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Gedichte über Abenteuer - Seite 157


Die Schattenwanderer

Die kleine Drachin, Hina genannt, lebte in einer Höhle. Der Boden bedeckt mit glänzendem Gold, die Wände gehüllt in roten Samt.

So schön ihr die Welt auch lange erschien, spürte sie eine Sehnsucht: Sie konnte sich selbst nicht sehen.

Sie fragte sogleich die kleine Maus: „Hast du eine Idee? Wie komm ich aus diesem Dilemma heraus?“
Die Maus war quirlig und viel unterwegs, erzählte, dass Sie ihr Schatten stets bewegt:
„Wenn ich da draußen, also nicht in der Höhle bin, kommt täglich die Sonne und zeichnet mich hin.“

Vor Freude sprang Hina herum im Kreis. Melodisches Geklimper von Münzen war zu hören und eine neue Weisheit bereit:
„Zur Sonne, ja da muss ich hin - nur um zu sehen, wer ich bin.“


Socken, Schuhe, Hemden und noch viele andere Sachen packte sie in ihren Rucksack rein und ging zum ersten Mal aus der Höhle - in die große Welt hinein.

Doch da draußen war nur Dunkelheit - Kein Licht und keine Schatten weit und breit.


Eine Eule flog Hina entgegen und spürte die Traurigkeit, von der sie umgeben.
„Kleiner Drache, was ist mit dir los? Hier ist doch alles grandios?“

„Lieber Freund, ist dir bekannt, wie zur Sonne man gelangt? Wegen ihr bin ich unterwegs, weiß nur nicht, wie es zu ihr geht:“

„Die Sonne ist nicht ganz so meines, doch habe ich sie schon mal gesehen.
Wenn ich abends aufsteh, seh ich sie meist da drüben.

Ich glaub, du musst Richtung Westen gehen!“

Ohne zu zögern, von Freude übermannt, flog Hina weiter und ihre prächtigen Flügel trugen sie schnell durchs weite Land.

Sie war so schnell dann unterwegs, dass man von Weitem sah, wie sich die Erde in der gleichen Geschwindigkeit, aber in die entgegengesetzte Richtung dreht.


Nach Tagen der Reise, die Hoffnung verloren, machte sie Pause - ihr Herz voller Sorgen.
Ein leises Schluchzen entfleuchte ihr:
„Ach, wäre doch das Glück auch einmal bei mir.“



Ganz nah eine sanfte Stimme war zu verstehen: „Habe ich hier was gehört? ich kann vor Dunkelheit nichts sehen.“
Ein kleiner Drache stand plötzlich neben ihr. Auch er suchte die Sonne hier.

„Junger Drache, unentwegt suche ich das Licht bestrebt. Gen Westen soll die Sonne sein, ich flieg dahin, tagaus tagein.“

„Tut mir leid, da sind wir schon zwei. Ich glaube, die Geschichte mit der Sonne, die war bloß Schwindelei.“

Der kleine Drache, als Baldur bekannt, erzählte, dass es ihm ähnlich erging.
Auch er flog seit Tagen in die gleiche Richtung dahin, doch nirgendwo war sein Schatten zu sehen.


So kamen die beiden ins Gespräch.
Die Trauer verflog und die Stunden vergingen.
Sie hatten sich gern und fingen an, gemeinsam Lieder zu singen.


Kurz darauf war im Osten ein helles Licht, doch die zwei, bemerkten es nicht.
Verliebt sahen sie einander ins Gesicht, man könnte fast meinen, es gebe sonst nichts.

Und als die Sonne nun deutlich am Himmel stand, zeichnete sie ihr Bildnis auf weißen Sand.


Obwohl nun den eigenen Schatten immer noch keiner der beiden sah: Hina und Baldur fühlten sich wunderbar.


Und die Moral von der Geschicht:
Die Sonne ist da, vielleicht siehst du sie nicht.
Und kannst du sie einmal nicht mehr sehen:
Nimm dir Zeit und bleib kurz stehen - die Erde wird sich weiterdrehen.
Genieß den Moment und sei gewiss, sie kommt bald wieder und alles erstrahlt in ihrem Licht.
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Das Dorf am Fluss

Es stand einst ein Dörflein
In all seiner Pracht
Am glasklaren Flusse,
Tief in der Nacht,
Als plötzlich, voll Schrecken,
Eine schwarze Gestalt
Taumelnd hervorbricht
Aus dem finsteren Wald.

Das Gesicht verhüllt
Schaut sie unruhig empor.
Das Rauschen des Windes
Zieht ihr im Ohr.
Und in den Händen, da hält sie
Ein kleines Kind,
Kein Schrei ist zu hören
Durch den sausenden Wind.

Mit schnellem Schritte,
Das Baby im Arm,
Eilt sie hinab
Den Hügelkamm.
Und eilend und keuchend,
Das Gesicht schon erbleicht,
Hat die Frau beinah
Das Dorf erreicht.

Und sie sieht die Bewohner
Mit Schwert und Speer,
Mit brennenden Fackeln,
Sie siehts von weit her.
Und endlich, da ist sie,
Mit letzter Kraft
Hat sie es doch noch
Ins Dörflein geschafft.

Schwer atmend sinkt sie zu Boden
Und schreit:
"Die Wölfe, sie kommen!
Bringt euch in Sicherheit!"
Doch die Bürger, sie bleiben,
Wo sie sind,
Ein älterer Mann
Nimmt ab ihr das Kind.

"Beruhig dich, ich bring dich
Weit weg von Gefahr,
Wir werden sie jagen,
Die raubende Schar.
Sie wird nicht mehr lange
Im Walde verweiln,
Vergiss nun das schreckliche
Lärmende Heuln."

Und er führt sie ins Dorfe
Zu den anderen Frauen,
Die voller Entsetzen
Zum Walde hin schauen.
Und schon ists zu hören,
Ein tierischer Schrei,
Aus dem Walde dringts her;
Sie kommen herbei!

Und heraus aus dem Walde,
Mit offenem Maul,
Da kommen die Wölfe,
Welch schrecklich Gejaul!
Und die Männer, sie fassen
Sich Mut und mit Wut,
Preschen sie vor
Hin zur heulenden Brut.

Doch die Wölfe, sie rennen
Entgegen und schnell
Setzt einer zum Sprung an,
Ein Speer durchbohrt's Fell.
Da kommt Regen von oben,
Ein gewaltiger Guss,
Der Kampf hat begonnen
Ums Dörflein am Fluss.

Welch furchtbar Geschehen,
Welch hässliche Schlacht!
Da ist sie vorüber,
Die finstere Nacht.
Der letzte Wolf schließlich
Kippt sterbend zur Seit',
Das Dörflein erhellet,
Von der Plage befreit.

Da jubeln die Leute:
"Die Wölfe sind fort!
Tot liegen sie
Auf dem Schlachtfeld dort."
Doch nicht alle sind längst
So fröhlich gestimmt,
Welch tapfere Menschen
Der Tod doch nimmt.
---
Der Ort ist versammelt
In der Kirche vorm Fluss,
Weil er heut
Abschied nehmen muss.
Von den Männern, die starben
In der vergangenen Nacht,
Von den Bürgern, die kämpften,
Waren es acht.

Und der Pastor sagt leise:
"Wir danken den Leut',
Die starben für uns,
Die bekämpften die Meut'.
Drum sagen wir Danke,
So ruhet hier,
Ihr tapferen Krieger,
Die bezwangen das Tier."

Da verbeugt sich die Kirche
Vor den Särgen da vorn,
Ein gewaltiger Anblick,
Da erschallet das Horn.
Zu hören ein dumpfer,
Friedlicher Ton,
Ein Zeichen der Ehrfurcht,
Den Kriegern Ihr Lohn.
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