Sortieren nach:

Gedichte über das Leben - Seite 2593


Der Tresor im Sarg

Ich bin ein Geizhals im ersten Rang,
deshalb wird mir vorm Tod so bang.
Was wird dann mit meinem Geld,
bin ich nicht mehr auf dieser Welt?
Der Pfarrer den ich erst gefragt,
hat dabei zu mir gesagt:
Wir stehen nicht mit leeren Händen,
doch können sie es ruhig spenden.

Der Bürgermeister meinte dagegen,
mit Geld könnte man viel bewegen,
doch kriegt man es nicht zu fassen,
lagert es in schwarzen Kassen.
Ich rief bei einer Spendenstelle an,
jetzt stehen fremde Leute ihren Mann.
Dazu die Trinker, Fixer, Asylanten,
die das Geld von früher kannten.

Beim Spaziergang im Friedhofspark
dachte ich neulich an meinen Sarg.
Wenn man dort, wo keiner schaute,
einfach den gefüllten Tresor einbaute.
Ich würde nicht mit leeren Händen
irgendwo im Himmel enden.
So wie man auf Erden handelt,
man bestimmt auf Wolken wandelt.

Kränkelnd ging ich erst zur Pietät,
sagte nur, es ist noch nicht zu spät.
Fährt man den Sarg im schnellen Lauf,
fällt das Übergewicht bestimmt nicht auf.
Bestellt, geliefert, der Safe war fein,
ihn baute gleich ein Fachmann ein.
Dann stand alles stets griffbereit,
hinter der Haustür die letzte Zeit.
Bis zu jenem unheilvollen Tag,
als das Unwetter am Himmel lag.
Es goss 2 Tage in Strömen
zwischen Brandenburg und Böhmen.

Am dritten Tag Hochwasser kam
und meinen Sarg samt Safe mitnahm.
Ich hatte oben trocken in der Nacht
gar nicht mehr an ihn gedacht.

In der Zeitung konnt ich später lesen,
ein Sarg sei an der Elbemündung gewesen.
Ein Zeuge es nur seltsam fand,
dass die Kiste hochkant stand.

19.01.2019 © Wolf-Rüdiger Guthmann
... hier klicken um den ganzen Text anzuzeigen


Anzeige


Gegenwelt

Gegenwelt

Sie saß mit Freundinnen zusammen,
Während die eigenen Kinder darben
Und diskutierte Lebensrahmen,
Klamotten, Schminke und Haarfarben.

So glaubte sie sich gut vernetzt,
Glücklich in ihren Kumpaneien,
Von diesen dann auch sehr geschätzt
Mit ihren schrägen Kindereien.

Der Ehemann brachte das Geld,
Wusch Wäsche, kochte, spülte ab.
Da liegt ihr doch die Luxuswelt,
Die Macht, die Sinn und Freude gab!

Arbeit war ihr ein hässlich' Wort,
Sie stand dazu mit Gleichgesinnten
Und trieb so ihre Liebe fort:
Alles war besser, als das Schinden!

Man lebte in den Tag hinein –
Frausein war gut, Mannsein nur schlecht:
Sie wollte frei und führend sein,
Erst dann schien ihr das Leben echt.

So sann sie weiterhin auf Rache,
Für das, was man ihr angetan.
Verführen konnte sie der Drache:
Das Frühkindliche, das war ihr Wahn!

Alles, was später dann schief lief,
War nur der Kinderzeit geschuldet.
Weil auf der Schuldfrage sie schlief,
Hatte nur alles SIE erduldet!

Dabei konnte sie ja nichts sagen,
Denn ihre Kindheit, die war gut.
Wer Defiziten muss nachjagen,
Für den ist nichts und niemand gut.

Davon kam sie auch niemals los,
Sie konnte keine Zartheit fühlen.
Enttäuschungen sah sie nicht groß,
Liebe konnte sie nicht verführen,

So dass am Ende niemand blieb,
Kinder und Mann waren verschwunden,
Denn sie hatte nur selbst sich lieb –
Und damit riss sie Lebenswunden.

Die Nächsten hatten das verstanden
Und distanzierten sich von ihr,
Denn fremd blieb sie allen Verwandten,
Es gab für sie kein Dich und Dir.


©Hans Hartmut Karg
2019

*
... hier klicken um den ganzen Text anzuzeigen


Anzeige