Bin ich Mädchen oder Junge - Teil V

Ein Gedicht von Heinz Säring
Die Brenda verstand nicht, was war mit ihr bloß,
im Vorschulkindalter da ging es schon los,
sie hat es auf keine 2 Tage gebracht,
da wurde gekichert, da wurde gelacht.

Sie war ja so was, wie ein ganz schwarzer Schimmel,
saß breitbeinig da, wie ein Rowdy, ein Lümmel.
Wie konnte ein Mädchen so jungenhaft laufen,
und ständig drauf aus sein, mit andern zu raufen?

Sie hat sich nun freilich auch manchmal bemüht,
sich so zu verhalten, wies Mom gerne sieht.
Sie merkte ja bald, sie wird stets überwacht,
dann hat sie mal was mit im Haushalt gemacht.

Die Mutter hat solche Momente sondiert,
und -etwas beschönigt- dem Doc präsentiert.
Int'ressen, die sonst als sehr maskulin galten,
die nennt Dr.Money halt "Wildfangverhalten".

Die Einschulung nahte, da sah es so aus,
als lässt man sie besser ein Jahr noch zu Haus.
Doc Money ließ testen dann ihren IQ,
der lag um die 90, da fehlt nichts dazu.

Probleme gabs nur im sozialen Kontakt,
der Doc war der Meinung, dass sie das bald packt,
doch Ende des Schuljahres ward klar empfohlen,
sie musste das Jahr noch einmal wiederholen.

Doc Money sprach - beiläufig sollte es klingen -,
es wäre da noch was in Ordnung zu bringen,
ne kleine Veränderung unter dem Bauch,
"dann bist du ein Mädchen, wie andere auch."

Er fürchtete nämlich den Misserfolg schon
und drängte sie heftig zur Operation,
er glaubte, ihr Widerstand würde erschlaffen,
sobald man ihr eine Vagina geschaffen.

Doch mit sieben Jahren da hat sie's gewagt,
und hat diesem Doktor ganz deutlich gesagt:
"Ich will überhaupt nicht die Operation!"
Da war er sehr sauer, sie ahnte es schon.

Die Brenda, sie sträubt sich noch mehr mit den Jahren,
noch einmal zu diesem Doc Money zu fahren.
Im Jahr 74 - sie wurde 9 Jahr -
hat sie einen Nervenzusammenbruch gar.

Doch dann im November, da konnt man sie zwingen,
sie wiederum nach Baltimore zu bringen.
Ganz aussichtslos war dann die Situation,
sie rannte dem Doktor in Panik davon.

Von Großeltern wurde sie heimlich beäugt,
denn die waren längst schon davon überzeugt,
man hätte als Jungen sie aufziehen müssen,
doch Ron und Janet wolln das jetzt nicht mehr wissen.

Sie glaubten, es wäre jetzt wirklich am besten,
hier fortziehn und dann ganz weit weg Richtung Westen.
Das Haus und die Möbel ward alles versetzt,
mit nur einem Laster verschwanden sie jetzt.

Warum hatten sie die Veränd'rung gesucht?
Es ist nicht zu leugnen, es war eine Flucht!
Probleme verschwinden nicht an andern Orten,
es war nur noch alles viel schlimmer geworden.

Die Mutter sie weinte, der Vater der trank,
bei allen da lagen die Nerven jetzt blank.
Sie waren belastet wie durch einen Fluch!
Janet machte gar einen Freitod-Versuch.

Sie zogen ganz ernst in Erwägung die beiden,
sich völlig zu trennen, die Ehe zu scheiden.
Die ganze Aktion brachte wirklich kein Glück,
nach anderthalb Jahren gings wieder zurück.

Die Brenda allein zeigte sehr viel Geduld,
sie glaubte, sie trüg an dem Ganzen die Schuld.
'ne Top-Psychologin bekommt sie mit 12,
klein war die, als wäre sie selber erst 11,

doch Mary McKenty war tüchtig und gütig,
ein Großmuttertyp und so richtig gemütlich.
Obwohl Brenda anfangs sehr misstrauisch war,
zu ihr fasst sie volles Vertrauen sogar.

Sie und Dr.Winter, die sagten nach Jahren:
"Das Kind muss jetzt endlich die Wahrheit erfahren!
Es ward viele Jahre gequält und geschunden,
es hat sich ja niemals als Mädchen empfunden."

Informationen zum Gedicht: Bin ich Mädchen oder Junge - Teil V

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20.07.2011
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