Sortieren nach:

Gedichte über Technik - Seite 25


Der alte Brauch

Wehet auch kein Frühlingshauch,
ist Ostern doch ein alter Brauch.
Im Spreewald bei Sorben und Wenden
soll jeder Winter doch fruchtbar enden.
Drum war ich heut, nach Skat und Sport
an einem ganz besonderen Spreewaldort.

In Briesen, wo längst der Teufel pflügt,
auch ein altes aktives Museum liegt.
Statt Reden, Unterschriften oder Wahlen,
konnte man hier die Ostereier bemalen.
Eier, die man als Fruchtbarkeitssymbol
auspustet, bis sie gänzlich leer und hohl.

Dazu wird mit Geschick und Bedacht
an beiden Spitzen je ein Loch gemacht.
Durch die Münder, nicht durch die Nasen,
wird weißer und gelber Inhalt ausgeblasen.
Und man kann ihn gleich verbuchen
für den üblichen Osterlammkuchen.

Mit den Eiern, die gesäubert und trocken,
kann man sich in die Tisch Runde hocken.
Wo jeder Wachs in einem Löffel erhitzt
und beim punktweisen Auftragen schwitzt.
Punkt für Punkt und Strich für Strich
ergibt sehr bald ein Muster sich.

Glaubt man, mehr wird nicht gebraucht,
wird das Ei in die erste Farbe getaucht.
Nach dem Trocknen wird das erhitzt,
was das zweite Farbmuster besitzt.
Nun kann man es ganz vorsichtig wagen
dieses Wachs zwischendrin abzutragen.

Leicht erwärmt, ohne dass es sich mischt,
werden Teile des Wachsmusters abgewischt.
Und wieder wird das Ei in Farbe geschunkelt,
auf dass sich die erste Farbe verdunkelt.
Man fängt mit der hellsten Farbschicht an
und endet spätestens nach drei Schichten dann.

Wer nicht aufgibt und noch experimentiert,
erneut Wachs aufträgt und nochmals verziert.
Der Vorteil in der gemeinsamen Runde ist,
dass man dabei alle Sorgen vergisst.
Ich verabschiedete mich schnell unterdessen,
ich hatte zu Hause Spinat mit Ei vergessen.

28.03.2018 © W.R.Guthmann
... hier klicken um den ganzen Text anzuzeigen


Anzeige


Das Haus des Regenwaldes

Wie dunkel still ist es am Boden
Der Tapir streift hier, ungelogen,
durch‘s Dickicht schon seit Jahrmillionen,
spürt auf die Obst- und Blattvariationen

Der Regen rinnt durch’s Blätterdach
Zikaden, Papageien machen Krach
Die Luft ist schwül und in den Ästen,
da schaut die Schlange nach den Gästen

Darüber in den unt’ren Bäumen,
da liegt ein Ozelot in Träumen
Wie viele schläft auch er, wenn‘s tagt
und geht bei Dunkelheit auf Jagd

Im Dachgeschoss im Regenwald,
da hängt im Baum, so ist es halt,
ein Faultier, das frisst Früchte, Blätter
und hat‘s gemütlich etwas netter

Noch höher ragen Urwaldriesen
und schaffen heiße, hohe Wiesen
Dort nisten Aras und Tukane
Ein Affe schält sich die Banane

Nur einer hat den Baum verlassen
Er war zu schwach und musste passen,
musst‘ fortan in Savannen leben
und dort nach etwas Neuem streben

Ganz aufrecht geh’n schien nun am besten
So konnt‘ man sehen und auch testen,
was die Arme, Hände können,
sind sie frei von and‘ren Zwängen

Mit Holz und Steinen konnt‘ man schaffen,
erfand das Werkzeug und die Waffen
Auch Feuer lernte man entfachen,
das Essen kochen, Töpfe machen

So schritt man langsam weiter fort
und kam zu Technik, Kunst und Wort,
zu Viehzucht, Ackerbau und Häusern
Man lernte schriftlich sich zu äußern

Der Geist verleiht ihm so viel Macht,
dass nun als ‚Mensch‘, auf sich bedacht,
kann er sich nehmen, was er will
Sein Wachstum steht noch heut nicht still

Er tötet so viel and’re Wesen
und glaubt sich noch von Gott erlesen
In seinen Wald kehrt er zurück
nicht nur als Wand’rer - Stück für Stück

zerstört er, was ihm Heimat war -
nur für sich selbst. Ist ihm nicht klar,
dass er das Lebenshaus zersägt,
das ihn und alles Leben trägt?


Anm.: das gesprochene Gedicht mit Musik und Bildern ist zu finden auf https://youtu.be/35bz-CMj3BM
... hier klicken um den ganzen Text anzuzeigen


Anzeige