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Gedichte Über Nacht - Seite 108


Die Nacht in Big Apple II

3.

1994
Hotel in New York Manhattan.

Müde im Hotel an der 29 th. Street, Ecke Madison Street angekommen, beziehen Frank und Carla ihr Zimmer. Plötzlich hellwach und schockiert lassen sie die Koffer fallen..
Das gebuchte Mittelklasse – Hotel ist schäbig. Kaputte Gardinen, Grünspan an den Wasserhähnen. Dunkelbraune Fließen im Bad, die erahnen lassen, wie lange sie nicht geputzt wurden.
An der Rezeption bildet sich eine Schlange neuangekommener Gäste, die grimmig reklamieren. Ohne Erfolg. Das Personal ist überfordert.
Frank versucht, ein anderes Hotel zu buchen. Jeder Preis wäre ihm egal – nur weg hier. Nichts zu machen. Manhattan ist ausgebucht.
Die beiden entschließen sich, die Koffer nicht auszupacken und so wenig, wie möglich im Bett zu schlafen und wenn, dann angezogen. In Manhattan geht man nicht früh zu Bett – da macht man die Nacht zum Tag. Schlafen kann man wieder zuhause.
Nur so geht es........

Zum täglichen Frühstück marschieren die beiden in einen Coffee – Shop um die Ecke. Da werden die herrlichsten Gerichte frisch zubereitet. Carla bestellt Spiegeleier mit knusprigem Bacon. ´sunny side up´-.Dabei flirtet sie mit dem Koch und bekommt jedesmal eine extra Portion Bacon.

20 Grad Minus. Carla zieht sich den Hut tief in die Stirn, um sich vor der eisigen Kälte zu schützen. Frank hatte ihr den Hut gekauft, weil sie ihm damit gefiel, als sie ihn irgendwann übermütig im Kaufhaus probiert hatte.
Jedesmal, wenn sie ihn trug, hatte sie Glück. Sie mag ihn.

Macy´s ist riesig. Tolle Angebote und Markenartikel zu sehr günstigen Preisen. Carla fragt einen jungen Mann nach Handschuhen. Zufällig ist das der Boss, der sie dann durch das ganze Haus führt und ihr und Frank Handschuhe schenkt. Außerdem noch ein Paket aus der Parfümerie.
´Have a good time´.
Anschließend fahren sie zum Empire State Building. Im Aufzug steht ein Yuppie – könnte ein Broker aus der Wallstreet sein. Designerbrille und Armani - Anzug. Er starrt Carla unentwegt an. Unangenehm. Kein Flirt. Sie wendet sich ab und hofft, dass er unterwegs aussteigt, um ein Büro aufzusuchen. Er fährt mit bis zum Aussichtspunkt. Dann ist er nicht mehr zu sehen.

Abends essen sie im Russian Tea Room im Waldorf – Astoria. Carla fühlt sich wohl in den roten Ledersitzen. Was mögen die schon miterlebt haben. Liebesgeflüster, Streit, Betrug, Sorgen....
Frank lässt sein Beef Stroganoff auf der Zunge zergehen. Er genießt gutes Essen. Carla betrachtet ihn von der Seite und fühlt sich wohl in seiner Gegenwart. Ein zuverlässiger, realistischer Mann, der sie liebt. Durch ihn hat sie ihre Schüchternheit überwunden und ein gesundes Selbstbewusstsein erlangt – zu kämpfen gelernt.
Er kennt sie durch und durch. Besser, als ihre Eltern. Durch ihn hat sie ihre Schüchternheit überwunden und ein gesundes Selbstbewusstsein erlangt...und gelernt, zu kämpfen.
Als sie ihr Weinglas erhebt, um ihm zuzuprosten, fällt ihr Blick auf den kleinen Tisch in der Ecke. Jäh setzt sie ihr Glas wieder ab und flüstert erschrocken: „ Frank, sieh mal, dort sitzt der Yuppie von heute Mittag und lässt uns nicht aus den Augen. Hoffentlich ist das nicht der, der momentan in Manhattan sein Unwesen treibt.“ Ein Broker, der nach seinem Kokainkonsum Frauen missbraucht und aus einer Laune heraus Menschen, die ihm zufällig begegnen, durch Messerstiche verletzt oder tötet.
Unbehagen schleicht sich bei ein.
Als der Typ bezahlt hat, erhebt er sich und lässt dabei Carla nicht aus den Augen. Ein kalter, stechender Blick.
Sie versucht, diese Begegnung zu vergessen und plant mit Frank den nächsten Tag.

47th. Street.
Frank möchte gern ein kleines Schmuck - Andenken für Carla kaufen und überredet sie, mit ihm in die Straße der Juweliere zu gehen, um dort das Richtige zu finden. Ihr bedeutet wertvoller Schmuck – im Gegensatz zu vielen Frauen – nicht sehr viel. Trotzdem will sie ihren Mann nicht enttäuschen und geht auf seinen Wunsch ein.
Sie lassen sich in den vielen Geschäften die schönsten Ringe und Ketten zeigen, ohne etwas zu kaufen. Carla findet inzwischen Spaß daran, mit den Verkäufern zu verhandeln; denn sie stellt fest, dass ihr das mit Bravour gelingt. Hätte sie nie gedacht.....Na ja, Gauner sind sie alle – wie sonst wäre das möglich?
Ohne Schmuck, aber gutgelaunt schlendern die beiden zu Tiffany´s, um ein weiteres Verhandlungsexperiment zu starten. Zumindest wollen sie es versuchen.
Unzählige Glasvitrinen mit hochkarätigen Auslagen befinden sich in dem riesengroßen Raum. Ein Berater präsentiert ihnen ein hochpreisiges Ringangebot. Frank lehnt dankend ab und nennt sein Limit, das dem netten Verkäufer ein mildes Lächeln entlockt. Er bückt sich nach ganz unten und präsentiert eine kleine, feine Hutnadel – Auswahl und steckt sie an Carla´s Hut. „Very beautiful, Madam“.
In diesem Moment sieht Frank ein schmales Armband und deutet darauf: „ Das ist es; das gefällt mir!“ Carla will den Kauf abwenden, weil er weit über der Preisvorstellung liegt, aber er lässt sich nicht davon abbringen, ihr den Schmuck zu schenken.
Carla´s Kopf brummt. Ist alles ein bisschen viel für sie....
Sie marschieren zum Central Park, um frische Luft zu atmen.
Danach trinken sie einen Glühwein unter dem Riesen – Weihnachtsbaum am Rockefeller Center und sehen den Schlittschuhläufern auf der Eisbahn zu. Sie lachen und überlegen, ob sie nicht auch mal.....da blickt Frank erschrocken auf: „Die Hutnadel! Wir haben die Hutnadel versehentlich mitgenommen!“ Carla strahlt ihn an: „ Na und? Das macht Tiffany´s bestimmt nicht ärmer. Ist eben mein Glückshut!“
Ein Weihnachtsmann stellt sich für ein Foto zu ihnen und kassiert ein paar Dollar dafür. Als Carla ihn anlacht, durchfährt sie ein Schauder: diese Augen! Sie hat diese Augen schon mal gesehen. Irgendwo.....

Fortsetzung folgt...
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Die Nacht in Big Apple III

Abends gibt es „ Cats“ am Broadway. Atemberaubend, die Bühnenausstattung, die Künstler – alles. Ein deutsches Ehepaar erzählt, dass sie dieses Musical in Hamburg, Wien und London gesehen haben, aber nirgends so großartig, wie hier.
Nach der Vorstellung wollen sich die Vier über New York austauschen und suchen eine Bar in der Nähe auf, um einen Absacker zu trinken und die Nacht langsam in den Tag zu begleiten.

Am Heimweg zum Hotel peitscht der kalte Wind und Carla´s Hut fliegt
in weitem Bogen durch die Luft. Frank eilt, ohne zu überlegen über die immer noch stark befahrene 5th. Avenue. Autos hupen und Carla versucht vergebens, ihn zurück zu halten. Zu spät. Sie sieht ihn nicht mehr. Ängstlich läuft sie von einer Ecke zur anderen – ohne Erfolg. Frank ist wie vom Erdboden verschwunden. Nach einer Stunde winkt sie ein Taxi Cab herbei, weil sie um diese Zeit nicht ohne Begleitung zum Hotel laufen will.

Frank ist nicht im Zimmer. Sie bittet den Nachtportier um Hilfe. Er macht keinerlei Anstalten: „ Sicher genießt Ihr Mann das Nachtleben, dann kommt er wieder“,will er sie beschwichtigen. Als sie die Polizei verständigt, passiert das Gleiche. Ein Bagatellfall – „ vielleicht wollte er noch ein kleines Abenteuer erleben“.
Carla schläft keine Minute. Früh am Morgen klappert sie den Weg zum Broadway nochmal ab, schaut in jeden Coffeeshop, in jeden Hauseingang – nichts. Frank ist verschwunden.
Hastig eilt sie in die 48. Street zum Deutschen Konsulat und nochmal zur Polizei. Niemand hilft ihr.

Morgen geht ihr Flieger zurück nach Deutschland.

Erschöpft hastet sie durch das geschäftige Treiben in der 5th. Avenue und bleibt vor der St.Patrick Cathedral stehen. Ein eigenartiges Gefühl drängt sie, in die Kirche zu gehen.
Sie schreitet durch das Portal ins Innere und plötzlich ist alles anders. Stille breitet sich aus. Man hört nur leise Schritte, knarrende Dielen und ab und an ein verhaltenes Hüsteln. Carla zündet eine Kerze an und bittet um Hilfe. Sie will ihren Mann zurück. Langsam schleicht sie sich zu den Kirchenbänken und setzt sich zum stillen Gebet.
Als sie die Kathedrale verlässt, erblickt sie einen Mann vor der Kirche, der weinend in sich gekauert auf einer Stufe sitzt. Vor ihm ein Hut mit Münzen. IHR HUT!!!! Sie eilt zu ihm und erkennt Frank. Erschrocken und gleichzeitig erleichtert umarmt sie ihn, doch er blickt durch sie hindurch ins Leere. Seine Augen sind blutunterlaufen, farblos und er bleibt stumm. Sie versucht, ihn mit aller Kraft hochzuheben und mitzuschleppen, doch es gelingt ihr nicht. Verzweifelt bittet sie die Männer, die ihr zusehen um Hilfe, aber auch denen gelingt es nicht, ihn wegzubewegen. Er formt mit dem Mund Worte, aber es sind nur unverständliche Laute zu vernehmen.

Verzweifelt gibt sie auf und tritt den Heimweg an. Als sie die Strasse zum Hotel überquert, kommt ihr ein junger Mann entgegen und lächelt ihr mit dunklen, starren Augen zu............

( c ) Ingrid Bezold


….vielleicht fällt euch ein, wie es weitergehen könnte? Wäre doch interessant, mit euren Worten weiterzulesen.

Also - ich würde mich freuen......

Anmerkung am 25.02.2024:
Ideen von Birgit Klingebeil und Sieghild Krieter sind zu lesen in den Kommentaren unter der Erzählung - und
unter meinem Gedicht ´War wohl nix´
auch von Farbensucher.
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