kann.

So hat die Gertrud es gemacht,
und er hat sich ins Fäustchen gelacht,
machte es sich auf der Couch bequem,
um sich ein Fußballspiel anzusehen.

Das geht so nicht!

Ach, waren die Menschen doch
Insgesamt früher so viel ehrlicher –
Mit Zahlungsmoral und Sittengesetz!
Auch früher riss das ein Loch
Ins Budget, Geld gab es spärlicher,
Aber Zahlungsmoral blieb Grundgesetz!

Inzwischen hat sich da Vieles geändert,
Man zahlt, wie man eben gewillt:
Mancher nimmt es nicht mehr so genau,
Handwerkeraugen sind oft gerändert,
Wo Zahlungspflichten nicht erfüllt:
Cannabis-Fans pflegen lieber Eigenanbau.

„Kommst heute nicht, kommst morgen,
Das Leben ist mir doch egal!“
Du meinst: Das geht nicht? Das geht schon!
Man will sich halt alles gern borgen,
Viel kaufen, das Sparen schmeckt schal,
Am Fünfzehnten ist weg der Lohn!

Wie könnte man so Wohlstand schaffen
Und damit auch noch ruhig schlafen,
Wenn man nur noch auf Pump gereist,
Sich einfindet in ständigem Internetgaffen,
Viel Unnötiges will zusammenraffen,
Der Kuckuckskleber den Tag preist?


©Hans Hartmut Karg
2024

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