Servicewüste Deutschland

Ein Gedicht von Klaus Enser-Schlag
Schnürsenkel wollte ich mir kaufen,
bin schnell zum Kaufhaus hin gelaufen.
Doch konnte ich sie nicht gleich finden,
nur eine Menge Damenbinden…

Da sah ich ´ne Verkäuferin
und schnellen Schrittes ging ich hin.
Sie war toupiert, ihr Haar schon licht,
mit sehr viel Make-up im Gesicht.

Am Namensschild stand „Gudrun Lieb“,
das gab mir Mut und viel Auftrieb:
„Entschuldigung!“, sprach ich zu ihr,
„Schnürsenkel – wo find‘ ich die hier?“

Sie sah mich an – mit off’nem Mund,
dabei ist das doch nicht gesund.
Und plötzlich tobte der Orkan:
„Wollet Se mich verarsche, Mann?“

Sie zischte dies wie eine Schlange,
da wurde mir doch etwas bange,
dann fuhr sie fort – in bösem Ton:
„Waret Se bei den Schuhen schon?“

„Von dort“, sprach ich, „komm‘ ich grad her!“
Sie jammerte: „Ich kann net mehr!
Ja, habet Se denn keine Auge?
Sie wollet mich wohl ganz auslauge?“

Bemüht um ihren Seelenfrieden
hab‘ ich mich ganz schnell umentschieden.
Ich weiß, es war von mir gemein
und kaufte Damenbinden ein…

Informationen zum Gedicht: Servicewüste Deutschland

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22.01.2016
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