Mitten in die Kirche

Ein Gedicht von Heinz Säring
Nach dem Volksbuch "Till Eulenspiegel"


Der Schalksnarr kam in eine Stadt,
die eine schöne Kirche hat.
Es gab sich, dass der Till sogar
in dieser Kirche Küster war.

Der Pfarrer stand vor dem Altar,
weil nachher große Messe war.
Der Till, trat grade hinter ihn,
da ließ der Pfaffe einen ziehn.

Ein Furz entfährt dem frommen Mann,
dass man es schallend hören kann.
Man weiß, das war zu jener Zeit
im Grunde eine Kleinigkeit.

Wer kennt den Ausspruch nicht genau
von des Herrn Martin Luthers Frau?**
Jedoch der Schalk, der bracht heraus:
"Herr Pfarrer! Hier im Gotteshaus!?"

Der Pfarrer sprach: "Mein lieber Till,
ich kann hier machen, wass ich will!
Ich geh hier täglich ein und aus
und mir gehört das ganze Haus.

Ich kann, das könnt ich dir beweisen,
auch mitten in die Kirche scheißen."
"Das könnt ihr nicht, was wetten wir?
Ich biete eine Tonne Bier!"

Der Pfarrer hatte nichts dagegen,
es war ja schon der Ehre wegen!
Er denkt, den Till werd ich mir kaufen,
und setzte einen großen Haufen!

Im Handumdrehn war es geschehn,
es konnte gar nicht schneller gehn.
Der Pfaffe sprach: "Ich hab gewonnen!"
Doch Till, der blickte ganz besonnen:

"Eh wir hier Siegesfahnen hissen, -
wir werden erst mal messen müssen!"
Das hat den Pfarrer arg erschreckt,
o Gott! Die Sache war korrekt!

Denn von der Mitte war die Rede,
wie man's auch wendete und drehte.
Der Till vermaß es insgesamt,
als käm er vom Katasteramt.

Er sprach am Schluss erfreut: "Na bitte,
es liegt eindeutig aus der Mitte!"
Der Pfaffe war hereingefallen,
obwohl mit Wut, er musste zahlen.



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**) Sie soll nach einer Mahlzeit enttäuscht zu
ihren Gästen gesagt haben:
"Warum rülpset und furzet ihr nicht?
Hat es euch nicht geschmecket ?"

Informationen zum Gedicht: Mitten in die Kirche

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23.08.2011
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