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Gedichte über den Menschen - Seite 481


Die erste Kunst

Die erste Kunst von Menschenhand,
die man auf Höhlenwänden fand,
war’n mächtige und große Tiere,
die Pferde, Löwen und die Stiere

Von Mammut, Nashorn, der Hyäne
gab‘s das Fell und auch die Zähne
Das Fleisch, die Sehnen und die Knochen,
die nutzte man zum Jagen, Kochen

in dieser jungen Altsteinzeit -
das Land noch nicht vom Eis befreit -
da lebte man im großen Ganzen
sehr von den Tieren und den Pflanzen,

bearbeitete schon Holz und Stein,
selbst abends in des Feuers Schein
Mit dieser Spezies kam die Wende
mit der Geschicklichkeit der Hände


Die erste Kunst von Menschenhand,
die man in Siedlungsresten fand,
das war’n Figuren fein geschnitzt,
die aus der Seele Traum gestürzt:

die Frau, die Leben in sich trägt,
empfängt, gebiert, ernährt und hegt,
ganz gern in üppiger Gestalt -
wer so viel isst, bekommt‘s geballt

Noch gab’s die großen Mammutherden,
doch: wer zu viel hat, kriegt Beschwerden
verfettet, wird sich überheben
und bald nach Göttern flehend streben

Noch war er mit dem Geist der Tiere,
mit ihrer Kraft – und ich plädiere:
mit ihrer Schönheit, ihren Gaben
Schamanisch konnt‘ man bitten, fragen


Ein ‚homo sapiens‘ war’s noch nicht
Die Weisheit kommt erst spät ans Licht
Der ‚homo faciens‘ war gebor’n,
hat Kunst und Technik auserkor’n

Die ganze Erd‘ nennt er heut‘ sein,
nimmt jeden Raum bald für sich ein
Er wurd zum Krebsgeschwür der Welt,
wo nur s e i n Lebensrecht noch zählt,

s e i n Wohlstand und sein Fortgebären
Kein and’res Wesen kann ihm wehren
Nur er selbst kann sich besinnen
und mit der Kunst von vorn beginnen

Die erste Kunst von Menschenhand,
ist da noch etwas, was er fand?
Das Lassen und das Sich-begnügen,
die Liebe und den inn’ren Frieden



Video https://youtu.be/x_HiVcrbev8
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Unsere Nacht

Heute Nacht
Du erzähltest von schwarzen Löchern in den Herzen der Menschen,
und dass viele deiner Gebete sie niemals erreiche. Alle seien jetzt wieder zu Hause und auch du wärest auf deinem Heimweg, zurück von der Stille die einsam mache. Sie redeten wütend mit tausend Zungen durcheinander, die geballten Fäusten in ihren Taschen, sie in ihrem Temperament zu zügeln, das fiele dir so schwer. Als ob es die letzte wär, hattest du in den Zigarettenstummel gebissen, so leer fühlte sich dein Inneres an.

In derselben Nacht
Ein Mann warf verzweifelt eine Kiste Leergut-Flaschen in Richtung seiner Frau, dabei wurde sie an der linken Hand getroffen und unbestimmten Grades verletzt. Du wundertest dich, wann sie jemals aus ihren eigenen Gefängnissen entsteigen würden, wie oft sie sich noch gegenseitig die Treppe hinunterstürzen werden?

Im TV zeigten sie den Terror der Welt
Wie eine ganze Stadt in Schutt und Asche versank. Die Angst ging wieder um, sie hing an den Schürzen der jungen Mütter, schmuggelte sich in die Babymilch. Sie beantworteten Feigheit mit Feigheit, bedrohten sich erneut mit Schattengespenstern und Rauch. Du spürtest den zugefrorenen Traum, wie das Blut in den Geschichtsbüchern versickerte, sahst die Kinderschaukeln zwischen Hass und Henkersstaub knien.

Die Würde des Menschen sei ein Stern
Der versunken in den toten Müllbergen und den leergeträumten Meeren sich zu verankern sucht. Armut und Scham bettelten um Akzeptanz, die Flaschensammler legten sich in die chicen Receyclingtonnen, sie versuchten mit einer Hand am Saum der Nacht mitzuträumen.

Wenn das Geld nicht reiche
Reicht es auch nicht über die sieben Brücken zu gehen, sie hätten schon längst davon die Nase voll. Wo heilbringende Kirchen nachts verschlossen blieben, hinter Tür und Riegel hingen die Jesus-Kreuze jetzt, mit heiligen Sprüche an die Gemeinde gerichtet, an verwünschten Maibäumen und für den Tourismus sanierten Kapellen geheftet.

Neulich erinnertest du mich
An eine Zeit, die sehr schön war,
vielleicht in den 80igern, wir lagen Seite an Seite,
Im Nachtschattenblick, während all die anderen noch schliefen,
flüsterte dein offenes Herz in mein Ohr, du sagtest zu mir,
wie sehr du meinen Sonnenaufgang in das Heute liebtest!

Heute Nacht aber,
erzähltest du von schwarzen Löchern in den Herzen der Menschen,
und dass viele deiner Gebete sie niemals erreiche.



© Marcel Strömer
[Magdeburg, den 14.05.2018]

Alle Rechte vorbehalten, besonders das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung, sowie Übersetzung. Kein Teil des Textes darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert oder verarbeitet werden!
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