Ich bin Postillion

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Ich bin der Kutscher von der Kutsche hier,
ich fahr nicht Holz, nicht Wein noch Bier.
Ich fahre Reisende, schneller als gedacht,
an sonnigem Tag und in mondloser Nacht.
Ob Braunschweiger Ländle, ob Märkisches Land,
ob Brandenburg oder Preußen, es ist derselbe Sand.
Die Wege sind sehr schlecht, hör ich alle sagen,
es drohen Wegelagerer, doch ich muss es wagen,

Es dröhnen die Steine, die Kutsche laut knarrt,
die Federn schwingen weicher, die Bänke sind hart.
Die dicken Hufe der Pferde sind eisenbeschlagen,
so wie die Räder der Kutsche, die uns alle tragen.
Die Gäste schlafen hinten, doch ich sitze vorn,
fahren wir ins Städtchen, blas ich in das Horn.
Jede Wirtschaft, jedes Quartier kennt mich schon,
denn ich bin bei Preußens Post der Postillion.

Meine Uniform reizt, sie trägt goldene Knöpfe,
unter der Mütze verberg ich die Zöpfe.
Täglich muss ich mit mir selber ringen,
um euch die dünne Liebespost zu bringen.
Es fehlt den Verliebten unserer Tage
die blumenhafte Poesie, wie ich immer sage.
Ich spiel alte Lieder von Liebe und Wind,
von gestandenen Kerlen und gefallenem Kind.

Ich spiele von Brunnen, die vor dem Tore stehen
und von Fahnen die auf den Zinnen wehen.
Ich singe die Lieder der Weisen und Alten,
soweit ich mir konnte den Text behalten.
Hört ihr mich kommen, ihr jungen Scharen,
macht bitte Platz, lasst mich weiter fahren.
Irgendwann, sitzt auch ihr in Hose oder Rock
sicher in der Kutsche oder vorn auf dem Bock.

11.12.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Ich bin Postillion

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25.07.2015
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