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Gedichte über das Leben - Seite 1034


Zugreise des Lebens

Bei unserer Geburt schenkten unsere Eltern
uns eine Fahrkarte fürs Leben.
Viel zu jung, um schon alleine loszupoltern,
setzten sie sich zu uns daneben.

Sie erklärten uns die Sachen vorm Fenster,
die an unseren Augen vorbei saußten,
verscheuchten vermeintliche Gespenster,
erzählten Geschichten, denen wir lauschten.

Dabei lernten wir sie beide selber kennen,
sie waren von Beginn an unsere Reisebegleiter,
immer da, niemals würden wir uns trennen,
stets an unserer Seite, so ging die Reise weiter.

Schmerzlich stellen wir an Haltestellen fest,
dass beide doch nacheinander aussteigen,
uns allein lassen für unseren Reiserest,
zurückblickend wir ihnen nachschweigen.

Immer wieder sind im Laufe der Zugfahrt
andere wichtige Menschen zugestiegen.
Geschwister, Freunde, Kinder hinzugeschart,
einige lernten wir besonders zu lieben.

Wieder werden viele vor uns aussteigen
und eine dauerhafte Lücke hinterlassen.
Andere in einem hinteren Wagon verbleiben,
ihren Ausstieg werden wir unbemerkt verpassen.

Was alles uns auf unserer Reise wird bewegen,
ob Freude, Trauer, Träume oder Fantasie,
wie wir uns mit den Mitreisenden begegnen,
liegt bei uns, dafür gibt es keine Erfolgsgarantie.

Keiner weiß, welche Haltestelle seine ist,
wann die geliebten Mitreisenden wir verlassen.
Damit unser Platz für sie immer uns vermisst,
schöne Erinnerungen für sie darauf hinterlassen.

Die Reise wird für sie weitergehen,
mit ihnen ein weiterer freier Platz ...
Andere Passagiere werden davor stehen,
spüren, hier saß ein sehr geliebter Schatz...

© meteor 2024
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Trotz

War gestern spätabends noch auf Blütensuche,
durchkämmte Wald und Wiesen nach ihnen.
Fand ganz viele, hielt sie fest auf digitalem Tuche,
in jungem bunten Gewand ist mir Leben erschienen.

Harrte aus bei meiner stillen trauten grünen Oase,
ungeduldig gewartet auf den Sonnenuntergang.
Auf ihr Untergehen nur erpicht in diesem Maße,
gewiss früh morgens sie die Nacht erneut bezwang.

Nichts illusterer steht für den Kreislauf im Leben,
die Sonne ist uns Licht am Geben und Nehmen.
Richtig betrachtet, ist es die Erde, ihr Bestreben,
sich stetig um ihre eigene Achse zu drehen.

Hat lange gedauert, bis der Mensch das verstand,
es wurde gefoltert, verteufelt der Wahrheit getrotzt.
Machtgier, Unterdrückung, Sinnsuche neu entbrannt,
mit neuen Existenzgründen gegen alte gestrotzt.

Selbst nach einer Erklärung für mich suchend,
wozu ich bin, mich in diesem Kreislauf befinde,
bringt stets nur Verzweiflung, alles verfluchend,
erinnert mich als ich die Suche begann als Kinde.

Noch keine Sieben, schaute ich aus dem Holzfenster
im Haus meiner Großeltern aus Nachkriegsschutt.
Am Waldrand drüben vorbei huschten Gespenster,
die großen Steinbrocken beschützten mich gut.

In grauen Nebelschwaden erkannte ich Bedrohliches,
wollte mir an den Kragen, schlimmes Leid zufügen.
Unter meinem Trutzburgfenster entlang kroch es,
erkannte, das Leben da draußen ist kein Vergnügen.

In steinigen Felsenhang vertrieben ein Heim erbaut,
aus kaputten zerbombten Vorexistenzen errichtet.
Furchtbarstes erlebt, doch an eine Zukunft vertraut,
Menschen in Not sich Trümmer aufgeschichtet.

Jede neue Nacht erlosch das trübe Dimmerlicht,
geborgen lauschte ich meines Opas Geschichten.
Eingepfercht, links und rechts je ein altes Gesicht,
lernte ich aus seinen belehrenden Berichten.

Bewehrt mit Gittersteinenpflaster der Ausfahrthang,
schottrig knisternd wie er war auch das Leben.
Kärglich Obst, Gemüse brauner Erde man abrang,
von Hasen, Hühnern und Katzen stets umgeben.

Ein richtig beschauliches Kinderleben beschrieben,
übliche häusliche Gewalt gar noch verschwiegen.
Die Zeiten waren einfach nicht nach Honiglecken,
hört man heute oft, will heutiges Leid verdecken.

Der Kreislauf des Lebens wird einem dann sichtbar,
wenn einzige Zufluchtsmenschen nicht mehr da.
Wenn Opa nur noch am Grab besucht werden kann,
wirklich nah er in einem bleibt, fängt zu weinen an.

Versteht zwar nie so wirklich den Sinn dahinter,
mit den Jahren und Kämpfen übersteht man viele Winter.
Steht desöfteren verloren am tiefen Klippenrand,
denkt an Opa, der stets einen Grund zum Weiter fand.

So geht man die berühmten Lebensstufen hoch,
eigentlich geht man sie ja hinab ins Grab, ins Loch.
Und aus einem selbst, wenn man ist mal kaputt,
wird was Neues gebaut, entstehen aus Schutt.

Ist es Weisheit, die wirklich das Alter uns beschert?
Ist es nicht eher die Jugend, die sie uns verwehrt?
Todesangstgelähmt den Kreislauf früh sonst ablehnt,
lieber unweise, lebenslustig sich nach Liebe sehnt.

Beengte, unwissende Sicht mich zum Ende sinnt,
zuviele offene Fragen, doch meine Zeit verrinnt.
Sollte sie besser mit Lebensfreude erfüllen,
den Abschiedsruf in ungewisse Zukunft verhüllen.

Was sich zeigt bei allem schon errungenen Wissen,
es wird noch sehr viel Unbekanntes um uns geben.
Generationen nach uns werden es erforschen müssen,
uns bleibt nur der Trotz den Kreislauf zu leben.

© meteor 2024
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