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Gedichte über Gefühle - Seite 1191


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Gevatter

Du haust mich um wie ein Wirbelsturm
Du hauchst mir neues Leben ein wie ein Zündfunke
Meine Tränen rinnen herab wie Sturzbäche
Traurigkeit und Verzweiflung bahnen sich ihren Weg
über mein Gesicht
Ich trauere um eine Freundin
und weiß kaum, wohin mit meinen Gefühlen
Der Schmerz zerreißt mich förmlich
Früher nannte man Dich Gevatter,
behandelte Dich wie einen Bruder,
heute bist Du ein Fremder,
niemand kennt Dich mehr,
niemand heißt Dich mehr willkommen,
alle machen einen weiten Bogen um Dich
und hoffen, Dir zu entkommen
Doch Du bist da, bist einfach immer da
Ohne Dich gibt es kein neues Leben,
keinen neuen Anfang
Es gibt Kulturen, da begrüßen Dich die Menschen,
heißen Dich willkommen
Da darfst Du sein
Heute bin ich Dir begegnet,
und es tat weh, verdammt weh,
hast eine gute Freundin mitgenommen,
nach all den Jahren,
die sie um ihr Leben gekämpft hat
Hast sie nicht losgelassen –
und einfach mitgenommen,
ohne zu fragen.
Und ich saß da und habe geweint
Der Schmerz, der Verlust,
all die Erinnerungen waren greifbar,
waren spürbar für mich –
und unwiederbringlich zugleich
Dein Kommen ist so mächtig,
so absolut, so unumkehrbar
Ich spüre meinen Respekt vor Dir
Und wenn Du dann da warst,
einen geliebten Menschen mitgenommen hast,
dann ist sie da, meine Trauer,
dann sind sie da, meine Tränen
Du bringst mich mit mir in Kontakt
Das ist das Gute an Dir
Lässt mich meinen Schmerz fühlen,
meine Endlichkeit,
und doch bist Du nur eine Schwelle,
eine Schwelle der Bahntrasse
auf dem Weg ins Nirgendwo,
eine Schwelle auf dem ewigen Pfad des Seins
Nach Dir beginnt ein anderes Dasein,
eine neue Spiritualität,
eine neue Geistlichkeit,
ein anderes Bewusstsein,
etwas, worauf wir uns genauso freuen können und dürfen,
wie auf neues Leben
Leben und Sterben,
Geben und Nehmen gehören dazu,
sind eins, eins mit uns
Und wir sind eins mit Dir –
Zeit unseres Lebens…


ls260708
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dein weg

Hallo Renate,
hier ist noch mal Lothar, dein Mitbewohner
ich habe Angst, unsägliche Angst um dich,
und um mich,
ich wünschte, du könntest dich entscheiden,
dich entscheiden zwischen Leben und Tod,
willst du weiterleben oder
willst du sterben?
Die Ärzte sagen, dein Zustand sei im Moment stabil,
stabil, was heißt das?
ist das zum Leben zu wenig
und zum Sterben zuviel?
Theoretisch kannst du Monate so weiter leben
doch es ist keine Veränderung in Sicht:
Keine Verbesserung und auch keine Verschlechterung,
Möchtest du leben oder
möchtest du sterben, Renate?
Ich wünschte, du wüsstest es!
Wir wissen es nicht, ich weiß es nicht,
und ich muss zum Glück auch nicht darüber entscheiden
ich weiß nicht, was ich dir wünschen soll:
Das Leben, vielleicht ohne Hoffnung,
ohne eigene Atmung, ohne Kommunikation,
ohne Lachen und Lebendigkeit?
Oder den Tod, der alle Hoffnung sterben lässt?
Der jedes Leben im Keim erstickt?
ich fühle eine große Traurigkeit in mir,
eine Wehmut und Schwere,
die mich kaum atmen lässt,
die es schwer macht, mich zu spüren,
mich und meine Gefühle
ich fühle mich so ohnmächtig, hilflos und klein,
so wie der kleine Lothar mit drei, vier, fünf Jahren,
als sein Vater groß und mächtig über ihn kam,
das alles ist lange her und vorbei,
doch die Ohnmacht ist wieder da,
und mit ihr die Verzweiflung,
begriffe wie Verantwortung, tragik und tragödie
wandern durch mein Hirn
und finden weder ihren Inhalt noch einen festen Platz
ich weiß nur, dass ich meinen Weg in dieser Situation
finden muss, so wie du Deinen,
und wieder bete ich, dass du deinen Weg so gehen kannst,
wie er für dich der Richtige ist,
und dass auch ich meinen Weg finden werde…


ls151009
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