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Gedichte über Vertrauen - Seite 18


Liebes Tagebuch...

Liebes Tagebuch…

…lange ist es her, dass wir uns gesehen, geschweige etwas
auf deine Seiten geschrieben. Ganz unverhofft hab‘
ich dich nun entdeckt, auf dem Speicher zwischen alten
Büchern, in einem verschlissenen Karton.

Habe dir meine geheimsten Geheimisse anvertraut,
meine Träume, meine Gefühle; konnte dir meine
Sorgen erzählen, all meine Gedanken waren bei dir
stets gut aufgehoben. Blind konnte ich dir vertrauen,
meine geheimen Gedanken und Wünsche blieben bei
dir verborgen.

Gedanken, die der Wind über mich hinweggetragen,
Träume, die plötzlich gekommen in einem Moment,
in dem anderen schon wieder verflogen, es gibt kaum
eine Seite, die ich nicht vollgeschrieben.

Schaue dich mit Wehmut an, dein Gesicht ist nicht mehr
so farbenfroh und frisch, verblasst ist es in den vielen
vergangenen Tagen, die Seiten an den Ecken teils umgeknickt.
Himmel, wo hattest du dich nur versteckt?

Die vielen Jahre sind auch an mir nicht spurlos vorüber-
vergangen, habe viele Chancen verpasst, die falschen ergriffen.
Gab die Zeit mir auch Zeichen, hab‘ sie oftmals verkannt,
in Sekunden nur, war die Zeit mir davongeflogen.

Die Zeit, zärtliche Briefe an den Liebsten zu schreiben, ist nun
auch vorbei. Er hatte die allerschönsten, von mir je gesehenen
Augen, seine Hände sie sprachen Bände, so sinnlich, so zart.
Schrieb Zeilen, die ich ihm niemals zu lesen gab.

Da waren die Zeiten zu trauern, zu hoffen, mit Frohsinn in
die Zukunft zu schauen, die Liebe, sie kam und sie ging,
zu große Erwartung, am Ende waren zwei Liebende nur noch in
Schweigen und Lügen gehüllt. Ein trauriges Lied so alt wie die Welt.

Habe gelernt; das Leben braucht Mut. Was uns ausmacht,
ist nicht der Schein oder das, was man an Eigentum und
Gütern hat, es ist das, was man mit dem Herzen tut.
Teils war ich wie ein schwankend‘ Schiff, das auflief auf
ein raues Riff, suchte Halt, doch fand ihn nicht.

Liebes Tagebuch, heute schreib‘ ich dir mit zittriger Hand,
das Haar ergraut, fast schon weiß, bin welk einer gefallenen
Rose gleich, brüchig das Band, das mich noch am Leben hält.
Es sind wohl die letzten Zeilen, die ich schreibe, die ich dir
hier anvertraue, der Weg in die neue Welt ist nicht mehr weit.


29.06.2023 © Soso
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Weisheitsgeschichten - Der junge Dichter

Es war einmal ...

Das Dorf Lija war von Gebirge umgeben
Nur ein Weg führte über eine Brücke ins Tal hinab
Die Bewohner fürchteten um ihr Leben
Denn große Gefahren es auf diesem Pfade gab

Wölfe trieben sich dort in einem dunklen Wald umher
Morsch sei die Brücke schon vor Jahren geworden
So sagte man dort mit Blicken schwer
Auch würde man Wanderer bestehlen und morden

Ein junger Mann in der Dichtkunst erfahren
Lebte dort mit seiner Mutter allein
Aus Angst wollte er seine Abhängigkeit bewahren
Engagement zeigte er nur zum Schein

Der Dorfälteste bestärkte ihn in seinem Glauben
Denn im Dorf mussten alle zusammenhalten
So konnte er den Wunsch nach Freiheit rauben
Es fügten sich die Jungen und die Alten

Eines Tages erschien eine betagte Frau
Liebevoll ihre Stimme erklang
Sie sprach von Freiheit mit Augen offen und blau
Der Junge setzte sich zu ihr auf eine Bank

Er las ihr ein paar seiner Gedichte vor
Sie schaute ihn freundlich und zärtlich an
Selten drang ähnliches an ihr Ohr
Sie sagte "Ich kenne niemanden, der so gut reimen kann"

Sie: "Wie nutzt Du Deine Begabung ?"
Er: "Nur so zum Spaße dichte ich"
Sie: "Wie ist es es mit Liebe und Verlobung ?"
Er: "Hier gibt es keine Frau für mich"

Sie; "Dann geh ins Tal und schau Dich um"
Ungläubig schaute er in ihre Augen
Er: "Aber wie - auf dem Wege schleichen Wölfe herum ?"
Sie: "Die Wölfe sind in Dir, Gedanken die Dir den Mut aussaugen"

Er: "Wie kann ich denn dorthin gelangen ?"
Sie: "Gehe zu den großen Apfelbäumen dort
Und pflücke selbst von jedem einen Apfel, die weit oben hängen
Ohne Hilfe, ansonsten ist der Zauber fort !

Esse einen roten Apfel, den Apfel des Mutes
Und einen vom hohen Baume, der Apfel der Verantwortung hängt daran
Der Weg zur Freiheit ist: Man tut es
Mut und Eigenverantwortung sind ein gutes Gespann"

Verwirrt schaute er ihr nach
Sie ging, sich verabschiedend, direkt in Richtung morscher Brücke
Die, als sie sie betrat, laut knarrend, trotzdem nicht zerbrach
Er dachte sich "Ich geh ihr heimlich hinterher, bevor ich die Äpfel pflücke"

So schlich er sich aus dem Dorf heraus
Und konnte seinen Augen nicht trauen
Sie zog sich alle Kleider aus
Und verstaute ihre Sachen unter einem Stein, 'nem grauen

So ganz nackt veränderte sich ihre Gestalt
Und wurde ein stolzer Adler, der auf steinigem Boden stand
Mit kräftigem Flügelschlag flog sie über den dunklen Wald
Dem Himmel entgegen, bis sie aus dem Sichtfeld entschwand

Er ging ins Dorf zurück
Und versuchte die Bäume zu erklimmen
Doch blieb erfolglos er und ohne Glück
Seine Angst hielt ihn am Boden und er hörte hinter sich Stimmen

Dann lieh er sich vom Bauern Hein eine Leiter aus
Doch unter seinen Füßen drückten die Sohlen
So stellte er die Leiter auf halbem Wege gegen das Nachbarhaus
Und dachte sich: "Hein kann sie sich schon selber wieder holen"

Er ging zum Dorfältesten
und berichtete ihm von der betagten Frau
was er sah und hörte, mit mächtig großen Gesten
Der lobte ihn: "Das Du zu mir kamst, das war sehr schlau!"

Tags darauf waren in der Früh
Die Apfelbäume nebst Äpfeln plötzlich verschwunden
Ein Gedicht schrieb der junge Dichter ohne Müh
Und wurde träumend auf der Wiese gefunden

Und wenn er nicht gestorben ist
Dann träumt er auch noch heute
Von Freiheit, die er sehr vermisst
Weil er Angst, falschem Vertrauen und Faulheit, wurde eine leichte Beute

© jogdragoon

Hinweise:
Die Apfelbäume wurden am frühen Morgen gefällt.
Das die Frau sich in einen Adler verwandelt, symbolisiert, dass sie sich über die angeblichen Gefahren erhebt und sich durch den freien Himmel zu einem Ort ihrer Wahl begibt, welches sich ausserhalb des Wahrnehmungsfeldes des Lesers befindet.
Ein Verdacht: Will der Dorfälteste vielleicht nicht, dass die Bewohner das Dorf verlassen ? ... Warum ?
"Lija" steht für ... ?
Welche "Magie" beinhalten die Äpfel ?
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