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Gedichte über Trauer - Seite 69


Durch die dunkelste Zeit hindurch (Erinnerung an 8 Jahre Depressionen)

Gesäumt von Schatten stand mein Leben,
Auch bei Sonne in der Schwärze,
Nicht Mut noch Freude blieb dran kleben,
Ertränkt im Eismeer schlug das Herze.

Erdrosselt an dem Grund der Meere,
Vom Weltballast hinab gedrückt,
Fühlt man die kalt einsame Leere,
Von Sterbenssehnsüchten erdrückt.

Manchmal nur kann man kurz erglühen,
Erfüllt mit etwas und mit Lachen,
Doch ist's kein wesentliches Fühlen,
Und nur dem Mund wird's Freude machen.

Denn nichts dringt in dich, fällt darein
Alles zerstiebt bevor's in dir,
In dir gewesen ist allein,
Nur großer Nebel war in mir.

Kein tief' Gefühl, kein echtes Rühren,
Findet durch Geistnebel zu dir,
Es will die Welt dich nicht berühren,
Und als ein Fremder bist du hier.

So fragt man sich, geht das vorbei,
Und nach den Jahren glaubt man's nicht,
Schreibt in den Abschiedsbrief verzeih,
Ich bin es, der an sich zerbricht.

Schreibt Briefe und legt sie beiseite,
Besichtigt wöchentlich die Schienen,
Legt sich gedanklich in die Breite,
Und wähnt sich in Himmelsruinen.

Eh' man's getan, war man zu feige,
Und fand selbst dafür keine Kraft
Die letzte Stärke geht zur Neige,
Dem Körper fehlt der Lebenssaft.

Und ohne Kraft da wollt' ich schlafen,
Schlief beinah fünfzehn Stunden täglich,
Nicht einmal duschen war zu schaffen,
Einmal im Monat vielleicht kläglich.

Einbalsamiert lebt man als Mumie
Unter den lebenden Geschöpfen,
Denn nie verstehen sie dich nie!
Sie sind belanglos in den Köpfen.

Schnell verstehst du wie ein Kind,
Dass sich die meisten niemals fragen,
Warum sie überhaupt hier sind,
In der Nacht und an den Tagen.

Doch selbst da musst du täglich suchen,
Inwendig Gründe für dich finden,
Um deinen nächsten Tag zu buchen,
Nicht Freund und Mutter zu entschwinden!

Und so macht man sich Gedanken,
Um sich selbst und um die Welt,
Hebt für Momente kurz die Schranken,
Bis keine Grenzen man behält.

So stellt man Fragen
An den Tagen,
Verschläft die Schwächen
Wie in Nächten.

So forschte ich und forschte ich,
Kam immer näher an mich ran,
Aus letzten Kräften fand es sich,
Und rührte mich im Herzen an.

Es war erschütternde Erkenntnis,
Mit tiefer Einsicht eig'ner Ewigkeit,
Nicht aus Verstand und aus Verständnis,
Vielmehr losgelöst von Raum und Zeit.

Jenes erfahren, weiß man dann,
Was sich umbringt, das kommt wieder,
Mit gleicher Aufgabe sodann,
fällt es auf die Erde nieder.

Bis man sich selbst erlöst hat,
Und eine echte Lösung findet,
Ist es noch immer Menschentat,
Die dich auf Erden bindet.

Erst, wenn man ihn ergründet,
Den Grund in sich darin,
Der aus der Quelle mündet,
Schwimmt man zur Quelle hin.

Man lebt fortan nicht mehr als Mensch,
Doch weiter in dem Menschenkörper,
Gleich dem Geschöpf, das in sich erkennt,
Dass es den Schöpfer selbst verkörpert.
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Beste Freundin

Hast dein Ziel erreicht,
für dich ist es leicht; doch jetzt,
da du nicht mehr lebst, da du tot bist,
da dein heller Geist deinen Körper verließ,
einfach so, weiß ich nun nicht, wohin, wer ich bin;
ohne dich nicht mehr froh, versteh’ nicht, wieso; weiß
nicht, was tun; was wird aus mir nun; niemals mehr frohe
Blicke tauschen, deiner Stimme lauschen - sie war so wie du,
zerbrechlich und zart, gar nicht hart; ich hörte dir liebend gern zu;
niemals mehr deine Hand berühren, übers Haar dir streichen, Rührung
spüren, mit dir flüstern, kichern und schmökern - in ähnlichen Büchern
und manchmal auch streiten um Kleinigkeiten; niemals mehr mit dir um
Wahrheiten ringen, im Duett auch singen, dich beim Arbeiten stören,
ew’ge Treue sich schwören, klagen und barmen und sich umarmen;
ohne dich bin ich nun, da du tot bist, unsagbar allein; wie es war,
wird es niemals mehr sein; bin ohne dich - nicht mehr ich,
und mir wird kalt - sein für lange Zeit; bin nicht zu ver-
gessen bereit; da du nun fort bist, werd' ich bald alt
sein; find’ keinen Schlummer, rufe dich an,
die vertraute Nummer, und ich lausche
dem Klang deiner Stimme Gesang, fühle
Glück, und ich höre dich sagen, bin nicht
zu Hause, hinterlass’ eine Botschaft - ich
rufe zurück; dann die Pause; und ich sage ganz
leise auf meine Weise, wo bist du nur; doch von dir
keine Spur; bin in Not, klingt so hart, dieses tot; wer hält
mir die Hand, wenn ich weine; ich bin so unsagbar alleine;
werde es nie verstehen; warum musstest du vor mir gehen;
Stille ist einkehrt, Herz und Seele versehrt, bist auf Reisen
gegangen in ein fremdes Land, weit entfernt und mir un-
bekannt; konnte dich nicht begleiten, muss es nun
einsam erleiden; doch ich sag’ mir zum Trost –
für dich ist’s jetzt leicht, denn du hast
das Ziel vor mir erreicht.

©M.M.
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