Wenn der Winter an die Türe klopft!

Ein Gedicht von Thomas De Vachroi
Wenn der Winter an die Türe klopft
und der Braten in der Röhre tropft
wenn das Dorf liegt tief verschneit,
dann ist bekanntlich Weihnachtszeit.

Man hört der Schlitten Glockenklang,
aus der Ferne klingt mächtiger Gesang.
Der Pfarrer von der Kanzel schreit:
"Das Ende ist nun nicht mehr weit!"

Einer Witwe werden die Augen feucht,
der Nachbar laut ins Taschentuch schnäuzt.
Vor lauter Husten des Pfarrers Wort nicht hört
an diesem furchtbar kalten Ort.

Jetzt fangen die Glocken an zu erklingen
und der Chor das letzte Lied wird singen.
Die Augen werden kunstvoll gesenkt,
der Messdiener vom Pfarrer eine Schelle fängt!

Der Wein, den der Diener trank,
war die letzte Flasche in Pfarrers Schrank!
Er könnte vor Wut in den Boden versinken -
nun muss er wieder Wasser trinken!

So gestaltet sich die fromme Messe
durchaus nicht in des Pfarrers Interesse!
Um nicht in dieser Nacht allein zu sein,
braucht er unbedingt ein Fläschen Wein!

Er geht zum Wirt gleich nebenan -
ein ganz durchtriebener alter Mann!
Er säuselt nun im schönsten Ton
um ein Gläschen Wein für Gottes Lohn.

Der Wirt durchschaute das Ganze
und wirft hinaus Gottes Schranze!
"Das wird Dir noch leid tun, Halsabschneider!",
rafft seinen Rock und zieht verdrossen weiter.

Da sieht er schon in der Ferne
den Nachtwächter mit seiner Laterne.
Er ruft von weitem schon an den guten Mann -
ob er ihm nicht helfen kann.

"Wie kann ich Euch helfen, oh Heiligkeit -
ist die Kirche etwa eingeschneit,
sucht Ihr dringend ein Quartier
und das ausgerechnet bei mir?"

"Nein, soweit ist es noch nicht gekommen",
sagt der Pfarrer etwas beklommen.
"Ich dachte, Du hättest ein Schlückchen Wein,
gar zu groß ist meine Pein!"

"Nein, Wein, den habe ich nicht -
Alkohol ziemt sich doch nicht!
So sprachet Ihr letztens im Gebet,
weil Gott es nicht so gerne sieht."

"Ach, wie konnte ich das nur sagen,
hab doch nur die Bibel vorgetragen.
Hab kein Quartier und groß ist meine Not,
meine Haushälterin ist weg und der Hund ist auch noch tot."

"Das Pfarrhaus liegt leer und öde,
keiner spielt mit mir mehr Flöte -
ach, ich werde nun zieh`n von dannen,
um nochmal ganz von vorne anzufangen!"

Und nun schreitet er vollends zur Tat,
holt sich bei seinem Herrn noch Rat -
geht hinaus, um keine Zeit zu verschwenden
und frohen Herzens das Übel der Begierde zu beenden.

Und die Moral von der Geschicht' -
allein nur Wein macht nicht aus das ganze Lebensgewicht!

©Thomas de Vachroi 2013

Informationen zum Gedicht: Wenn der Winter an die Türe klopft!

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17.11.2013
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Thomas De Vachroi) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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