Gedichte über die Zeit (Seite 186)

Mittagszeit

Blumen öffnen ihre Blüten
in der heißen Mittagsglut,
sowie Mauerreste, wilder Wein,
laben sich am Sonnenschein,
auch uns Menschen tut es gut,
träumen von den Sonnenmythen.

Überall herrscht wohl`ge Stille,
selbst ein Vogel sitzt im Nest,
und des Mittags großes Schweigen,
ruht sich aus auf grünen Zweigen,
Winde wehen leicht von West,
so ist Schöpfer`s heil`ger Wille.

Von der Wärme dann ganz trunken,
sitzt jeder gerne unter`m Baum,
bis vergangen ist die Schwüle
und genießen kann die Kühle,
träumt ein jeder seinen Traum,
bis Lebensgeister wieder funken.

Überraschung

Ein Stück Nachmittag
Der Zeit entwendet

Blaue Bluse
Weisse Hose
Grüne Augen
Rosa Lippen

Ein Stück Nachmittag
Ein Geschenk von ihr

Offener Himmel
Ziehende Wolken
Üppige Natur
Liebesgeflüster

Ein Stück Nachmittag
Ein Stück Ewigkeit

© René Oberholzer

Vergessene Kunst

Das hier ist schon sehr bald vergessen
und kommt dann nur noch aus einen prompt.
Bald schon wird man uns daran messen,
was aus dem Computer kommt.

Die große Chance wird eines manchen Verlust,
wenn dann jeder auf einmal schreiben tut.
Wenn Gefühle aus Bytes entspringen, nicht mehr der Brust,
denn es ist einfach, denn es ist gut.

Bilder aus Fantasie und dem, was man denkt
und nicht mehr aus geschickter Hand.
Sich selbst nicht bewusst, von Maschinen gelenkt
und nicht von eigenen Verstand

AI - die wird's mir zeigen.
KI - stell mir deine Fragen,
verrate mir, was soll ich malen, soll ich schreiben,
hörst du die Laster, die an mir nagen?

Und wirst du meine Wunden verbinden,
sag ich all' meine Geheimnisse dir?
Werde ich dann irgendwann verschwinden?
Wirst du dann irgendwann zu mir?

Bin ich dann überhaupt derjenige, der schreibt
oder hat mich die Maschine längst gefressen?
Wenn nur noch ein prompt die Wahrheit uns zeigt,
dann hat man uns vergessen...

N.Fender

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