Sortieren nach:

Gedichte über Opa - Seite 14


Das Zusammentreffen ...

(Das Dampfradio)

Sieh mal da, der alte Kasten ...
Der in der Ecke, ist's das, wonach du lechzt?
Drückt man seine vormals weißen Tasten
Kann's sein das er lautstark krächzt

Ich erinnere mich beinahe noch
An den gedruckten Glanzprospekt
Wie war es noch ...
Wenn man ihn in die Dose steckt ?

Tönte tief im Bass, brillante Höhen
Das Gehäuse schien fast zu schön
Edelholz, mit gold‘nen Streifen
Doch statt zu spielen tut er heute Pfeifen

Das magische Auge glimmt zwar rot
Doch ohne Grün zu zeigen bleibt es tot
Als man‘s bemerkt ertönt ein Brumm
Der Radiosender bleibt einfach stumm

Die Antenne dort, ein langer Draht
Es fällt kein Wort, es folgt die Tat
Die Rückwand zu, die Buchsen leer
Die Lösung fällt nicht allzu schwer

Ob die Bananenstecker der Weiche passen?
Voll Unglauben, ich kann's nicht fassen
Die Wellen von Direktoren arrangiert
Ins Dipol reflektiert, dann dekliniert

Ob's sich hier nur um das Eine dreht?
Ob der Kasten dann wohl wieder geht?
Im Nu mit Draht und Erde ausgestattet
Die leeren Buchsen mit der Weiche begattet ...

*****

Doch weigert sich das Radiophon
Heute noch, seit Jahren schon
Erst lautes Knistern, Horngerüche
Ein Zwitschern, mir entfahren leise Flüche

Das Skalenlicht flackert, kurz leuchtet's hell
Durch des Birnchens Fädchen ruckt es schnell
Urdox lese ich durch die Hinterwandpappe
Auf 'nem Glaskolben, es fällt die Klappe

Arsen und Spitzenhäubchen
Selen flüstern mir die Täubchen
AZ steht da in Weiß zu lesen
Auf einem and'ren Röhrenwesen

***

Ein alter Mann mit weißem Bart
Ein Auge zu, die Stimme zart
Murmelt Fachchinesisch vor sich hin
Nicht lieber Gott, nicht Isegrim ...

"Die Getterpille wirkt noch gut!
Silberne Farbe macht mir Mut!
Der Elko scheint noch beinah neu ...
Da heißt es einfach: Toi, toi Toi!"

***

Da wird es vor meinem Auge Licht
Das glaub ich doch im Traume nicht
Da wache ich im Schweiße auf
Unterschreib noch meinen Lebenslauf

Dann las ich was da geschrieben stand:
"Dein Genie sei auf Lebenszeit verkannt"
Ich kniff mich wirklich fest
Und schrieb ihn auf, des Traumes Rest


© Auris cAeli
... hier klicken um den ganzen Text anzuzeigen


Anzeige


Zu Ehren von Baltasar Heinrich, meinem Großvater mütterlicherseits

Zu Ehren von Baltasar Heinrich,
meinem Großvater mütterlicherseits

Er war schon ein außergewöhnlicher Mann,
Sehr klein, drahtig und doch untersetzt.
Er ging mir immer leuchtend voran,
Wurde ein Leben lang oft unterschätzt.

Unehelich geboren, bei der Mutter verblieben,
Die putzte, während er das Metzgerhandwerk lernte.
Er wusste, sie würde den Sohn lebenslang lieben,
Weil auch er ihr half, sein Fleiß sie besternte.

So sparten sie, kauften den Bauernhof
Am Flusse – mit viel Hochwasser alljährlich,
So dass dies auch in die Ernten troff –
Ihr Leben entbehrungsreich, aber ehrlich.

Hühner hielten sie, Kühe, Schweine und Gänse,
Er selbst schlachtete täglich zwei Schweine
Als Landwirt und Brandmetzger, der zur Gänze
Diese Tiere verschaffte – für ganz wenig Scheine!

Im 1. Weltkrieg war er beruflich in Berlin,
Hat die Bevölkerung, die Soldaten versorgt.
Das machte für ihn auch wirklich Sinn:
Ideologisch hatte er dazu nichts geborgt.

Auch im 2. Weltkrieg versorgte er weiter,
Weil er altersbedingt nicht eingezogen wurde,
Die Ortsbevölkerung, er war kein Streiter
Und sah lieber zu, dass sein Nachwuchs spurte.

Zwei seiner Kinder waren ganz früh verstorben,
Nur eine Tochter und zwei Söhne blieben ihnen.
Er schlachtete, bewirtschaftete, was er erworben
Und seine Leidenschaft galt stets seinen Bienen.

Er war auf das stolz, was er täglich geleistet hat
Zusammen mit seiner so viel jüngeren Frau.
Sein Elektrisierapparat befreite von Schmerz und Tat,
Sonntags saß er im Wohnzimmer, wenn der Himmel grau.

Und am Sonntag war meist Kirchenbesuch angesagt,
In der Wirtschaft trank er anschließend ein Bier,
Wo auch der reichste Müller des Dorfes mittagte,
Für die Ärmeren Schichten hielt der wenig dafür.

Wenn er nach dem zweiten Kriege zu uns kam,
Mit dem Zug, dann saß er gerne bei mir.
Er war stolz auf uns, seinen Tochtermann,
Hatte für seine Familie ein Gespür.

Da er die avterlosigkeit des Tochtermanns kannte,
Ehrte er ihn, beide waren ja aus der Armut gekommen,
Weil beider Leben und Fleiß auf dem Sittengesetz fußte:
Man verschwendete nichts, ließ nichts verkommen.

Wir redeten sehr wenig, ein heiliges Zwischen
Ließ mich spüren, dass wir einander sehr liebten.
Gern saßen wir dann an gedeckten Tischen,
Wo Erwachsene ihre Neuigkeiten durchsiebten.

Noch mit Kühen habe ich mit ihm geackert,
Im Sommer war ich zum Baden im Fluss.
Ich habe erlebt, wie die Großeltern gerackert
Und noch schenkten, wo kein Überfluss.

Most tranken wir, aus eigenen Äpfeln gepresst,
Brunnenwasserverdünnt, Brot ward selbst gebacken.
Jährlich wurden vom Flusse die Wiesen genässt,
Besuch freute sie – es gab Schweinenacken!

Die Schöpfung sahen sie als ihre große Leihgabe,
Als Geschenke ihres verehrten Gottes.
Der Natur, den Jahreszeiten gehörte ihre Teilhabe,
Das war ihnen ein Wert – nichts Bigottes.

Realistisch in ihrem Leben zu stehen,
Dort anzupacken, wo man eben hingestellt
Und dabei immer auch das Gute sehen –
Das haben meine Vorfahren als Maxime gewählt

Und das habe auch ich von ihnen übernommen,
Als den Begriff Resilienz man noch nicht kannte.
So habe ich von ihnen Großes mitbekommen,
Das sie mir vermittelten als liebestätige Verwandte.


©Hans Hartmut Karg
2023

*
... hier klicken um den ganzen Text anzuzeigen


Anzeige