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Gedichte über Hass / Wut - Seite 4


Der kleine Lothar oder: Ein Tag voller Leben

Die Sonne sinkt langsam dem Horizont entgegen
Ich gehe meinen Weg,
einen langen Weg,
meinen Lebensweg,
Fußabdrücke im Sand, endlos
Neben mir noch andere kleine Fußspuren im Sand
Mein bester Freund und Begleiter:
Der kleine Lothar
Ich spüre in mich hinein,
spüre eine langsam steigende Wut
mit jedem Wellenschlag mehr Wut
mein Puls geht immer schneller
und der kleine Lothar fängt plötzlich an, zu rasen
Er läuft um mich herum
vorwärts, rückwärts,
zieht immer größere Kreise,
ich höre ihn toben, fluchen, brüllen, schreien
ich sehe, wie er auf seinen Bauch trommelt, die Brust
Er gebärdet sich wild und wogend,
tritt mit den Füßen ins Wasser, dass es spritzt,
und wieder laute Flüche,
Zorn der nur so sprudelt,
Wurfgeschosse aus Sand,
ein ohrenbetäubender Lärm,
die Füße stampfen tief in den Sand,
als wöge er vier Zentner,
die Hände schlagen unsichtbare Gegner,
boxen Löcher in die Luft,
kleine Krebse, die das Weite suchen,
kreischende Laute, die zum Himmel ziehen,
Muscheln, die durch den Sand gewirbelt werden,
mir wird schwindelig, alles dreht sich
ich sehe ihn nicht mehr – und überall!
Diese Energie, diese schier endlose Energie,
Zorn, Wut, Aggressionen und Hass,
einfach unglaublich,
ein Orkan in Menschengestalt,
Wut, die wütet, Hass, der hasst,
selbst die Möwen sind erschrocken
vor so viel Atemlosigkeit,
wie ein Wirbelsturm wirbelt dieses Bündel Mensch
ohne Rücksicht auf Verluste
alles um ihn herum scheint verloren
angesichts dieser zerstörerischen Kraft
die Elemente werden bewegt,
alles bewegt sich,
nichts scheint mehr stillzustehen,
es scheint kein Ende in Sicht,
bis…
ja, bis…
…der kleine Lothar plötzlich auf den Boden sinkt,
völlig erschöpft und zerzaust
liegt er regungslos am Boden
und beginnt leise zu weinen
Schweiß- und Tränentropfen bilden langsam
ein eigenes kleines Meer
im weichen, weißen Sand
Als ich auf einmal die Ruhe vernehme,
die mich jetzt wieder umgibt,
sehe ich den kleinen Jungen
einige Meter entfernt im Sand liegen
Langsam gehe ich auf ihn zu,
und als ich bei ihm bin,
beuge ich mich zu ihm herunter
und umarme ihn liebevoll und zärtlich,
um ihm zu sagen: Alles wir gut!

Noch immer schlagen die Wellen an den Strand,
die Sonne ist längst im Meer versunken,
auch das Lied der Möwen ist verstummt
Der Wind hat sich gelegt
und langsam bricht die Nacht herein,
bevor nach vielen Stunden Dunkelheit
wieder ein neuer Tag anbricht,
ein Tag voller Leben…


ls131002
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Wo ist meine Wut?

Manchmal, da frage ich mich,
wo meine Wut steckt.
Im Himmel?
In der Hölle?
Auf Erden?
In mir?
Ich habe genug Gründe,
um wütend zu sein.
Mein Vater hat mich gedemütigt
und meinen Körper
und meine Seele gequält,
verletzt, zerschunden,
wie kein anderer Mensch nach ihm.
Zahllose Menschen haben mich
beleidigt, ausgelacht, nachgeäfft,
mich wegen meiner Andersartigkeit
diskriminiert und ebenfalls verletzt
und tiefe Wunden gerissen.
Und ich?
Ich bin immer noch bereit,
alles zu entschuldigen,
zu verharmlosen, abzuwiegeln,
zu verzeihen, zu vergessen
mit meiner Intelligenz,
meinem Intellekt,
meiner Reflektionsfähigkeit,
meiner Gutmütigkeit
und Angepasstheit…

Wo ist meine Wut?
Ja, Du, Wut, wo bist Du?
Ich suche Dich und finde Dich nicht!
Such Dich – vergeblich!
Suche Dich wie ein kleines Kind.
Und ich weiß:
Du steckst in mir,
in meinem Körper,
ich muss Dich in mir suchen,
in dem kleinen verletzten Kind,
dem kleinen verletzten Lothar,
der all die Wut und den Zorn,
der ihn damals überflutete,
gut weggepackt hat,
weggepackt und versteckt hat,
damit diese Gefühle ja nie wieder
an die Oberfläche dringen,
sich ihren Weg bahnen,
jemanden zerstören.
Jetzt zerstören sie allerdings mich,
machen mich depressiv und krank,
bereiten mir Kopfschmerzen.

Wo ist meine Wut?
Die Wut, die mich überrollt,
übermannt hat, musste weg,
durfte nicht da sein,
und ich musste sie in
wilde und kranke Tics kanalisieren,
damit alle sagen konnten:
Der Junge ist krank und behindert,
anstatt sich fragen zu müssen:
Was macht ihn bloß so wütend?
Tarnung ist alles,
besonders für verbotene Gefühle!

Wo ist meine Wut?
Wo ist der kleine wütende Lothar
bloß geblieben?
Ich vermisse Dich.
Es macht mich traurig, zu sehen,
wie wenig Du auch heute noch
leben darfst,
nach all diesen Jahren.
Immer mehr…


ls140510
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Achtung! Es wird geblitzt!

Die Polizei mit großen Mühen
sucht jene Rowdys zu erziehen,
die rücksichtslos - man ist doch wer -
Gefahren erzeugen im Straßenverkehr.
Man passt doch nur in diese Zeit
mit Power und Geschwindigkeit!

Die Polizei-Aktion verliert,
weil sie der Rundfunk sabotiert.
Man meldet pünktlich jedes Blitzen.
Was kann das Ganze da noch nützen?
Sie pfeifen auf die Unfalltoten,
die Werbung fordert Einschaltquoten!

Die Werbung schließlich bringt das Geld,
was offenbar am meisten zählt.
Die Toten und Krüppel zahl'n dafür die Zechen.
Die Freiheit ist gut, aber nicht für Verbrechen!

Warum der Staat dabei nichts tut?
Meint man wohl gar: Es ist schon gut,
denn jeder Tote im Straßenverkehr,
der braucht ganz bestimmt keinen Arbeitsplatz mehr,
und wer sowieso nicht mehr arbeiten könnte,
weil er schon zu alt ist, da spart man die Rente!???

An die Polizisten wird auch nicht gedacht,
die werden ganz einfach "zum Affen" gemacht.
Nun frag' ich bei dem "Rechtsstaat" an,
wie man so etwas dulden kann!???




Anmerkungen von Heinz Säring zum Gedicht:

Mein Gedicht richtet sich nicht gegen die Kraftfahrer, die sich mal dabei ertappen, dass sie die zul. Geschwindigkeit leicht überschritten haben. Ich selber bin auch Kraftfahrer und weiß, wie schnell das passiert.
Es geht hier um die Raserei, um die Fahrweise von Einigen, welche verantwortungslos Gesundheit und Leben von Mitmenschen aufs Spiel setzen.
Die polizeilichen Maßnahmen sind gut und notwendig und sie werden eben durch die laufenden Blitzmeldungen im Rundfunk weitestgehend unwirksam gemacht. Diese Polizeimaßnahmen kosten natürlich auch Geld, aber das bezahlt ja der Steuerzahler.
Wenn ein Kraftfahrer einen Entgegenkommenden auf so eine Kontrolle aufmerksam macht, riskiert er, bestraft zu werden. Wenn aber mächtige Rundfunksender hunderte von Verkehrsrowdys "warnen", sieht der Staat zu, als wäre das die selbverständlichste Sache der Welt!
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