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Gedichte über Liebe - Seite 280


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Die Lehrschwester

Das Leben löscht so schnell nicht aus,
drum lag ich jüngst im Krankenhaus.
Als ein zahlender Privatpatient schon
im Einzelzimmer der letzten Station.
Ich bekam den Jungbrunnen-Tropf,
wirkend auf das Herz und den Kopf.
Doch damit beide nicht klopfen,
musste er sehr langsam tropfen.

Und solange die Tropfen eintrafen,
durfte ich trotz Liegen nicht schlafen.
Eine Lehrschwester, ein junges Ding,
neben mir hinbeordert im Sessel hing.
Sie sollte mich solange bewachen,
mit mir reden und mit mir lachen.
Sie fing zwar selbst zu reden an,
doch ihr fehlten Themen dann.

Ich sagte: „Lass die Qual der Wahl,
erzähle doch von deinem ersten Mal.“
Sie wurde rot, sie wurde blass,
ich glaub, die Höschen wurden nass.
Sie sah zur Uhr, ob Zeit verrinnt,
ich nickte nur, dass sie beginnt.
„Erzähle, dir fällt sonst nichts ein,
du könntest meine Tochter sein.“

Lachend ich ihr Herz gewann
und stotternd fing sie endlich an:
„Ich hab nen Freund aus Kinderzeit,
mit dem teilte ich Freud und Leid.
Wir konnten uns gemeinsam necken
und klauten Erdbeeren samt Schnecken.
Er ist der Hans und ich bin die Liese,
wir lagen auf der Obstbaumwiese.

Über uns die unreifen Früchte hingen,
unsere Gedanken andere Wege gingen.
Ich sage es ungern, ich war bereit,
ich trug auch nicht umsonst ein Kleid.
Doch niemals hätte ich zugegeben,
was ich bereit war, aufzugeben.
Doch Hans wusste seit kurzer Zeit,
irgendwann liege ich für ihn bereit.

Wir hatten zufällig vor Wochen
über das Thema Liebe gesprochen.
Der Nachmittag endete zwar dann,
doch die zarteste Liebe begann.
„Ich schreie nicht, obwohl ich’ s müsst,
wenn du mich mal zur Probe küsst.“
Er ließ seine trockenen Lippen
zitternd auf meine feuchten tippen.

Das wiederholten wir sehr lange,
bis mir vor Schwangerschaft ward bange.
Heute kann ich drüber lachen
und das alles besser machen.
Doch damals war das noch eine Vision
und der Hans drängelte mich schon.
Aber als eigenen wirksamen Schritt
brachte er uns Aufklärungswerke mit.

Nicht Witze für Zettel und Toilettenwände,
sondern Illustrierte Bücher für Jugendhände.
Wir lasen jede Seite und jedes Wort,
besahen und fühlten beim andern sofort.
Wir haben theoretisch getrieben,
was dort sehr praktisch beschrieben.
Von Tagen, Messung und Verhütung
bis zur moralischen Hymen-Vergütung.

Wir begriffen alles, was da stand
und ergriffen alles, was man fand.
Allerdings, ich muss es gestehen,
ich hatte ihn noch nie nackt gesehen.
Und nun unter den reifenden Bäumen
wollten wir endlich greifend träumen.
Ich sagte ihm `Fang endlich an,
ich sehe zu und folge dann. ´


Er zerrte, knöpfte, zog sich aus,
völlig nackt, ich gab Applaus.
Ich sah endlich in der Realität,
was sonst nur in den Büchern steht.
Hans drehte sich so vor Scham,
dass ich den Po zu sehen bekam.
Doch dann hat er sich gebeugt,
mir gezeigt, was Kinder zeugt.

Er dachte schon ich wäre feige,
weil ich nicht aus den Sachen steige.
Denn er hat ja nicht gewusst,
dass nackt mein Po und auch die Brust.
Um meinem Feigenblatt zu entfliehen,
musste ich nur das Kleid ausziehen.
Ich ließ ihn meine Ärmel greifen
und alles über den Kopf mir streifen.

Als er das Kleid zur Erde strich,
ihm fast ein Freudenschrei entwich.
Ich saß da, nur in eigener Haut,
und zeigte ihm, wie ich gebaut.
Die Welt ist groß, die Reue weit,
da machte ich die Beine breit.
Diese Sicht die Neugier weckte
und dabei sein Lüstlein streckte.

Jetzt war ich’ s die auf ihn schaute,
hoffend, dass er sich auch traute.
Doch ich sage es zu seiner Ehre,
er machte gar nicht viel Gemehre,
ein feuchter Kuss und feuchte Hände,
schon nahte des Hymen Ende.
Ein kurzer Ruck, ein leichter Kick,
dann käm der schönste Augenblick.

Zwei Menschen, verschieden gebaut,
verbunden mit der rechten Haut.
Dies Gefühl wollt ich genießen,
solange die Gefühle sprießen.
Ich sagte: ´Los! `, gab ihm nen Kuss,
doch für heute ist nun Schluss,
der große Tropf ist restlos leer,
ich hole jetzt die Ärztin her.“

10.01.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann

P.S.
Sie kam wieder am nächsten Tag,
weil ich noch immer ächzend lag:
„Diese Kette hier hab ich bekommen
für das, was er mir hat genommen.“
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Die Liebeseiche

Im Sommer an der Würstchenbude
traf ich urplötzlich die Gertrude.
Sie war eine Jugendbekannte,
die mich dereinst zum „Freund“ ernannte.

Ich durfte mit der Uni ringen,
abends ihr auch ein Ständchen bringen,
bis sie gnädig zur Haustür eilte
und dies und das dann mit mir teilte.

Ein anderer sang besonders laut
nahm sie dann als „werdende“ Braut.
Doch sei er beim Hobby umgekarrt
hat sie mir nun weinend offenbart.

Als Witwe sei das Leben hier schwer,
ein guter Partner fehle ihr sehr.
Männer gebe es nun zwar en gros,
doch sie wollten alle nur mal so.

Ich empfahl für Schöne und Reiche
die Eutiner Bräutigamseiche.
Dort könne sie stundenlang lesen,
was man so sucht und was gewesen.

„Eine Eiche?“ fragte Gertrude,
ob ich sie denn für dumm verlude.
„Das ist wohl dein täglich Stammlokal,
Bier und Tanz mit kläglich Damenwahl?“

Ich musste ihr erst Whisky spenden,
und auch mein ganzes Wissen senden,
ehe sie mich dort zum Buchstand zog,
und mit mir den Atlas überflog.

Eutin wurde mit viel Müh entdeckt,
nur deren Eiche blieb uns versteckt.
„Das hat hier alles doch keinen Sinn,
ich steige ins Auto und fahr hin!“

Gertrude mich kurz anklingelte
als sie auf vier Rädern tingelte.
Sie tingelte so den ganzen Tag,
weil das Eutin weit im Norden lag.

Ein Picknickkörbchen hielt sie in Form,
nur der Spritverbrauch war ganz enorm.
Und endlich war sie angekommen
hat an der Eiche Platz genommen.

Dort junge Leute Koffer brachten
in denen hundert Briefe lachten.
Gertrude las und liest noch immer,
ich sah sie seit dem Tage nimmer.

11.01.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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