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Gedichte über das Alter - Seite 100


Treppen

Ein altes Schloss ward einst gesprengt,
manch Bauteil als Erinnerung verschenkt.
Und auch mich fragte ein staubiger Knabe,
was ich für einen Wunsch denn habe.

Doch er zog bald eine elende Fleppe,
als ich ihm sagte: „Eine schöne Treppe!“
„Wir haben hohe Pfeiler, runde Bogen,
Schlusssteine und Kapitel vorgezogen.“

Da musste ich ihm erst einmal sagen,
dank Treppen kann man den Eintritt wagen.
Bevor einer mit der Tür ins Haus fällt,
ihn hier schon die erste Stufe hält.

Sehen Treppen oft auch hässlich aus,
manche bekommen ein eignes Haus.
Oder sie trotzen bei Wind und Sturm
samt Glockenstuhl in einem Turm.

Drum sind die Türme auch nicht fett,
ich denke da an manches Minarett.
Baulich ist auch meist festgelegt,
ob es rechtsrum oder linksrum geht.

Treppen in den obersten Stock steigen
oder sich in den tiefen Keller neigen.
Je nach Stolz, Architekt oder Kapital
sind sie aus Holz, Beton oder Stahl.

Sie sind gerade, eckig, geschwungen
und manchmal auch etwas misslungen.
Die Stufen sind oft angeschlagen,
vom vielen Müll und Möbel tragen.

Spannend ist das Treppenlicht,
mal brennt es und mal brennt es nicht.
Die Treppe soll kein Spielplatz sein,
doch laden oft die Stufen dazu ein.

Für manchen Besucher ist hier Schluss,
zum Abschied gibt es einen Kuss.
Für andere Dinge außerdem
ist eine Treppe unbequem.

In die Prager Botschaft einst viele liefen
und dort auf der Treppe schliefen.
Für weite Röcke mit Schleierschleppe,
gibt es immer noch die Freitreppe.

Dort schreitet man ganz feierlich,
nur stolpern wäre weinerlich.
Sollte jemand der Länge lang fallen,
hört man es im Hause schallen.

In Brüssel sind sie ganz beliebt,
die Feuertreppen, die es gibt.
Architektur, mühevoll aufgebaut,
wird durch den Brandschutz oft versaut.

Stufen sind glatt oder durchstochen,
manche durch den Holzwurm gebrochen.
Die Treppe lebt, sie quietscht und knarrt,
weil auch sie auf gute Pflege harrt.

Die Treppe macht es nicht allein,
da muss auch ein Geländer sein.
Ein Handlauf mit senkrechten Streben,
ein schönes Kinderspielzeug eben.

Das kleine Köpfchen hindurch gesteckt
und nimmermehr heraus getreckt.
Die Feuerwehr muss dann mit Kraft
den Kopf erretten aus der Haft.

Die Schreie lockten in großem Maße
viele Nachbarn auf die Straße.
Selbst König Ludwig und der Alte Fritz
kannten schon den Treppenwitz.

Wenn eine Frau die Treppe putzt,
mancher Mann die Aussicht nutzt.
Wenn er zu viel Frechheit bringt,
ihm oft der Scheuerlappen winkt.

Damit die Frau das gleiche spürt,
hat man den Hausmann eingeführt.
Emanzen fordern von Stock zu Stock
den Hausmann auch im kurzen Rock.

Doch die Treppe hat Konkurrenz,
nicht jeder springt wie einst im Lenz.
Neuerdings gibt es zur Genüge
für alle Kranken die Treppenaufzüge.

Der 11-Stufenrosenkranz im Kloster
stottert wie der fehlende Paternoster.
Sogar für Fische gibt es Treppen,
weil sie so viele Schuppen schleppen.

Der Inspizient mit dem Steigbaum
saß meist im Theaterfreiraum.
Studenten auf der Treppe zu Sacre Coeur
bilden für Touristen jetzt das Nadelöhr.

Nur mich hat es hinauf getrieben,
das hat der Doktor mir verschrieben.
Egal, was ihr mit Treppen macht,
gebt bitte auf die Kinder Acht.

28.01.2015 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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Rohrkolbenernte

Rohrkolben zu suchen war mein Sinn,
darum ging ich zum Weiher hin.
An einem Graben suchte ich auch,
da sind sie oft, nach altem Brauch.
Schon aus der Ferne konnte ich sehen,
die Kolben dicht am Ufer stehen.
Sie standen da in großer Zahl,
bis da war alles optimal.
Doch leider nicht sehr griffbereit,
Entfernung so 2 Meter weit.
Vor Jahren waren solche Sachen,
mit 1, 2 Schritten leicht zu machen.
Marode Knie, ein steifer Rücken
und noch so ein paar andre Tücken,
die machen daraus ein Problem,
es geht nicht mehr wie ehedem.
Mit Umsicht wird erst eruiert,
dann das Gelände inspiziert.
Danach kommt man sofort zum Schluss,
dass man hier sorgsam planen muss.
Der Zugang nicht sehr eben war,
er war geneigt, erheblich gar.
So 30 Grad, mal grob geschätzt,
das wird wohl schwierig sein, was jetzt?
Die Kolben stehen, welche List,
natürlich da, wo Wasser ist.
Und ohne Gummizeug am Bein,
wagt besser man sich dort nicht rein.
Doch 2, 3 stehen, welch ein Traum,
ganz vorne, dicht am Wassersaum.
Das wäre auch schon ein Vergnügen,
mit diesen will ich mich begnügen.
Mit leichtem Schritt den Hang hinab,
das schminke ich mir besser ab.
Denn leider ist mir wohlbekannt,
es geht ja kaum im flachen Land.
Ich wähle also ein Verfahren,
das angepasst den reifen Jahren.
Setz mich auf meinen Hosenboden,
und denk dabei an Arsch und Hoden,
ob der Abhang wohl auch frei,
von spitzem Ast und Steinen sei.
Geplant getan, so wird’s gemacht,
man rutscht nach unten und zwar sacht.
Im Sitzen wird es schwer gelingen,
die Rohrkolben an mich zu bringen,
drum fang ich an, es knirscht im Rücken,
langsam nach oben mich zu drücken.
Nun steh ich da und strecke mich,
drück durch das Kreuz trotz Rückenstich,
mach einen Schritt in Richtung Ziel.
Ich sah von weitem wohl zuviel,
von dreien muss ich zweie streichen,
nur einer ist knapp zu erreichen.
Den ernte ich mit sanften Händen
und will das Drama nun beenden.
Behutsam dann im Vierergang
Bezwinge ich den Grabenhang.
Bin stolz, dass ich den Einen habe,
Du wolltest viele, alter Knabe!
Nicht gierig sein, gib Dich zufrieden
mit dem, was heute Dir beschieden.
Bescheidenheit, so ist es eben,
verschönt im Alter oft das Leben.
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