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Gedichte Über Geheimnisse - Seite 22


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Brief an die Nonne: Don’t forget that, Sor.

Man sagt, wenn einer betrunken ist
wird er authentisch
sagt er alles, was er fühlt,
er zeigt sich verletzlich.
Darum danke ich dir
für dein Vertrauen,
für jene Sekunden
einer besonderen Ewigkeit,
die unser Leben, als Freunde, erfüllten.
Voll Abenteuer, voller Wahnsinn
und ja, vielleicht auch mit einem Hauch von Liebe.

Sor, du hast einen Teil deines Wesens offenbart,
als wir auf meiner Party auf dich angestoßen haben.
Doch das bleibt unser Geheimnis.
Du hast beim Abendgrill immer wieder das Lied gesungen:
„Lachend gehe ich durch das Leben, wie ein Clown."
Ich habe es aufgenommen – in mein Album: „Memoiren unserer verrückten Zeit“, wie eine Reliquie, liebe Sor.

Du fühltest sicher, das Lied spiegelt dein Leben wider,
komm,
so dramatisch war in dein reales Leben doch nicht,
denn wir, deine Freunde,
hatten ja mit dir unsere Eskapaden und Wonne
und sind von tausend Dingen deine Zeugen.

Wir liebten das Tanzen, und
erst beim Anbruch des Morgenrotes
kamen wir von meiner Party heim.
Und du, du gingst zurück ins Kloster,
mit einem neuen Märchen für die obere Schwester.

Und mal ehrlich, das bittere Bier, das tranken wir
nicht, weil wir verdorbene Biester waren,
sondern, um den Schmerz, den Liebe verursacht,
zu betäuben.

Und dann kam der Teil, den ich nie vergessen konnte:

***Der Teil am See***
Am See hast du dich einfach ausgezogen,
als wäre dein Körper nie ein Geheimnis gewesen.
Du bist ins Wasser gegangen, ohne ein Wort,
und ich blieb zurück mit deinem Kleid in der Hand
und einer Frage im Herzen, die nie gestellt wurde.

Das Wasser nahm dich auf wie eine alte Freundin.
Er war auch dort – der Mann, den du nicht lieben darfst,
aber nie vergessen konntest.
Ich sah, wie du ihm zulächeltest, wie du schwammst,
ein wenig näher zu ihm. Und als du aus dem Wasser stiegst,
reichte er dir das Handtuch, und eure Finger berührten sich
wie ein Versprechen, das niemand hören durfte.
Das Wasser schwieg, wie du es konntest, und ich lernte, dass Verschwinden manchmal die ehrlichste Antwort ist.

***In der Nonnenschule***

Den Abend meiner Krise,
habe ich auch in meinem Album geschrieben:
Als ich wie Schneewittchen absichtlich
auf den Hof der Nonnenschule fiel,
Und ich landete nicht im Krankenhaus
wie man später flüsterte,
sondern mit euch auf die für dich verbotene Party.
Und du, Sor, warst die Sensation,
all die Männer beim Grill
baten dich zum Walzer.
Und wie du tanztest!
Als hättest du nie etwas anderes getan
als Herzen aus dem Takt zu bringen.

Ach… und all die kleinen Welten, die unsere geheime Liebe damals erschaffen hat!

Du kamst mit deinem Wein, Caballo Loco in der Hand
und das Pils wolltest du an jener Nacht mehrmals trinken,
da ähneltest du mir,
denn sonst warst du besonnen.

Ich nippte an das Bier,
du an deinem rebellischen Rotwein,
während das Hähnchen
knusprig braun auf dem Grill knisterte
wie unsere Gedanken.
Oh, ich wusste, wie du Essen magst!
Du lachtest, warfst mir deinen Blick zu
und ich wusste:
Diese Nacht wird das Leben rot und ungezähmt.

Und in diesem besonderen Moment hast du gesagt,
wie schön es sei, von dem Mann, den du zu lieben glaubst,
umarmt zu tanzen. Ein erhebendes Gefühl lag in deinen Augen.

Sor, jemand hat gesagt,
wer die Liebe nicht kennt,
der weiß auch nichts von den Martyrien.
Ich weiß…
Du hast dich verdammt,
vergeblich verliebt
in fremde Gestalten und
in Pfarrer anderer Religionen.
Und weißt du was?
Gerade bei euch
ist das Verliebtsein ein seltenes Glück.

Und bevor du Nonne wurdest,
warst du ein Mensch,
Ein schönes Mädchen
mit dem Traum von einem Prinzen.
Eine Frau
mit der Sehnsucht nach jemandem,
der dich umarmt.

Und dann wurdest du eine Nonne.
Don’t forget that!

In Erinnerung an unsere innige Freundschaft, liebe Sor Angela
QEPD
©Saliah Ylenia, 2023
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