Gedichte über Natur - Seite 610

Hoch oben auf der Tannenspitze
Thront eine Königin,
Sie flötet Glück vom Himmelssitze,
Die Liebe nur im Sinn.

Die Drossel bringt die Flötentöne
Nicht nur der Sonne bei,
Ich liebe diese wunderschöne
Musikwelt grad im Mai.

Ihr Zwitschern ist voll Emotionen,
Ein Dididididi,
Geschmettert von des Baumes Kronen
Klingt es so schön wie nie.

Das Repertoire, geschmückt mit Trillern,
Tülip, tülip, tülip,
Lässt den Gesang im Garten schillern,
Es folgt dem Tix ein Tschiep.

Vereinzelt imitiert die Diva
Den größten Startenor,
Dann applaudiere ich, schrei: Vivat,
Und sing mit ihr im Chor.

(c) R.P. 2011

Ich ging einmal im Vogelpark
Mit mir allein spazieren,
Dabei war nur die Kamera
Für Fotos, die brillieren.

Motive gab es dort genug,
Die Vögel als Modelle,
Sie standen nicht, sie flatterten
Vor Freude häufig schnelle.

Nur einer einem Denkmal glich,
Der Schuhschnabel stand stille,
Das Faultier in der Vogelwelt
Ein Bild von Heinrich Zille.

Er trug ein Federkleid aus Grau,
Das glänzte in der Sonne,
Die Kamera hatt’ leichtes Spiel,
Spuckt Bilderflutkolonne.

(c) R.P. 2011

Gemächlich steigt der Morgen
Aus kaltem Wüstendunst,
Der Mond malt in das Frührot
Wie Dali seine Kunst.

Die Gobi reckt die Glieder
Vor schwarzer Wolkenwand,
Das Sonnenauge zwinkert
Verschämt vom dunklen Rand.

Das gelbe Lied des Sturmes
Tönt als Trompetenschrei,
Dem Jauchzen der Fanfaren
Stehn die Fanfaren bei.

Wenn tausende Orgeln toben,
Die Wüste stöhnt und brüllt,
Das kreischende Geheule
Vom Wüstensand verhüllt.

Die Dünenkämme wogen
Im dichten Wolkenstaub,
Hörst du die Geister stöhnen,
Ihr Heulen macht uns taub.

Wenn Luft und Erde zittern,
Die Wüste selbst zerbirst,
Erscheint mit den Dämonen
Der wahre Höllenfürst.

Es stampft das Ungeheuer
Im Donner durch das Tal,
Die Bitte an die Götter:
Beendet doch die Qual.

Das Morgenfeuer lodert,
Der Sturmklang ist verhallt,
Die Blume blüht im Lotos
Am Ende der Gewalt.

(c) R.P. 2011