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Gedichte über das Gedicht - Seite 568


Der Sinn

Nichts in des Menschen Welt
Dass seinen Sinn des Tages so erhellt
Wie der Sonne leuchten
Will sie doch alle Dunkelheit verscheuchen

Nichts in des Menschen Welt
Dass seinen Sinn so sehr erhellt
Wie anderer Menschlein Singen
Wie Stimmen, die von geliebten Freunden an seine Ohren dringen

Nichts in des Menschen Welt
Dass seinen Sinn so sanft erhellt
Wie die Düfte an milden Frühlingstagen
Wenn sie ihm mit warmer Brise zugetragen

Nichts in des Menschen Welt
Dass seinen Sinn tags wie nachts so sehr erhellt
Wie ein Streicheln über die Haut oder das Haar
Selbst wenn nur ein sanfter Luftzug Grund für dieses Fühlen war

Wenig in des Menschen Welt
Dass seinen Sinn so sehr erhellt
Wie Wein, der Geschmack des Brotes
Genossen zur Zeit des Abendrotes

Gar nichts in des Menschen Welt
Dass seinen Sinn so sehr erhellt
Wie die Empfindung von wohliger Wärme
Des Winters unter der Decke wohl ein Jeder davon schwärme

Nichts in des Menschen Welt
Dass seinen Sinn so sehr erhellt
Wie ein großer Schmerz, der schwindet
Bis dass man ihn Gedanklich überwindet


Kaum etwas in des Menschen heiler Welt
Dass seinen Übersinn so sehr erhellt
Wie einer, der Kopf und Gedanken klug erzieht
Dem an den eignen Sinnen noch was liegt

Verpflichtet man sich letztlich dem zu Dank
Der stets Gesund und niemals Krank

Ob das jedoch des Lebens Sinn
An dem man für ein Leben spinn‘
Bleibt trotzdem zu hinterfragen
Wollen doch all die vielen Menschen auf ihre Weise sagen
Dass es noch was andres gibt
Neben einem klugen Kopf, der immer nur Gedanken siebt


© Auris cAeli
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Der Naturfotograf

Der Naturfotograf
(eine Fiktion)

Eines Morgens nach ´ner dunklen Nacht
War der Naturfotograf erwacht
Waschen, Duschen, seifenfrei
Zähne putzen, einerlei
Hose, Hemd und Jacke an
An die Füße Schuhe dran
So stand er auf, ´s war noch duster, nicht mal hell
Und packte dann die Kam´ra schnell

Drei Schritte vor der Tür
Verließ ihn erstmal das Gespür
Durchs lange Objektiv
War die Sicht nur primitiv
Weil´s ganz ohne Helligkeit, das bisschen Licht
Vertrieb es die Schwärze aus dem Sucher nicht

Nach ein paar hundert Metern Gehens dann
Der Himmel fing da schon zu leuchten an
Dort wo der Sterne Firmament
Sich in die Bäume niederlenkt´
Erfreute sich des Fotografens Auge
An einer schönen Türkentaube

Er späht geschwind auf das Kameradisplay
Kontrolliert Programm, Blende und Zeit aber: „Hey!“
Fliegt der Vogel doch sogleich hinfort
Zu einem andern fernen Ort
Der Fotograf nimmt´s hin, ist brav
Doch es scheint fast, als wär´s ihm eine Straf´

In seiner Tasche führt er, weil er klug
Ein Objektiv mit sich, das den Blick mehr in die Breite trug
Als das schwere Linsenrohr
Mit dem er die Taube grad´ verlor
Damit gedacht er nun, ganz wie zum Spaße
Zu fotografieren den Wald gleich neben einer ruhigen Straße

Zwischen Wald und Straß´ liegen zwei, drei Felder
Der Weizen dort wird täglich gelber
Die Sonne erscheint nun fast schon weiß
Unter des Fotografen Mütze wird´ es heiß
Erhitzt wird auch des Fotografen Temperament
Weil justament dort ein junges Reh langrennt

Als er die Kamera dann hebt, ist es beinahe schon zu spät
Ihn das Fotografenglück verschmäht
Das Objektiv zu kurz, die Sonne gleich überm Reh
Man den Fotografen schluchzen seh´
Er wischt das Augennass hinfort
Das Fotografieren ist ja nur ein Sport

Das Landschaftsportrait steht ihm gleich im Sinn
Im Wald steh´n nicht nur grüne Bäume drin
Ein Hochstand an dessen Rande reizt ihn sehr
Wie das Knipsen von dort oben wär´?
Er stakst mit seinem Fotoapparat
Übers weite Feld mit Kopfsalat

Erhobenen Blicks kraxelt er die Leiter empor
Die in der Vorzeit eine ihrer Sprossen verlor
Der Fotograf, er fängt sich so grade noch
Steht erstaunt vor dem großen Leiterloch
Als er dann oben auf dem Sitze sitzt
Wirkt der Mann doch arg verschwitzt

Nahe dem Fotograf in seines Schweißes Mief
Steht ein Reiher, hält seinen Kopf ganz schief
Und wartet drauf, dass etwas fleucht
Oder zu seinen Füßen kreucht
Da! Er sieht ´ne kleine Maus
Potz Blitz! Nun ist deren Leben aus...

Dem Naturfotograf wird schlecht
Sich des Mäuschens Seele an ihm rächt
Die Kamera wiegt auf einmal schwer
Des Fotografen Augen werden leer
Er nimmt sich zusammen, hebt das Rohr
Doch sich des Akkus Ladung schon verlor
Bebend und mit rotem Kopf
Packt er die Gelegenheit beim Schopf
Holt er Ersatz aus der Fototasche
Schiebt den vollen Akku durch die Lasche
Hält das Okular ans Auge, gleich vors Gesicht:
Nur fokussiert darauf die doofe Linse nicht!

Der Reiher reckt sich, ja er fliegt davon
In Richtung auf die Morgensonn´
Der Fotograf schimpft leise auf sich selbst:
„Wenn du nochmal am Fokusschalter stellst!“
Sogleich legt er das kleine Hebelchen um
Und find´ zurück zu seinem alten Schwung

Mit drei Schritten ist er herunter von dem Stand
Mit seinen Füssen steht er schon auf festem Land
Da kommt ein bunter Schmetterling daher
Er hofft: „Den zu Fotografieren ist nicht schwer!“
Doch der flatterhafte Geselle ist gemein und voller Tücke
Fliegt nicht längs des Weg´s, sondern durch des Dickichts Lücke

Mal stoppt er hier, mal da, dann wo er eben war
Der Fotograf wird dadurch nicht schlau
Ihm wird nicht klar, er weiß nicht genau
Ob er dort wohl länger bleibt
Denn: Bis die Kamera bereit
Braucht es ja ein bisschen Zeit.

Schließlich sitzt das schöne Insekt dann doch mal still
Klappt aber stur die Flügel zu und will
Dass der Fotograf es nicht mehr sieht
Während er sich zu ihm herunterkniet
Im Sucher sieht er dann den tollen Falter
Doch der wirkt arg zerrupft und von hohem Alter

Die Turmuhr schlägt Zwölf, der Morgen endet
Der Fotograf seine Schritte heimwärts wendet
Als ihm ein Donnern fährt ins Ohr
Er schimpft: „Ach weh, ich alter Thor!“
Am Himmel, gegenüber von der lichten Sonne
Ein Regenbogen, den knipst er nun voll Wonne
Das Resümee

Dem Regen konnte der Fotograf eben noch entkommen
Ja, er blieb an diesem Tag, alles in allem, ganz besonnen
Sein Glück war zwar nicht so groß wie morgens erwartet
Als er die Tour in die schöne Natur gestartet
Doch nachdem er die Bilder erstmals gesichtet
Wusste er: Fast alle waren sie richtig belichtet!

Um die Türkentaube
In des Baumers Laube
Sich der sternenbesäumte Horizont bog
(Wenn die Geschichte hier nicht trog)

Wald und Reh gingen ganz O.K.
Wenn man von der fehlenden Näh´ abseh´
Des Reihers Maus blieb mangels Schärfe unentdeckt
Die hätte dem Fotografen auch nicht geschmeckt
Die Schmetterlingsflügel waren zwar löchrig bis narbig
Der Gesamteindruck war aber trotzdem eher farbig

Allein der Regenbogen erschien ihm sogar Topp
Die Hochspannungsleitungen jedoch ein Flopp
Die Augen des Fotografen blieben so trocken
Der nächste Ausflug tat ihn des Nachmittags locken
Alles in Allem blieb es bei dem Wort:
Fotografieren ist doch ein toller Sport!


© Auris cAeli
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Die Tage der Häsinnen sind angebrochen

Ein etwas fabelhaftes Gedicht

Die Zeiten der Häsinnen sind angebrochen
Tage, die uns glücklich machen
Tage, an denen wir freudig erwachen
Tage, an denen uns der Himmel Lachen lehrt

Manchmal sind uns die glücklichen Zeiten der Häsinnen verwehrt
Wegen der Tage, die geplant zunächst kurz und spontan
Gipfelnd in Tagen zunehmend längerer Norm
Gegossen aus immerselber Form
Wegen Tagen, die des Anfangs empfunden voll Macht
Dann jedoch langsam zur Routine verbracht

Die etwas anderen Zeiten der Häsinnen sind angebrochen
Tage, die erfüllt von Doktoren
Tage, verfüllt bis über die Ohren
Tage, die elliptisch versenken
Alles verschenken
Nur nicht das Ich

Die Zeiten der Häsinnen bestehen aus …
Tagen, von denen niemand weiß wem sie gehören
Tagen, von denen man nicht weiß wen sie stören
Tagen, an denen man nicht weiß über was man lacht

Die Zeiten der Häsinnen sind auch …
Tage, die an Tankstellen verbracht
Tage, die nur für Arbeit gemacht
Tage, die mich zerstören, denn ich …

Die Zeiten der Häsinnen …
Tage, an den der Himmel laut weint
Tage, an denen Furcht vor der Zukunft aufkeimt
Tage, über deren Ruhe man wie über gebrochenes Glas philosophiert

Die Zeiten der Häsinnen sind organisiert …
Tage, die zeigen, dass der Stab der Staffel verloren
Tage, die zeigen, dass unser Sinn fast vergoren
Dunkle Tage, grau grüßend und unverhohlen … :

Die Zeiten der Häsinnen sind …
Tage, die für das Wohl der Welt gestohlen
Tage, an denen man sich am liebsten, am besten tief in sich selbst verkriecht
Tage, an denen man den Ruch des Untergangs riecht

Die Zeiten der Häsinnen sind schwer …
Weil man sie als schon als kühl empfindet
Weil man für deren Sinn schon erblindet
Weil sie sowohl dem Anfang und dem Ende entrungen

Es sind die Tage und Zeiten der Häsinnen, denn:
Sie haben sie als Mütter erzogen, die Hasen!
Wer hätt´s gedacht:
In der Welt haben, neben den wenigen Löwen
Die unendlich vielen H a s e n die Macht!


© Auris cAeli
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