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Gedichte über Eltern - Seite 29


Der verratene Vater

Ein liebes junges Ehepaar,
das hat ein Kind seit einem Jahr.
Der Bub ist gut entwickelt und
so wie er aussieht kerngesund.

Er kann laut schreien, aber doch,
an ersten Worten fehlt es noch.
Und immer öfter wird gefragt,
ob er denn auch schon Mama sagt?

Doch dann ganz plötzlich bringt Klein-Klaus
ganz deutlich das Wort OPA raus.
Und danach war er wieder stumm, -
jedoch der Opa fiel tot um.

So ist es manchmal auf der Welt,
dass Freud und Leid zusammefällt.
Doch nach paar Tagen ists geschehn,
und auch die Oma musste gehn,

nachdem das Kind - Gott seis geklagt -
das Wörtchen OMA hat gesagt.
Man tröstete sich brav und bieder:
Zufälle gibt es immer wieder.

Doch hat man Angst und schöpft Verdacht,
sobald das Kind den Mund aufmacht.
Den Vater packt ein leiser Graus, -
heut früh kam deutlich PAPA raus.

Was ihn am meisten dabei stört,
die Frau, die hat es auch gehört,
sonst hätt' er Lust sich einzuschärfen:
"Naja, das sind wohl bloß die Nerven . . ."

Zwingt sich zu lächeln, wenn er spricht,
doch ganz tief drin, da lächelts nicht!
Er lässt erst mal das Auto stehn, -
"Ach, Buss zu fahrn, ist auch ganz schön.

Was soll das Selber-fahren nutzen?
Ich muss doch nicht die Luft verschmutzen!
Auf Arbeit meidet er Maschinen,
die lässt er andere bedienen.

Auch zu der Sitzung geht er nicht,
weil eine Stimme in ihm spricht:
Es gab schon oft in letzter Zeit
in Sitzungen gehörig Streit,

der Absatz sinkt, der Stress am Markt!
Bloß heute keinen Herzinfarkt!!!" -
Dann kommt auch noch der große Mist,
dass heute einer 50 ist!

"Ach bitte keinen Alkohol!
Ich fühl mich heut nicht richtig wohl!"
"Was ist denn das für eine Masche?
Du bist doch sonst nicht so 'ne Flasche!"

Heut scheint ihm alles ziemlich dumm, -
doch endlich ist der Tag herum.
Er geht zum Buss und staunt sodann, -
er kommt ganz heil im Wohnort an.

Erreicht sein Heim ganz ohne Not.
Er lebt! - (Ein Mann der Post ist tot---).
Den hat (beim Zustelln müsst ihr wissen)
ein böser großer Hund gebissen.

Die Ehe mit dem Kind im Haus
sah jetzt nicht mehr so astrein aus, ---
doch sprach der Mann, du lieber Gott,
halt lieber mal gehörnt, als tot!

Das Kind sprach künftig ganz normal
und es gab keinerlei Skandal,
so dass die Frau, der Mann, das Kind
im Grunde ganz zufrieden sind.
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Niemand kann mehr die Augen verschließen (Die gestohlene Kindheit)

Sie werden wohl schon längst
in Vergessenheit geraten sein
die seit Geburt
in Angst getauften Erdenkinder
Lebenslänglich blieben ihre zarten
Hände heimatlos und unberührt

Sie überlebten beinahe
das kaltherzige Echo geschwärzter Jahre
Sie kennen die Dunkelziffer
der kleingeredeten Alltagstode
schmerzforderndender Teufelskreise
vor denen sich Frohsinnssaugen
nur zu gern verschließen

Hinter vergitterten Türen gestaut
die gebläuten Nächte
ins fluchende Wörtereis umgelegt
die entehrten Blutwege
am Herz vorbeigeeilter Zucht
Erbarmungslos
das zu Ende Geführte

Was blieb
Wolkenberge und Trockenmeere
erfüllt von Tränen

Die verwunschenen Traumbilder
hatten sie liebesverrückt aber blindlings
in den Sehnsuchtslabyrinthen
zu Grabe getragen
Zertreten und verstreut liegen sie
zwischen Schutzpatron und Schneckenhäuser
im Steinbruch gesammelter Leere
Auf den Gedenktafeln steht:
"Beraubte Seelen
arm wie Flughunde
ihres Flügelschlags entrissen!

Nichts
aber auch gar nix
kann je diese Lücken füllen
Weder die Liebe der Göttinnen
keine Heilkraft der Welten
noch das Wort der gutgemeinten Vergebung

Aber wehe dem
der die Blumen der heiligen Kindheit
vom Grabe stiehlt



© Marcel Strömer
(Magdeburg, den 03.08.2017)

Alle Rechte vorbehalten, besonders das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung, sowie Übersetzung. Kein Teil des Textes darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert oder verarbeitet werden!
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