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Gedichte über Gerechtigkeit - Seite 46


Das Mühlenlied

In Gotland war’s, zu alten Zeiten,
der König Frodi herrschte dort
Er kaufte sich zwei starke Frauen
und Mühle Grotti – die sofort!

Menja und Fenja mussten mahlen
fast ohne Ruh von früh bis spät
Nur für die Dauer eines Liedes
wurde das Rad mal ruhiggestellt

Reichtum, Ehre, Macht und Freude:
das mahlten sie den ganzen Tag
Der König wurd' ein großer Herrscher -
die Arbeit eine große Plag

Er konnte nicht mehr innehalten
und wollte mehr und immer mehr
Noch schneller sollten sie es drehen -
das Mühlrad knirschte bereits sehr

Und sie, die vom Geschlecht der Riesen
- zu kämpfen waren sie gewohnt -
des nachts begannen sie zu singen
und mahlten, mahlten, dass sich’s lohnt

Der Zorn und Kummer ihrer Seele,
der floss in ihre Arbeit ein
Die Mühle nahm sie auf und mahlte
die ganzen Herzenswünsche rein:

Das Unrecht, das sie hier erlitten,
die Habgier, die kein Ende nahm
Sie brauchten nur zu sprechen, bitten
und die Gerechtigkeit, die kam!

Ein Feindesheer, das ist gekommen
und hat den König umgebracht
Die Mühle haben sie genommen
und reiche Beute noch gemacht

Auf hoher See befahl der Herrscher,
er wolle Salz, das ohne End -
Da schließlich ist sein Schiff gesunken.
Die Mühle, die kein Mensch mehr kennt,

die mahlte unverdrossen weiter
dort unten, auf dem Meeresgrund
Noch immer ist sie so am Werke
und salzt die Meere bis zur Stund'


König Frodi war nach der altnordischen Sage Grottasöngr (Das Lied Grottis) ein legendärer König in Dänemark. Nach ihr ging sein Reich an seiner Habgier zugrunde. Das magische Motiv hat sich bis in die Volksmärchen erhalten (Die Mühle, die auf dem Meeresgrund mahlt; Der süße Brei).
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Das THING

Die Götter kamen jeden Tag
zum Weltenbaum und hielten Rat
In seinem Schatten wurd‘ erwogen,
der rechte Schluss daraus gezogen

Es herrschte Frieden an dem Ort,
es galt das freie, laut’re Wort
Das Recht, das stand und ward‘ geschützt,
so dass es allen dient und nützt

Die Nornen luden dazu ein,
denn Frauen mussten dabei sein,
dem Frieden eine Chance zu geben,
damit auch alle danach streben

So hielt man es denn auch auf Erden:
Gerechtigkeit sollt‘ sein und werden!
Man traf sich unter freiem Himmel,
fernab von allem Kriegsgetümmel,

besprach sich unter einem Baum,
ein jeder hielt sich dort im Zaum,
hielt Thing nach alter Götter Sitte,
sprach Recht, beriet die nächsten Schritte

Noch heute woll'n wir danach leben,
in Frieden miteinander reden,
gemeinschaftlich 'das Ding' entscheiden
Mög' uns ein guter Geist stets leiten!


Anm.: Das Thing ist die europäisch-nordische Wiege der Demokratie. Dort wurden politische Entscheidungen getroffen, Gesetze erlassen und Streitigkeiten beigelegt. Man versammelte sich unter einem bestimmten Baum ('Gerichtslinde') oder die Thingstätte wurde mit Steinen markiert. Daher rührt auch unser Wort Ding (engl. thing) für Sache, die ursprüngliche die Gerichtssache meinte. Das isländische Parlament heißt noch heute Althing, das norwegische Storting. Things fungierten oft auch als Orte der Begegnung und waren Handelsknotenpunkte und religiöse Zentren. Der Gott, der diese Versammlung schützte, war der Himmelsgott TYR (lat. Mars).
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