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Gedichte Über Augenblick - Seite 273


Ein Weihnachtsmärchen

So viele Jahre ist's schon her,
dass ich glaubte an den Weihnachtsmann.
Ich wurd' erwachsen irgendwann,
sah des Heil'gen Abends Wunder bald nicht mehr.

Nun jagte ich tagein, tagaus durchs Leben,
meinte bald, allein nur die Vernunft, sie sei gescheit,
drum schob ich forsch in meinem Geist das Christkind auch beiseit.
Einer Jungfrau Kind, das konnt's doch gar nicht geben!

Doch eine tiefe Sehnsucht blieb und machte sich im Herzen breit,
kein voller Gabentisch konnt' sie mir seither stillen.
Erinnerungen, wie aus einem früh'rem Leben, quillen
nebelhaft hervor auf meiner Suche nach dem Segen früher Kinderzeit,
der mich ganz unerwartet heut empfing,
als ich zur Tür hinaus in den Garten ging.

So herrlich still und wie verzaubert lag vor mir das weiße Land ...
Ich atmete ganz tief den frostig jungen Morgen,
verschwunden waren Einkaufsstress und all die kleinen Sorgen.
Selbst der Himmel schien zu strahlen, so engelsgleich war sein Gewand.

Ein Kätzchen kam, als es mich sah, vertrauensvoll mir leis entgegen.
Wo kam es her? Was tat's mit mir, die schlichte, kleine Wesen in den eis'gen Wehen?
Plötzlich wieder konnte ich die Welt mit Kinderaugen sehen
und spüren, wie der Herrgott sich begann, in meinem Herz zu regen.

Ich weiß nicht mehr, wie lang ich schaute,
hab vergessen Pflicht und Uhr,
fühlt' in meinem Herze Liebe nur,
während ich versonnen in den Augenblick das weiche Fellchen kraulte

So wurd es wahr am Weihnachtstag, das schönste Wintermärchen!
Selig schnurrte 's Kätzchen auf dem Arm,
ich trug's nach Haus in Stübchen, hell erleuchtet, kuschelig warm.
Ein milder Sternenglanz lag über Tann und Lärchen.
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Die Schattenwanderer

Die kleine Drachin, Hina genannt, lebte in einer Höhle. Der Boden bedeckt mit glänzendem Gold, die Wände gehüllt in roten Samt.

So schön ihr die Welt auch lange erschien, spürte sie eine Sehnsucht: Sie konnte sich selbst nicht sehen.

Sie fragte sogleich die kleine Maus: „Hast du eine Idee? Wie komm ich aus diesem Dilemma heraus?“
Die Maus war quirlig und viel unterwegs, erzählte, dass Sie ihr Schatten stets bewegt:
„Wenn ich da draußen, also nicht in der Höhle bin, kommt täglich die Sonne und zeichnet mich hin.“

Vor Freude sprang Hina herum im Kreis. Melodisches Geklimper von Münzen war zu hören und eine neue Weisheit bereit:
„Zur Sonne, ja da muss ich hin - nur um zu sehen, wer ich bin.“


Socken, Schuhe, Hemden und noch viele andere Sachen packte sie in ihren Rucksack rein und ging zum ersten Mal aus der Höhle - in die große Welt hinein.

Doch da draußen war nur Dunkelheit - Kein Licht und keine Schatten weit und breit.


Eine Eule flog Hina entgegen und spürte die Traurigkeit, von der sie umgeben.
„Kleiner Drache, was ist mit dir los? Hier ist doch alles grandios?“

„Lieber Freund, ist dir bekannt, wie zur Sonne man gelangt? Wegen ihr bin ich unterwegs, weiß nur nicht, wie es zu ihr geht:“

„Die Sonne ist nicht ganz so meines, doch habe ich sie schon mal gesehen.
Wenn ich abends aufsteh, seh ich sie meist da drüben.

Ich glaub, du musst Richtung Westen gehen!“

Ohne zu zögern, von Freude übermannt, flog Hina weiter und ihre prächtigen Flügel trugen sie schnell durchs weite Land.

Sie war so schnell dann unterwegs, dass man von Weitem sah, wie sich die Erde in der gleichen Geschwindigkeit, aber in die entgegengesetzte Richtung dreht.


Nach Tagen der Reise, die Hoffnung verloren, machte sie Pause - ihr Herz voller Sorgen.
Ein leises Schluchzen entfleuchte ihr:
„Ach, wäre doch das Glück auch einmal bei mir.“



Ganz nah eine sanfte Stimme war zu verstehen: „Habe ich hier was gehört? ich kann vor Dunkelheit nichts sehen.“
Ein kleiner Drache stand plötzlich neben ihr. Auch er suchte die Sonne hier.

„Junger Drache, unentwegt suche ich das Licht bestrebt. Gen Westen soll die Sonne sein, ich flieg dahin, tagaus tagein.“

„Tut mir leid, da sind wir schon zwei. Ich glaube, die Geschichte mit der Sonne, die war bloß Schwindelei.“

Der kleine Drache, als Baldur bekannt, erzählte, dass es ihm ähnlich erging.
Auch er flog seit Tagen in die gleiche Richtung dahin, doch nirgendwo war sein Schatten zu sehen.


So kamen die beiden ins Gespräch.
Die Trauer verflog und die Stunden vergingen.
Sie hatten sich gern und fingen an, gemeinsam Lieder zu singen.


Kurz darauf war im Osten ein helles Licht, doch die zwei, bemerkten es nicht.
Verliebt sahen sie einander ins Gesicht, man könnte fast meinen, es gebe sonst nichts.

Und als die Sonne nun deutlich am Himmel stand, zeichnete sie ihr Bildnis auf weißen Sand.


Obwohl nun den eigenen Schatten immer noch keiner der beiden sah: Hina und Baldur fühlten sich wunderbar.


Und die Moral von der Geschicht:
Die Sonne ist da, vielleicht siehst du sie nicht.
Und kannst du sie einmal nicht mehr sehen:
Nimm dir Zeit und bleib kurz stehen - die Erde wird sich weiterdrehen.
Genieß den Moment und sei gewiss, sie kommt bald wieder und alles erstrahlt in ihrem Licht.
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