Gedichte über das Gedicht - Seite 58

Wenn du`s erlaubst,
gehe ich heute mit dir
in deine Gedanken,
deine Gefühle,
dein Leben.

Ich möchte den Raum betreten,
der dich ausmacht,
möchte mich umsehen,
dich erkennen.

Zeigst du dich mir?

Auch du
darfst meinen Raum betreten,
meine Gedanken,
meine Gefühle,
mein Leben.

Ich zeige mich dir.

Wenn wir gegenseitig
uns vertrauen,
uns erlauben,
unsere Räume zu betreten,
kann es durchaus passieren,
dass wir uns auf die Zehen treten.

Doch gleichzeitig
können wir uns
mehr und mehr verstehen.

© A. Namer

Heilt die Zeit wirklich alle Wunden?
Wie heilen unsere Wunden? Ja, sie heilen im Laufe der Zeit.
Doch nicht alleine durch die Zeit.
Der Körper läuft zur Höchstform auf….
Transportiert ab, repariert, baut neu auf.
Dadurch, dass es weh tut, wenn wir sie berühren,
achten wir besonders auf sie.
Solange es weh tut – sind sie noch nicht ganz verheilt.
Wir legen Augenmerk auf sie. Schonen diese Stelle…
Wir verbinden sie, nehmen Medikamente, Salben,
schauen immer wieder auf den Heilungsverlauf.
Bis alles verheilt ist.

Heilt die Zeit auch unsere seelischen Wunden?
Auch sie heilen nicht durch die Zeit, nicht durch vergraben, nicht durch verschütten.
Nicht alleine durch die Zeit.
Die Seele läuft zur Höchstform auf…
Erinnert uns immer wieder daran, mit Gedanken, mit Gefühlen, mit Erinnerungen…
Legen wir Augenmerk auf sie? Schonen wir diese Stelle?
Auch sie braucht Verbände, vielleicht Umarmungen, Gespräche...
Versuche zu verstehen, zu verzeihen....
Der Heilungsverlauf beginnt, indem wir unser Herz offen halten.
Sie heilen, wenn wir sie fühlen, hin spüren, durchfühlen.
Sie heilen, mit unserer Liebe.

© A.Namer