Gedichte über Einsamkeit - Seite 250

Mein Handy
eher mein Fernsprechkiosk
ich kann lesen
was ich will
online zahlen
Glücksspiel wagen
Post verschicken
Lotto tippen.

Fahrplan checken
Charts entdecken
den Müll
gleich hier
im Kiosk löschen
mein Leben liegt
in meiner Hand
es geht so leicht hier
allerhand.


Was ich brauch
in einem Raum
navigieren
hier ein Traum
die Apps wie Türen
alles da
wie um die Ecke
wunderbar.

Nach Wetter fragen
Fitness (Konto)-Daten
all das
kann ich
hier auch erfahren
doch mit mir sprechen
tut man kaum
surfen nur rum
im Büdchen Traum.


MB

man kann sagen, im Prinzip ja
andere sagen, ist doch bla, bla
bei dem heutigen Gehäcke
bleibt Liebe auf der Strecke

oft ist sie nur noch platonisch
wenn alles läuft elektronisch
schaust du Facebook und Co
da fragst du dich, Liebe? Wo?

viele schwören auf Chatten
kalt bleibt es in den Betten
Liebe heißt doch alles geben
Chats gehen vorbei am Leben

es gab mal eine goldene Jugend
beim Tanzen erlebten wir Tugend
wir sprachen real miteinander
ja, es war zärtliches Beieinander

menschliche Nähe, geile Gefühle
auf der Tanzfläche im Gewühle
man kam sich nah und näher
jeder fühlte sich wie ein Späher

wir schmusten immer ohne Ende
unsere Liebe hatte sieben Bände
war eine unendliche Geschichte
hier nun der Anfang im Gedichte

Ernestine Freifrau von Mollwitz
mageba

Täglich fährt sie
Kilometer für Kilometer
mit dem Fahrrad
zum Bahnhof,
bei jedem Wetter:
die alte Dame mit dem
Strohhut.

Geht auf den Bahnsteig,
setzt sich auf die Bank
und wartet.

Züge fahren langsam ein
und schneller wieder hinaus,
immer im gleichen Zeittakt:
Menschengewühl, Stimmengewirr;

so dann und wann
hält ihr ein Reisender
die Zugtür auf,
aber sie steigt nicht ein,
bleibt sitzen,
lächelt nur
und winkt ab.

Sie ist nicht traurig,
nur allein,
lebt in der Erinnerung.

Bricht die Dämmerung herein,
steigt sie auf`s Rad
und fährt heim;
morgen wird sie wieder
auf der Bank sitzen
und warten:
Einmal muss er ja kommen!