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Gedichte über Hoffnung - Seite 228


Der Kanonenofen

Im Testament stand: „Stein um Stein,
samt Dach und Kellermäuschen,
sollen ab heute Deine sein,
ich vererbe Dir mein Häuschen.“

Drei Wochen haben wir sortiert,
was wertlos und was lieb,
Erinnerungen wurden ignoriert
bis nicht viel übrig blieb.

Nur am Schornstein in der Zimmerecke
ein alter schwerer Kanonenofen stand.
Den Kindern erklärte ich die Zwecke,
die man einst für den Ofen fand.

Wenn die Schornsteinklappe gedreht
und die Asche Tür etwas geöffnet,
damit ein frischer Windzug weht,
wurde das Feuer mit Holz angezündet.

Oben das Teil, das glatte,
dort strich die Flamme vorbei,
das ist die kleine Herdplatte
auf der ein Wasserkessel stand.

Der Opa nebenbei Tischler war
zu Hause im eignen Heim.
Drum stand stets auf dem Herd
der Topf mit Perlenleim.

Es kamen Krieg und Inflation,
und der Ofen dann ins Lazarett.
Zum Heizen gab es nur Notration,
mancher verbrannte sein Bett.

Als im Winter 44 die Bomben fielen,
weil der nächste Krieg kein Ende fand,
mussten Kinder im Luftschutzkeller spielen
und nun dort der Ofen stand.

Er wärmte Vertriebene und die Werkstatt,
Erdölbohrer haben ihn schon getragen,
denn er machte sie warm und satt
in ihren Wohn- und Arbeitswagen.

Jahrelang heizte er Omas Küche,
hielt warmes Wasser stets bereit,
war ein Teil der besonderen Gerüche
und der Wärme zur Winterszeit.

Elektronik, Rohre und Heizungsrippen
haben ihn einfach abgeschoben.
Er diente schon so vielen Sippen,
im Museum ist er gut aufgehoben.

22.12.2017 © W.R.Guthmann
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