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Gedichte über Genuss - Seite 2


Kirschen stehlen

Soll ich euch einmal erzählen,
nur aus der Erinnerung,
von dem großen Kirschen stehlen?
Schließlich waren wir auch mal jung.

Jährlich wenn die Bäume blühen,
die Bienen die Pollen schleifen,
dann die Monate ins Land ziehen,
bis man kann die Früchte greifen.


Nicht jeder hat einen Garten,
wo dann wächst die reife Frucht.
Mancher braucht nur zu warten,
dass der Zufall für ihn sucht.

Wir studierten in einer Stadt,
den Namen habe ich vergessen,
die viele Obstplantagen hat,
zum Mosten und zum Essen.

Als wir aus der Schule schauten,
gegenüber fast die Pflaumen blauten.
Und dahinter standen in Reih und Glied
Kirschbäume, was man selten sieht.

Ihre Zweige sich nach unten bogen,
weil jede Kirsche überreif sein müsste.
Schnell haben wir uns umgezogen,
um zu befriedigen unsere Gelüste.

Da keiner da war, der mit uns gewettert,
die Kirschen haben uns frech angelockt,
sind wir jeder auf einen Baum geklettert.
und haben In dessen Astgabel gehockt.

Mit vollen Händen haben wir gepflückt,
gespuckt, gekaut, geschluckt, geleckt,
denn jeder der Zweige war gut bestückt.
Doch leider hat man uns dabei entdeckt.

Am nächsten Tag in der Frühstückspause,
wir erzählten gerade von diesem Streich,
rief der Direktor uns in seine Klause,
wir wurden rot und stotterten bleich.

Wir wollten den Schaden finanzieren
und schätzten, was wir alle so verdrückt.
Doch das schien nicht zu interessieren,
sie wollten, dass jeder von uns pflückt.

Das konnte der Direktor nicht zulassen,
es gibt Arbeitsgesetze in unserem Land.
Und ratlos mit lieben und hassen
verlief dieser Mundraub im Sand.

Waren wir auch des Besitzers Plage,
sprach man doch in jedem Laden:
„Dort auf der großen Obstplantage
haben die Kirschen keine Maden.“

11.01.2019 © Wolf-Rüdiger Guthmann
Heute morgen wurde ich daran erinnert,
weil der Sohn eines dieser Kirschendiebe
heute Geburtstag hat und bestimmt darüber geredet wird. Und deshalb noch Herzlichen Glückwunsch!
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Sankt Martin 2019

Aus unaufhaltsam sterbendem Walde
flieht Sankt Martin — entlang einer Giftmüllhalde.
Er treibt sein Roß aus verseuchtem Gestüt
eilig voran, um Haltung bemüht.
Seit jeher schon ist Sankt Martin versessen
auf das alljährliche Gänse-Essen.
„Sind sie auch dieses Jahr wieder recht zart?
Hat der Koch auch nicht bei der Füllung gespart?”
Noch während er von Kulinarischem träumt,
steht im Klärschlamm, welcher den Wegesrand säumt,
plötzlich ein Bettler in ärmlichem T-Shirt,
und Sankt Martin, den sowas sonst nie stört,
hält an und mustert den frierenden Armen,
er spürt im Herzen ein tiefes Erbarmen,
und mitfühlend väterlich klingt dann sein Ton,
als er ihn fragt: „Was bedrückt dich, mein Sohn?”
Ganz kleinlaut kommt es von dessen Lippen:
„Ich hatte kein Geld, um im Lotto zu tippen.
Man wies mich ab an Villen und Höfen,
doch bei Lotto verlost man zwölf ganz heiße Öfen;
ein solches Zweirad, mit sechzig PS,
auf dem Rücksitz ´ne Biene — verführerisch kess — ,
die, lieber Sankt Martin, wollen wir wetten?
die könnte mich aus meinem Elend erretten:
Ob über Straßen, ob durch’s Gelände,
so führen wir an die wärmenden Strände!”
Nun nimmt Sankt Martin, im Herzen gerührt,
den Wettschein, den er bei sich geführt,
reicht ihn dem Jüngling und wünscht ihm viel Glück
und entfernt sich mit tränenverhangenem Blick.-----
Er reitet erschöpft und vornübergebeugt,
der Knabe hat ihn ganz klar überzeugt:
Ein schnelles Flugzeug mit flinkem Propeller
brächte auch ihn schnell zum dampfenden Teller,
oder gar eine fauchende Düse
ihn augenblicklich zu leck’rem Gemüse.
Nun treibt er den Gaul an, beschleunigt den Ritt
zum Martins-Essen mit Mords-Appetit.
Günter Uebel, 2019
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