Zu nah, um loszulassen
Ein Gedicht von
Stay Strong
Es ist merkwürdig, wie schnell alte Nähe wieder auftaucht. Wir sind längst getrennt und trotzdem landen wir wieder zusammen im Bett. Nicht, weil wir glauben, dass alles wie früher ist. Eher weil zwischen uns etwas hängt, das wir beide nicht richtig greifen können. Es fühlt sich warm an und gleichzeitig ein bisschen verloren. Und jedes Mal frage ich mich, was das eigentlich bedeutet. Ob es nur Erinnerung ist oder ein Rest von etwas, das nie wirklich zu Ende ging.
Und trotzdem passiert es wieder. Vielleicht weil wir wissen, wie der andere sich bewegt, wie man sich berührt, ohne viel reden zu müssen. Es ist vertraut, ein bisschen falsch, ein bisschen richtig. Wir sprechen kaum darüber, wahrscheinlich weil Worte alles nur schwerer machen würden oder weil wir beide Angst haben, dass ein Gespräch uns zwingt, Entscheidungen zu treffen, auf die keiner von uns vorbereitet ist.
In diesen Momenten genieße ich, dass es keine Mauern gibt, keine Distanz. Ich kann einfach loslassen, mich fallen lassen, so wie ich wirklich bin. Kein Verstecken, keine Schutzschicht. Es tut gut, einfach da zu sein, neben ihr, diese Nähe zu spüren, ohne dass wir etwas erklären oder rechtfertigen müssen. Es fühlt sich klar und ehrlich an, auch wenn es gleichzeitig so kompliziert ist.
Danach liege ich oft da und denke nach. Nicht über richtig oder falsch. Eher darüber, wo wir eigentlich stehen. Wir sind nicht zusammen, aber ganz los sind wir eben auch nicht. Es fühlt sich an wie ein Faden, der immer noch zwischen uns hängt, auch wenn er längst dünn geworden ist. Ich weiß nicht, wohin das führt. Vielleicht ist es nur ein letzter Rest Nähe, den keiner von uns so einfach wegwerfen kann. Vielleicht ist es ein Übergang. Oder ein Abschied in Etappen. Aber im Moment ist es einfach das, was es ist warm, verwirrend, schön und schwer loszulassen.
Manchmal scheint es, als würden wir diese körperliche Nähe wie einen kleinen Schutzraum nutzen. Für ein paar Stunden gibt es keine Zukunftspläne, keinen Streit, keine alten Verletzungen. Nur uns zwei, die sich sehr gut kennen und trotzdem nicht wissen, wie sie zueinander stehen sollen.
Doch sobald der Alltag zurückkommt, drängen die Gedanken wieder nach vorn. Ob ich mir damit selbst schade. Ob ich an etwas festhalte, das längst vorbei ist. Oder ob es vielleicht doch ein Zeichen ist, dass nicht alles verarbeitet ist. Ein Teil von mir will Klarheit, der andere genießt genau diese verschwommene Nähe, die sich vertraut und gleichzeitig unverbindlich anfühlt.
Vielleicht ist es nur ein letzter Rest von uns. Vielleicht ein Abschied in Zeitlupe. Vielleicht einfach das, was gerade noch bleibt. Ich genieße diesen Moment, die Nähe, das Gefühl, ohne Mauern und Distanz einfach ich selbst sein zu können. Und doch weiß ich, dass es nicht richtig ist. Dass wir irgendwann eine Entscheidung treffen müssten, weil beides festhalten und loslassen auf Dauer weh tut. Es ist ein Augenblick zwischen Wärme und Schmerz, zwischen Vertrautheit und der Ahnung, dass wir uns eigentlich selbst im Weg stehen. Und genau dieser Moment macht alles so intensiv und schwer.
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